„Über mehrere Stockwerke abgesackt“Im Kölner Gericht fahren keine Aufzüge mehr

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Absperrgitter machen es deutlich: Im Gerichtsgebäude an der Luxemburger Straße sind die Aufzüge kaputt.

Absperrgitter machen es deutlich: Im Gerichtsgebäude an der Luxemburger Straße sind die Aufzüge kaputt.

Köln – Jetzt wird’s sportlich für die Mitarbeiter im Justizzentrum an der Luxemburger Straße: Seit Mittwoch fahren in dem Gebäude mit seinen Büros auf 23 Etagen bis auf Weiteres keine Aufzüge mehr. Aus „äußerster Vorsicht“, so Landgerichtssprecher Prof. Jan Orth auf Nachfrage der Rundschau, seien diese außer Betrieb genommen worden, nachdem es in den vergangenen Tagen zu mehreren „Betriebsstörungen mit Aufzügen“ gekommen war. So habe es ein Problem mit einer Türverriegelung eines Aufzugs gegeben, das zu einem plötzlichen Abbremsen des Aufzugs geführt habe. Ferner sei ein weiterer Aufzug binnen weniger Tage zweimal „teilweise über mehrere Stockwerke“ abgesackt, sagte Orth.

Aufzüge sollen extern geprüft werden

Zwar seien die sechs Hauptaufzüge regelmäßig gewartet worden und hätten alle notwendigen Prüfzertifikate. Dennoch sei das Landgericht – das das Hausrecht in dem Justizhochhaus innehat – in Abstimmung mit dem Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW sowie dem übergeordneten Oberlandesgericht Köln zu dem Ergebnis gekommen, die Aufzüge einer externen Prüfung zu unterziehen. Wie lange sie ausfallen werden, war am Mittwoch noch nicht klar. „Wir haben aber die Hoffnung, dass sich das Ganze bis spätestens zum Ende der Woche klärt“, sagte Orth.

Seit Monaten sorgt das marode Gebäude immer wieder für Schlagzeilen. Erst im Februar war bei Minusgraden die Klima- und Heizungsanlage ausgefallen, so dass das Gebäude geräumt werden musste. Im August 2020 war es im Keller des 1981 in Betrieb genommenen Gebäudes zu einem Brand gekommen. Zwei Monate zuvor war bei Demontagearbeiten ein tonnenschwerer Betonwinkel auf ein Saal-Dach gekracht (siehe Kasten) und hatte den Saal verwüstet.

Saal 213 bis heute gesperrt

Für alle, die im Gebäude waren, war es ein großer Schock: Am Nachmittag des 17. Juni 2020 löste sich bei Demontagearbeiten an der Fassade des Justizzentrums im 18. Stock ein Betonwinkel. Die Sonnenblende stürzte auf ein vorgelagertes Dach im zweiten Stockwerk und hinterließ einen völlig zerstörten Saal 213. Das Gebäude wurde nach dem Unfall geräumt, die Statik musste überprüft werden. Bis heute ist der Saal nicht wieder in Betrieb genommen worden. Angekündigt ist eine Fertigstellung im Sommer.

Doch damit nicht genug: An jenem Abend gab es einen Wolkenbruch, der zusätzlich zu einem großen Wasserschaden führte – sowohl in Saal 213 und benachbarten Sälen sowie im darunter gelegenen Saal 7, dem größten im Landgericht. Ein herber Verlust, war wegen Corona das Raum- und Platzangebot im Justizzentrum ohnehin sehr eingeschränkt. Zudem mussten 15 weitere Säle für einige Tage außer Betrieb genommen werden, bis jede Gefährdung durch eine Benutzung ausgeschlossen werden konnte. (bks)

Auf den Fluren im Saaltrakt des Gebäudes war am Mittwochmorgen der Ausfall der Aufzüge unter den Justizmitarbeitern natürlich Thema Nummer eins. Meist verbunden mit der bangen Frage: „In welchem Stockwerk liegt dein Büro?“ Als ein Mitarbeiter antwortete: „21. Stock“, lautete die sarkastische Antwort eines Staatsanwalts nur: „Jeder Gang macht schlank.“ Doch es gab auch Szenen der Solidarität: So hatte ein recht drahtiger Vorsitzender einer Großen Strafkammer seiner Protokollführerin, die gerade ein „schlimmes Knie“ hat, die Robe und wichtige Akten für den Prozess aus ihrem Büro im 21. Stockwerk geholt. Bei der Kaffeepause vor dem Gebäude sagte ein Amtsrichter, dass er heilfroh sei, bloß auf die elfte Etage zu müssen: „Aber auch das ist mit FFP-2-Maske im Gesicht echt brutal.“ Er beklagte ferner vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie, dass die Hausverwaltung erst gegen Mittag auf die Idee gekommen sei, die Fenster im Treppenhaus zu öffnen, um für ausreichend Frischluftzufuhr zu sorgen.

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Und wenn es an so einem Tag dann auch noch Besuch aus Düsseldorf gibt, ist Spott und Häme natürlich garantiert: Ein Staatsanwalt aus der Landeshauptstadt, der in einem Raubprozess vor der 3. Großen Strafkammer als Zeuge geladen war, sagte nach seiner Vernehmung im Hinblick auf die sicherlich „tolle Aussicht“, die man von oben aus dem Hochhaus habe, sarkastisch: „21 Stockwerke haben wir in Düsseldorf zwar nicht, aber unser Gebäude ist . . . leicht moderner.“

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