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„Manspreading“Keine KVB-Aktion gegen die Unsitte – Was sagen Fahrgäste dazu?

Lesezeit 3 Minuten
Breitbeinig sitzende Männer in einer U-Bahn in New York

Breitbeinig sitzende Männer in einer U-Bahn in New York

  • „Manspreading“ heißt das Schlagwort für die breitbeinige Sitzhaltung.
  • In Wien werden Fahrgäste zu Anstand aufgerufen – Ist das ein Vorbild für Köln?
  • Die Reaktionen kommen prompt.

Köln – Manchmal ist es, als habe sich nicht die Tür einer Stadtbahn, sondern das Gatter zur Bullenweide geöffnet. Ein Mann kommt herein, schmeißt seine Tasche auf einen Sitz, fläzt sich daneben – und das so breitbeinig, dass auch keiner mehr die Sitze gegenüber nutzen möchte. Schon gar nicht eine Frau. Täglich sind solche Szenen in den Bahnen und Bussen der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) zu beobachten, in den verschiedensten Variationen. Sitzplätze, für alle gedacht, werden durch unflätiges Verhalten blockiert.

Eine Unsitte, die sich bei weitem nicht auf Köln beschränkt, sondern beispielsweise auch in Wien zu beobachten ist, bei den Wiener Linien. Die haben nun eine Kampagne dagegen ins Leben gerufen. Vor allem über die sozialen Netzwerke rufen sie dazu auf: „Sei ein Ehrenmann und halt die Beine zam.“ Doch sind ansonsten die Wiener Linien das Vorbild der KVB für einen gut funktionierenden öffentlichen Personennahverkehr, bei diesem Aufruf will die KVB nicht folgen. „Uns liegen dazu keine Beschwerden vor“, sagt ein Sprecher knapp. Die Rundschau hat darum mal bei einigen Kölnern nachgefragt – und schon stellt sich die Lage ganz anders da.

„Man muss immer erst darum bitten“

Was eine richtige Kampagne sein will, muss heutzutage mit einer englischen Bezeichnung aufwarten. „Manspreading“ heißt das Schlagwort für die breitbeinige Sitzhaltung. „Wir werden immer wieder von unseren Gästen darauf angesprochen“, nennt Christoph Heshmatpour von den Wiener Linien den Anlass für den Aufruf. Die Reaktionen kamen prompt. „Uns haben einerseits Beschwerden von Männern erreicht, die es als ungerecht empfanden, dass sich die Kampagne nur gegen ihr Geschlecht richte.“ Mit Verweis auf die Symbolbilder zum Aufruf sagt Heshmatpour dazu: „Es geht uns allgemein darum, aufzufordern, nicht zu viel Platz einzunehmen. Und den Beschwerden einiger Männer stünden viele Anrufer gegenüber, die sagten: „Gut, dass ihr das mal ansprecht.“

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Das mal anzusprechen, ganz ohne erhobenen Zeigefinger, stünde nach Meinung von Dr. Martin Theisohn auch der KVB gut zu Gesicht. „Es ist zwar zumeist so, dass einem der Platz nicht verwehrt wird bei Nachfrage. Aber man muss immer erst darum bitten“, sagt der Sprecher der Kölner Seniorenvertretung. Ob es hauptsächlich Männer sind oder auch Frauen, die sich in die Sitze fläzen, ist ihm dabei egal. „Es geht um uns alle. Und alle sollten sich so verhalten, dass jeder zu seinem Recht kommt.“ Eine Kampagne würde Theisohn unterstützen.

Respektloses Verhalten, unabhängig vom Geschlecht

Dass es auch etwas mit sexualisiertem Verhalten zu tun habe, wenn sich „Mann“ breitbeinig in die Bahn setzt, davon ist eine Sprecherin des Arbeitskreises Kölner Frauenvereinigungen überzeugt. Ihren Namen will sie lieber nicht öffentlich machen. Zu oft folgten Äußerungen zu einem solchen Thema Hass-Mails.

„Beim Manspreading handelt es sich um ein Klischeeverhalten, gerade von jungen Männern.“ Es sei grundsätzlich ärgerlich, wenn so Platz weggenommen werde. „Aber wenn daneben oder gegenüber eine Frau sitzt, handelt es sich prinzipiell um eine unerwünschte sexuelle Annäherung.“ Endgültig sei eine Grenze überschritten, wenn es gar zu einer Berührung komme.

„Es ist einfach ein respektloses Verhalten, unabhängig vom Geschlecht“, sagt Bettina Mötting, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Köln. Jeder könne es doch schaffen, sich vernünftig hinzusetzen. „Ich fände es gut, wenn darauf mal hingewiesen würde.“

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