„Riesen Schritt“Menschen mit gesetzlichem Betreuer dürfen bei Europawahl wählen

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Wahlzettel Europa dpa

Der Europa-Wahlzettel (Symbolbild)

Etwa 85 000 Menschen in Deutschland , denen ein gesetzlicher Betreuer zur Seite steht, waren bisher von politischen Wahlen ausgeschlossen. Dank eines Eilantrags mehrerer Bundestagsfraktionen entschied das Bundesverfassungsgericht Mitte April, dass betreute Menschen mit Behinderungen eigenständig an der Europawahl teilnehmen dürfen. Zehn Jahre nach Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention wird damit die Europawahl nun erstmals inklusiv.

Das städtische Behindertenzentrum Dr. Dormagen-Guffanti in Longerich, eine Einrichtung der Sozial-Betrieb-Köln (SBK), reagierte umgehend auf diese Gerichtsentscheidung und startete auf Anregung des Bewohnerbeirats mit den Bewohnern Vorbereitungen mit Blick auf den Wahltag am kommenden Sonntag. „Es ist für alle ein Riesen-Schritt in Richtung mehr Selbstständigkeit. Fünf Wochen lang haben wir uns intensiv mit dem Thema Politik, Wahl und Europa auseinandergesetzt“, sagt Einrichtungsleiterin Margarethe Wrzosek.

„Neuwähler“ sind interessiert

Sie zeigt sich begeistert über das große Interesse der rund 60 „Neuwähler“ in ihrer Einrichtung. Selbst der lange Wahlzettel mit 41 Parteien habe niemanden abgeschreckt. Die Wahlprogramme aller demokratischen Parteien wurden genau unter die Lupe genommen, Wahlspots im Fernsehen angeschaut, Infomaterial in einfacher Sprache besorgt und sehr engagiert über Inhalte diskutiert.

Einige Bewohner haben ihre Stimme bereits per Briefwahl abgegeben, andere wollen im Bürgerhaus ihren Stimmzettel in die Urne werfen. Ein Shuttle-Bus zum Wahllokal am Sonntag ist ebenfalls bereits organisiert. Nach so viel Theorie kommen sechs Bewohner Ende Mai zudem in den Genuss eines besonderen Erlebnisses. Der Förderverein der SBK, Cura Colonia, finanziert eine Zweitagesfahrt nach Brüssel mit Besuch des EU-Parlaments und des vor zwei Jahren eröffneten Museums „Haus der europäischen Geschichte“. 

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