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„Ohne Träume ist alles nichts“Pe Werner im Gespräch über Köln, Musik und Zimt

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Pe Werner wohnt seit über dreißig Jahren in Köln.

  • Musikerin und Kabarettistin Pe Werner lebt seit über dreißig Jahren in Köln. Für sie eine „handliche Großstadt”, in der sie ihre Ruhe hat.
  • Am 13. Dezember tritt sie in der Volksbühne am Rudolfplatz auf, mit Winter- und Weihnachtsliedern von ihrem Album „Ne Prise Zimt”.
  • Vorher erzählt Pe Werner im Interview von ihren Frühstücksvorlieben, ihrer Musik und ihrer Liebe zur Wahlheimat Köln.

Köln – Ihr Tee mit frischem Ingwer – aber „ohne Zitrone“ – wird bis zum Ende des Interviews fast unangetastet bleiben. „Mal wieder zuviel gesabbelt“, wird Pe Werner sagen. Und dabei lachen.

Ayurvedischer Frühstücksbrei mit einer dicken Prise Zimt: Ist das noch immer Ihr favorisiertes Frühstück?

Ja, damals zum Entsetzen meiner Familie und heute meiner Band. Ich brauche keine fünf Brötchen. Aber so ein warmer Brei am Morgen macht einfach rundum zufrieden, und am besten mit Kardamon und Zimt.

Ich mag schon den Geruch von Zimt nicht.

Zimt riecht nach Heimat, nach Zuhause.

Und im Moment nach Weihnachtsmarkt.

Oh, ich hasse Weihnachtsmärkte, wo sich die Leute in den Glühweinfahnen von A nach B schieben. Im Gegensatz zu Zimt stinkt Glühwein nur nach schlechtem, warmem Rotwein.

Sie treten am 13. Dezember mit „Ne Prise Zimt“ auf der Volksbühne am Rudolfplatz auf. Haben Sie die Winter- und Weihnachtslieder des gleichnamigen Albums in Eis und Schnee geschrieben?

Nein, im Sommer auf Mallorca. Ich saß mit meiner Gitarre im Spaghettiträger-Kleidchen am Fenster, blickte aufs Meer und schrieb: Lass es schneien!

Gab es da keine Reibungen zwischen Wetter und Thema?

Für mich nicht. Man fragt ja auch keinen Kriminalautor, wie viele Leichen er im Keller hat.

Wie würden Sie diese Lieder beschreiben?

Meine Weihnachtslieder versuchen die winterliche, weihnachtliche Stimmung neu einzufangen, und zwar sowohl besinnlich als auch satirisch – ich komme ja vom Kabarett. Deshalb ist die Weihnachtsgans bei mir eben aus Tofu. Die Weihnachts-Klassiker sind dann aber fein dosiert im Live-Programm dabei.

Singen die Leute bei Ihren Konzerten mit, etwa bei Ihrem Hit „Kribbeln im Bauch“?

Mein Publikum singt tatsächlich beinahe jedes Lied mit. Das rührt mich, und es kommt da gar nicht darauf an, dass jeder Ton sitzt. Die Leute kennen meine Lieder vom Album oder aus dem Radio, wo ich ja dankenswerter Weise auch gespielt werde.

Wobei Sie sich häufig über das „Formatradio“ mokiert haben.

Ja, auf den meisten Sendern läuft halt immer der gleiche Chartskram. Dabei gehören Singer-Songwriter wie etwa Heinz-Rudolph Kunze oder ich genauso zu WDR4 wie zu 2 oder 1.

„Kribbeln im Bauch“ ist ein Song über das Ende einer Liebe. Können Lieder über Schmerz hinweghelfen?

Oh ja, unbedingt! Das betrifft mich natürlich auch selbst. Was habe ich schon zu Songs meines Lieblings-Singer-Songwriters James Taylor geflennt!

Ihr Hit, geschrieben 1991, hat sich im Lauf der Jahre vom Popsong zum Chanson entwickelt.

Kann man so sagen. Wobei, ich habe es inzwischen mit Symphonieorchestern oder Bigbands gesungen und in zig verschiedenen Arrangements. Das Lied wächst mit mir mit, und ich bin dankbar dafür, so einen Evergreen geschrieben zu haben.

Was ist der Unterschied zwischen einem Chanson und einem Schlager?

Der Schlager präsentiert Sprachbilder und Gefühle von der Stange. Und die Interpreten sind austauschbar. Ich selbst bastele an jedem Komma, wenn ich schreibe, solange bis Text und Musik eine Einheit bilden und dabei ein Unikat entsteht.

„Atemlos durch die Nacht“ kann jeder mitgrölen.

Stimmt. Aber man muss ja nicht immer grölen, oder?!

Sie haben schon als Teenagerin Lieder komponiert. Wie waren die?

Da steckte vor allem viel Herzschmerz drin – logisch in dem Alter. Bei uns zuhause lief viel von James Last, den hat mein Vater mit seinem Tonband aufgenommen. Erst als mir mein damaliger Freund Ritchie eine Mischkassette schenkte, lernte ich die richtigen Sachen kennen. Cat Stevens und die Beatles zum Beispiel, und dann wurde ich auch schnell ein großer Joni Mitchell-Fan.

Zur Person

Pe Malou Werner wurde 1960 in Heidelberg geboren und wuchs im Odenwald auf. Schon in der Schule begann sie Theater zu spielen und eigene Lieder zu komponieren.

Nach dem Abitur war sie in den 1980ern in der regionalen Kleinkunst- und Kabarettszene unterwegs, unter anderem im Ensemble der Mannheimer Politkabarettgruppe „Dusche“. Als Teil des Duos „PS“ erhielt sie den Schweizer Kleinkunstpreis.

