„Nicht hinnehmbare Zustände“Massive Probleme mit Obdachlosen an der Vorgebirgstraße

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Auch Drogenkonsum in der Öffentlichkeit besorgt die Anwohner.

Auch Drogenkonsum in der Öffentlichkeit besorgt die Anwohner.

„Seit dem Frühjahr hat sich die Lage verschärft. Manchmal sind es 10 bis 15 Leute, die sich vor unserem Geschäft oder in der Nähe aufhalten und trinken. Als Frau traut man sich dann oft nicht, den Leuten zu sagen, dass sie bitte gehen sollen“, beschreibt Birgit Puhl (53) vom Einrichtungsgeschäft Heerdt am Bonner Wall ihre Erlebnisse. Vor knapp zwei Wochen sei dann das Maß voll gewesen. Ein völlig betrunkener Mann hätte sich auf eine Ausstellungsliege vor dem Laden gelegt und dann dort seine Notdurft verrichtet, erzählt sie weiter. „Das war ein echter Schock und ist allein schon wegen des Schadens nicht mehr hinnehmbar.“

Bestätigt wird die 53-jährige Angestellte von weiteren Anwohnern, die sich in den vergangenen Wochen schriftlich an Politik und Verwaltung gewandt haben. „Vor allem morgens ab 7.30 Uhr und dann wieder in den Abendstunden ist es besonders schlimm. Mehrfach haben betrunkene Obdachlose in unseren Hauseingang uriniert und teilweise noch ärger, oder sie haben sich erbrochen“, erzählt auch Peter Ploth (47) von ähnlichen Exzessen am Bonner Wall.

Trinkgelage an der Bushaltestelle

Marlies Granderath (74) vom gleichnamigen Getränkemarkt am Bonner Wall berichtet von regelrechten Trinkgelagen an der Bushaltestelle „Volksgarten“ in unmittelbarer Nähe ihres Geschäfts. „Die Männer setzen oder legen sich dahin, saufen, pöbeln zum Teil und warten, dass der Bus kommt. Direkt daneben ist eine Kindertagesstätte. Das geht einfach nicht.“ Zudem würden sie ständig ihren Müll liegen lassen oder ihre dreckigen Klamotten einfach in die Büsche am Volksgarten schmeißen, so Granderath weiter.

Das an der Vorgebirgstraße 

Das an der Vorgebirgstraße 

Betreiber des Wohnheims an der Vorgebirgstraße ist der Sozialdienst Katholischer Männer (SKM) Köln. Zusammen mit der Stadt und der Polizei hat der Dienst einige Maßnahmen beschlossen. Es seien zusätzliche Zäune um das Wohnheim errichtet, die Büsche in der Nähe der Unterkunft zurückgeschnitten und weitere Abfallbehälter aufgestellt worden, berichtet Andreas Hecht vom SKM Köln.

Anwohner beklagen sich über teilweise stark alkoholisierte Männer.

Anwohner beklagen sich über teilweise stark alkoholisierte Männer.

Außerdem haben die Abfallwirtschaftsbetriebe (AWB) die Reinigung im Volksgarten und den angrenzenden Straßen verstärkt, so Hecht weiter. „Es gehen jetzt auch jeden Tag Mitarbeiter des SKM die Vorgebirgstraße und den Bonner Wall ab, um die Männer anzusprechen, dass sie sich in den Eingängen der dortigen Häuser und Läden nicht aufhalten können“, erläutert Hecht. Die Anwohner bestätigen, dass sich die Lage seit rund einer Woche gebessert habe.

Aber warum erst dann, nachdem Bürger sich massiv beschwert hatten? Eine der Anwohner hatte sich auch direkt an die Leiterin des Amts für Soziales, Arbeit und Senioren, Katja Robinson, gewandt. Doch da habe man nur ausweichende und beschwichtigende Antworten bekommen, dass man das Problem erkannt habe und an geeigneten Konzepten arbeite, so die Anwohnerin. „Man habe sich da allein gelassen gefühlt“, beklagt sie.

„Jeder hat sich anständig zu benehmen“

Bezirksbürgermeister Andreas Hupke (Grüne) kritisiert ebenfalls, dass die Verwaltung bei Exzessen, wie sie die Bürger beschrieben haben, energischer vorgehen müsse. „Jeder hat sich anständig zu benehmen, das gilt auch für Obdachlose“, so Hupke. Zu diesen Auswüchsen, wie in den letzten Wochen geschehen, darf man es jedenfalls nicht mehr kommen lassen“, appelliert Hupke an die Wohnheimleitung und die Stadt.

Notunterkunft für EU-Zugewanderte

24 Stunden können sich Obdachlose seit Ende 2019 in dem ehemaligen Flüchtlingsheim an der Vorgebirgstraße, Ecke Volksgarten aufhalten. Das Angebot für Wohnungslose aus der Europäischen Union besteht seit Herbst 2018. Zu Beginn war es nur als Nachtlager und so genannte Winterhilfe in den kalten Monaten geplant. Betrieben wird es vom Sozialdienst Katholischer Männer (SKM) Köln.

Aktuell halten sich über Nacht bis zu 80 bis 90 Personen in der Einrichtung auf. Am Tag sind es etwa 30 Obdachlose, die auch die Aufenthalts- und Beratungsangebote der Einrichtung sowie eine medizinische Sprechstunde wahrnehmen können. Seit kurzer Zeit gibt es die Möglichkeit, selbst mitgebrachte alkoholische Getränke in einem eingegrenzten Bereich des Geländes zu konsumieren. Sozialarbeiter und ein Sicherheitsdienst sorgen für die Einhaltung der Ordnung in der Einrichtung. (dhi)

Andreas Hecht vom SKM gibt zu, dass man von den Ereignissen in dieser Form überrascht worden sei. Es seien etwa zehn bis 15 Obdachlose hinzugekommen, die Probleme bereitet haben und leider durch ihr Verhalten auch andere Bewohner in einem schlechten Licht erscheinen lassen. Man habe dann durch die beschriebenen baulichen Maßnahmen versucht, die Lage in den Griff zu bekommen. „Als das nicht ausreichte, haben wir über mehr Präsenz mit dem Ordnungsamt, der Polizei und eigenen Kräften die Männer vor Ort angesprochen, sie von den Eingängen weggebracht und bei Bedarf auch die Orte gereinigt“, so Hecht weiter. In Zukunft werde man schneller reagieren, verspricht er. „Im Fall der Vorgebirgstraße werden wir dranbleiben mit unseren Maßnahmen, mit den Anwohnern weiter reden und so weit es geht, dafür sorgen, dass es nicht mehr zu diesen Exzessen kommt.“

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