„Unbegreiflich und perfide“Kölner Polizeidirektor über Diebe im Katastrophengebiet

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Zahllose Helfer packten auch am Wochenende wieder in Bad Münstereifel bei den Aufräumarbeiten an.

Zahllose Helfer packten auch am Wochenende wieder in Bad Münstereifel bei den Aufräumarbeiten an.

Köln – Hubert (86) aus Sinzig hat bei der Flutkatastrophe sein Zuhause verloren. Was den alleinstehenden Witwer allerdings fassungslos macht, dass ihm in den Tagen des Aufräumens aus seiner Wohnung die Eheringe und ein wertvoller Pelzmantel gestohlen wurden.

Beides kostbare Erinnerungen an seine verstorbene Ehefrau. Leider ist dieser abscheuliche Diebstahl kein Einzelfall. „Es ist unbegreiflich, dass es derart perfide Straftäter gibt, die die Verzweiflung der Menschen und die dramatische Lage in den Katastrophengebieten ausnutzen, um sich an deren verbliebenen Hab und Gut zu bereichern“, sagt Michael Tiemann, Leitender Polizeidirektor der Kölner Polizei .Er und viele andere Einsatzleiter sind entsetzt über das Vorgehen einiger Diebe, die das Durcheinander in den Katastrophengebieten ausnutzen. Neben Schmuck und anderen Wertgegenständen stahlen Unbekannte zum Trockenen herausgestellte Gegenstände, Gemälde, Kühlschränke, Werkzeugkästen und vieles andere mehr. „Wir verfolgen jede Straftat“, betonte Polizeisprecher Max Wilmes.

„Schrotthändler“ sammeln ungefragt vermeintlichen Sperrmüll ein

In den Katastrophengebieten stellten die Einsatzkräfte in den vergangenen Tagen vermehrt so genannte „Schrotthändler“ fest, die glaubten, dass am Straßenrand stehende Möbel Müll seien und mitgenommen werden können. Aber dem ist nicht so: „Die von der Flut geschädigten Menschen trocknen nur ihren noch nutzbaren Besitz“, ergänzte Wilmes.

In Rheinbach-Oberdrees stoppten Polizisten einen VW Touran. Der Fahrer (43) und sein Neffe (13) konnten den Beamten nicht glaubhaft erklären, woher die beiden in dem Wagen liegenden E-Bikes und Werkzeug gehören. Es besteht der Verdacht, dass die Geräte im Unwettergebiet gestohlen wurden.

Männer drangen in Bad Münstereifel in Häuser ein

In Bad Münstereifel riefen Anwohner die Polizei, weil drei Männer (34,34,41) in unbewohnte Häuser eingedrungen sind. Die Beamten stoppte schließlich den Wagen der Täter und fanden mehrere hundert Euro Bargeld, eine Armbanduhr, Lebensmittel, teure Bekleidung. Im Kölner Stadtteil Meschenich stoppten Tage später Polizisten ein Fahrzeug mit fast 30 Schlamm bedeckten und nassen Werkzeugkisten. Darin waren Bohrmaschinen, Schlagbohrer, Sägen und Hochdruckreiniger. In Meckenheim wurde ein Kleintransporter gestoppt. „Auf der Ladefläche entdeckten die Beamten verschlammte Fahrräder“, sagte Wilmes. Um das Hab und Gut der von der Naturkatastrophe getroffenen Menschen zu schützen und Katastrophentourismus zu verhindern, seien zeitweise 200 Beamten im Einsatz gewesen.

Geschäft für Damenmode in Stolberg ausgeräumt

Nicht nur in der Eifel oder im Kölner Umland kam es zu dreisten Taten. Auch im Raum Aachen gab es Diebe, die die Hilflosigkeit der Menschen ausnutzen. In Stolberg ist ein Geschäft für Damenmode teilweise leer geräumt worden. Auch in Eschweiler wurde ein Mann geschnappt, der sich Zutritt zu einer Apotheke verschafft hatte um Medikamente zu stehlen. Zwei Menschen (28 u nd 32) wurden vorläufig festgenommen.

Auch im Unwettergebiet im Kreis Ahrweiler kam es zu Taten. Zwei Männer wurde wegen des Verdachts des Einbruchsdiebstahl festgenommen und wurden dem Haftrichter vorgeführt. Details zu diesen Vorfällen sind nicht bekannt.

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Die Polizei glaubt, dass die Dunkelziffer der Diebstähle sehr hoch ist. Viele Taten seien vermutlich noch nicht bemerkt worden oder die Opfer würden davon ausgehen, dass die Gegenstände von der Flut weggespült worden seien.

Für Hubert aus Sinzig hat die Katastrophe dann doch noch etwas Positives. Nachdem er 20 Jahre mutterseelenallein war, wohnt er jetzt in einer Familie mit drei Kindern und einem Hund. Sie möchten ihn sogar dauerhaft bei sich aufnehmen.

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