1989 schickte sie ein Demotape mit zwei Liedern, eines davon der spätere Hit „Weibsbilder“, an eine Musikfirma und erhielt umgehend einen Plattenvertrag. Das 1991 veröffentlichte Album „Kribbeln im Bauch“ war ihr bundesweiter Durchbruch und wurde mit einer Goldenen Schallplatte und zwei Echos ausgezeichnet.

Neben ihrer musikalischen Karriere blieb sie weiterhin dem Kabarett treu und veröffentlichte Bücher und Hörbücher. Außerdem komponierte sie zahlreiche Lieder für Kollegen wie Katja Ebstein, Barbara Schöneberger und Bernd Stelter.

Im November 2013 erschien das Album „Ne Prise Zimt“. Mit den dort versammelten Winter- und Weihnachtsliedern tritt sie am 13. Dezember auf der Volksbühne am Rudolfplatz auf.

Pe Werner wohnt in Lindenthal. www.pewerner.de 

Mit „Von Kopf bis Fuß“ haben Sie zudem ein Hommage-Album für Marlene Dietrich aufgenommen.

Marlene und Hildegard Knef waren im Grunde Sängerinnen, die nicht singen können. Aber das war egal. Die Präsenz dieser beiden Frauen, die sensationelle Ausstrahlung hat das alles wettgemacht. Hildegard Knef ist mir dabei eigentlich noch näher, weil sie zusätzlich selbst getextet hat.

Namentlich hätte Ilse Werner nähergelegen.

Stimmt, oder Margot! Aber ich kann nicht pfeifen.

Sind Sie noch immer, wie als Kind, fasziniert von Wilhelm Busch?

Ich liebe seine Verse, weil sie so menschlich sind, weil sie manche Gefühle so genau treffen. Nehmen Sie nur das kleine Gedicht über den Besuch von Freunden: „Es ist halt schön, / Wenn wir die Freunde kommen sehn. / Schön ist es ferner, wenn sie bleiben / Und sich mit uns die Zeit vertreiben. / Doch wenn sie schließlich wieder gehn, / Ist´s auch recht schön.“

Da kontere ich mit: „Es ist ein Brauch von Alters her: Wer Sorgen hat, hat auch Likör.“ Warum singen Sie Udo Lindenbergs „Säufermond“ so häufig?

Weil es das kongenialste Cover des großartigen Songs „The Windmills of Your Mind“ von Michel Legrand und Eddy Marnay ist. Udo hat bekanntermaßen selbst schwere Trinkerphasen durchgemacht. Als Künstlerin, die oft auf Tournee ist, kenne ich mich da aus: endlose Busfahrten, Hotels mit fiesen alten Teppichen – da treibt es einen schonmal an die Bar.

Eher Bier oder Wein?

Zuerst ein Bier gegen den Durst, dann einen Wein für den Genuss.

Sie stammen aus dem Odenwald, den man eher mit Wein assoziiert, wohnen aber nun seit über dreißig Jahren in Köln.

Ich möchte nicht auf dem Land leben, wo jeder alles über einen weiß. Köln hingegen ist zwar kein Moloch, aber eine handliche Großstadt. Mir gefällt hier die Lebensart, die Leute sind entspannt und lassen einen in Ruhe. Da macht keiner ein großes Bohei, nur weil du Sängerin und manchmal im Fernsehen bist.

Können Sie, nach all den Jahren, Kölsch?

Ich glaube nicht, nein. (lacht) Das wären wohl alles Fake News, wenn ich es versuchte.

„Ich stell' mich taub, ich stell' mich blind / Haste durchs Großstadtlabyrinth“, heißt es in Ihrem Song „Goldgräber in Berlin“.

Auf Köln trifft das wohl auch zu, nur dass das Leben in Berlin eben noch härter ist: mehr Elend, mehr Junkies, mehr Gewalt und so weiter.

Sie unterstützen seit Jahren die Kölner Aids-Hilfe. Wie kam es dazu?

Das fing 2002 mit den „Cover me“-Konzerten an, die Dirk Bach initiiert hatte. Diese Abende, an denen wir den Reinerlös an das Lebenshaus Köln spendeten, waren wie Kindergeburtstag und Karneval zusammen. Ich erinnere mich zum Beispiel gut an die Szene, als ich mit Isabel Varell und Juliette Schoppmann lediglich mit Handtüchern bekleidet im Bühnennebel stand. Wir sangen „Heiß“ von Nina Hagen, und Jürgen Drews gab oben ohne, Handtuch wedelnd den Saunaboy. Unvergesslich!

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Ihr zweiter großer Hit handelt von den „Weibsbildern“, die „haben Launen, über die sie selber staunen“. Wie geht es Ihnen in der Hinsicht?

Nächstes Jahr werde ich 60, aber erstaunlicherweise werde ich nicht gelassener. Im Gegenteil regt mich Vieles noch mehr als früher auf: Dummheit und Aggressivität zum Beispiel. Ich hatte gehofft, mit dem Alter milde und cool zu werden, aber das klappt wohl nicht.

Diese Einsicht leitet über zum Songtitel „Soweit die Träume tragen“. Wie weit tragen sie denn?

Zunächst einmal: Ohne Träume ist alles nichts! Ohne Träume keine Phantasie, das wäre ja der totale Stillstand. Ich freue mich darüber, wie sich mein Leben entwickelt hat. Also dass ich Lieder schreibe, und dass Leute in meine Vorstellungen kommen, wenn ich diese Lieder singe. Ich könnte sagen, ich bin wunschlos glücklich. Aber richtiger ist wohl: Mein Traum ist es, dass das alles noch eine Weile so weitergeht.

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