Abo

11,2 Prozent MinusFahrradverkehr in Köln war 2021 stark rückläufig

Lesezeit 4 Minuten
Symbolbild

Symbolbild

Köln – Der Fahrrad-Boom in Köln hat im vergangenen Jahr einen Dämpfer erlitten. An den Dauerzählstellen der Stadt für den Radverkehr wurden teils erheblich weniger Fahrten erfasst als im Jahr 2020. Betrachtet man nur jene zwölf Zählstellen, die sowohl 2020 als auch 2021 das ganze Jahr in Betrieb waren, betrug das Minus im Schnitt satte 11,2 Prozent.

1,6 Millionen weniger Fahrten erfasst

Konkret wurden voriges Jahr an den zwölf Zählstellen laut der im Internet einsehbaren Daten 12 657 354 Fahrradbewegungen erfasst. Das waren 1,6 Millionen weniger als im Jahr zuvor (14 254 884 Fahrten). Damit wurden im zweiten Corona-Jahr 2021 sogar weniger Radbewegungen gezählt als im Jahr 2019 (12 815 838 Fahrten), aber etwas mehr als 2018 (12 413 157 Fahrten). Die Zählstellen erfassen jedes vorbeifahrende Fahrrad. Je nach Route wird derselbe Radfahrer also mehrfach gezählt.

Im ersten Corona-Jahr 2020 war der Radverkehr in Köln mit einem Plus von 10,9 Prozent außergewöhnlich stark gewachsen. Langfristig betrachtet, betrug das Wachstum seit 2009 rund drei bis fünf Prozent pro Jahr. Nun zeigt die Kurve erstmals seit 2017 wieder nach unten (siehe Grafik).

Schlechtes Wetter als Hauptfaktor

Fragt man nach den Gründen, verweist Christoph Schmidt, Vorsitzender des Kreisverbands Köln des Allgemeinen Deutschen Fahrrad Clubs (ADFC), vor allem auf einen stark rückläufigen Freizeitverkehr.

Aktuelle Radverkehrsprojekte

2,50 Meter breit sind die neuen Radfahrstreifen auf den Ringen, die die Initiative #RingFrei gefordert und durchgesetzt hat. In weiten Teilen ist dieses Konzept bereits umgesetzt, nun wird einer der letzten fehlenden Abschnitte realisiert. Im Bereich Habsburgerring/Hohenzollernring zwischen Flandrische Straße und Richard-Wagner-Straße/Pilgrimstraße sollen die Radfahrstreifen im Laufe dieses Jahres eingerichtet werden, sobald die Großbaustelle am Rudolfplatz beendet ist. Dafür entfällt eine Kfz-Spur. Der Autoverkehr wird derzeit einspurig an der Baustelle vorbeigeführt, bisher kam es nicht zu größeren Rückstaus.

7 der neun Kölner Stadtbezirke haben noch kein Radverkehrskonzept, nämlich alle außer der Innenstadt und Ehrenfeld. 2021 wurden Entwürfe erstellt, die Abstimmungen mit den Verbänden laufen. In Kürze sollen die Konzepte vorgestellt werden

5 Fahrrad-Parkhäuser („Bike Tower“) an Bahnstationen sollen gebaut werden. Die Ausschreibung für das erste in Weiden West ist erfolgt, zurzeit werden die Angebote gesichtet. (fu)

„Der Trend zu mehr Radverkehr ist nach unserer Wahrnehmung ungebrochen. 2020 war jedoch ein Jahr, in dem sehr viele Menschen das Radfahren als Freizeitbeschäftigung praktiziert und so die Zahlen in die Höhe getrieben haben. Dieser Effekt ist 2021 angesichts des schlechten Wetters mit viel Regen im Sommer weggefallen, so dass die Zahlen jetzt in etwa wieder dem Niveau von 2019 entsprechen.“ Zwar sei auch die verstärkte Nutzung von Homeoffice ein Faktor. Aber der Anteil der Radfahrer am Berufs- und Alltagsverkehr sei 2021 „relativ stabil geblieben“, ist Schmidt überzeugt. Der Freizeitverkehr habe nicht nur unter der Witterung gelitten, sondern auch unter Corona-Restriktionen und Ausgangssperren. „Wenn weniger Leute ins Restaurant, ins Kino oder ins Theater gehen und stattdessen zu Hause bleiben, fahren auch weniger Fahrrad.“

Freizeitverkehr ist in Köln besonders betroffen

In der Tat ging der Radverkehr auf typischen Freizeitstrecken wie der Alfred-Schütte-Allee in Poll 2021 besonders stark zurück. Hier nahm die Zahl der erfassten Radfahrten um 193 629 ab (minus 20,7 Prozent).

Ganz anders sieht es beim Autoverkehr aus. ADAC-Verkehrsexperte Roman Suthold berichtet, dass der Automobilclub 2021 in NRW „eine deutliche Zunahme des Kfz-Verkehrs gegenüber dem Vorjahr“ festgestellt habe. „Dieser Trend war auch in Köln zu beobachten.“ Die Zulassungszahlen seien im zweiten Pandemiejahr gestiegen, der Pendlerverkehr habe zugenommen. Angesichts der Wohnungsnot in Köln seien mehr Autopendler bereit, weitere Anfahrtswege in Kauf zu nehmen.

Das könnte Sie auch interessieren:

Insgesamt hat die Stadt voriges Jahr 15,8 Millionen Radfahrten gezählt – so viele wie nie. Das liegt daran, dass seit 2020 vier neue Zählstellen in Betrieb gingen. Schmidt erwartet, dass der Radverkehr 2022 wieder wächst. Damit die Verkehrswende gelinge, müsse die Stadt aber mehr für Radfahrer tun. „Der Altbestand ist ein Problem, das uns noch viele Jahre begleiten wird.“

Rundschau abonnieren