„Köln trägt Kippa“Viele Teilnehmer setzen ein Zeichen gegen Antisemitismus
Köln – Martina Plum hält ihre kleine Tochter fest an der Hand. Mit ihrem Mann und den beiden Kindern hat sich die junge Kölnerin unter die Menschenmenge vor dem Dom gemischt. Rund 500 sind gekommen, viele mit einer Kippa auf dem Kopf.
Die Bilder aus Berlin haben sie aufgerüttelt. Der junge Mann, der mit seinem Gürtel wie ein Berserker auf sein Kippa tragendes gegenüber einschlägt. „So etwas hätte ich vor zehn Jahren noch für unmöglich gehalten“, sagt Martina Plum. Und heute? „Heute wundert mich nichts mehr“, sagt die Mutter. Ein bitteres Lachen unterstreicht den Satz. Sie legt den Arm um ihre Tochter. „Ich mache mir sorgen um die Toleranz und die Religionsfreiheit in unserer Gesellschaft.“
Aufgerufen zu der Demonstration „Köln trägt Kippa“ hat der Kölner Schauspieler und Autor Gerd Buurmann. Gefolgt sind ihm Vertreter des Kölner Rates der Religionen. Dr. Felix Schotland von der Synagogen-Gemeinde ergreift das Mikrofon und ruft über die eilig aufgestelle Lautsprecherbox gegen den Wind an, der stets kräftig bläst im Schatten des Doms: „Es reicht. Wir können es nicht mehr ertragen.“ Unerträglich sei es, das jüdische Kinder und Jugendliche sich auf den Schulhöfen beschimpfen lassen müssten, das Jude wieder ein weit verbreitetes Schimpfwort sei.
Auch in Köln. „Ja, auch in Köln“, sagt ein 29-Jähriger Teilnehmer der Demonstration. Er ist Jude. Er lebt in Köln. Seinen Namen möchte er nicht nennen. Im öffentlichen Leben verheimlicht er seine Religion. Die Kippa auf offener Straße zu tragen, komme ihm nicht in den Sinn. Was er vor allem fürchtet, sei die Einstellung islamischer Flüchtlinge aus dem Nahen Osten. Ihnen sei der Judenhass von Kindesbeinen eingeimpft wurden. Sie brächten ein vollkommen undifferenziertes Bild Deutscher Geschichte mit nach Deutschland.
„Es gibt tolerante Muslime und es gibt radikale.“
Wenige Schritte weiter steht Hasan Hüseyin Deveci. Ein kurdischer Künstler aus Köln. Er möchte relativieren. „Es gibt tolerante Muslime und es gibt radikale.“ Alle zusammen mahnt er: „Wer hier wie selbstverständlich das Recht wahr nimmt, eine Moschee zu bauen und in ihr beten zu dürfen, der muss die Synagoge akzeptieren. „Wir stehen auf für Kölner jüdischen Glaubens. Sie sind unsere Freunde, sie sind unsere Nachbarn“, ruft Gerd Burrmann ins Mikrofon. Damit er besser gesehen werden kann, stellt er sich näher an die Überreste des sogenannten Nordtors aus römischer Zeit. Das Tor, durch das schon vor über 1700 Jahren Juden nach Köln einzogen.