50 Jahre Bläck FöössSo erinnern sich Gründungsmitglieder an die Anfänge der Band

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Die Gründungsmitglieder: Hartmut Priess, Peter Schütten, Tommy Engel, Dieter „Joko“ Jaenisch (verdeckt), Erry Stoklosa und „Bömmel“ Lückerath (v.l)

  • Die Bläck Fööss werden 50 Jahre alt.
  • Zum Auftakt unserer Serie haben wir fünf Gründungsmitglieder gebeten, sich an die ersten Tage und Wochen zu erinnern.

Köln – Hartmut Priess, Peter Schütten, Tommy Engel, Erry Stoklosa und „Bömmel“ Lückerath über die Anfänge der Band.

„BÖMMEL“ LÜCKERATH Die Säle waren anfangs gar nicht für eine Band wie uns ausgelegt. Es war sehr eng, ich habe mich immer im Hintergrund gehalten. Und dann hatten wir lange Hare und bunte Klamotten an, wie Hippies eben. Die Leute guckten uns an, als wenn wir von einem anderen Stern kämen. Wir waren völlig unbedarft, es gab keine Vorbilder für uns, und wir hatten auch kein Konzept oder große Ambitionen. Der „Rievkooche Walzer“ war als erster Song auch nicht unbedingt ein Meilenstein. Der kam später mit „Drink doch eine met“, damit hat sich etwas verändert.

Das war einfach neu, wir haben die Säle aufgemischt, und jeder hat das gespürt. Für mich war es ein Experiment. Ich war bei der Stadt tätig, als Oberinspektor beim Steueramt. Eigentlich sollte ich Standesbeamter werden, wie mein Onkel. Ich hatte aber meine langen Haare, die waren mein ganzer Stolz, auf keinen Fall wollte ich die abschneiden, also ging das nicht. Hartmut und Peter waren Studenten, die konnten es lockerer angehen lassen. Meine Eltern, die aus Nippes kamen, haben die Band mit gemischten Gefühlen gesehen. Natürlich waren sie dann auch stolz, als es mit der Musik immer besser lief und wir Erfolg hatten. Dann war irgendwann auch klar, dass wir uns für einen Weg entscheiden mussten. Zum Glück habe ich das nie bereut.

HARTMUT PRIESS

Die Zeit der Beat-Musik und der Beginn der Bläck Fööss gingen ineinander über. Ich habe damals eine glückliche Wahl und mich selbst in der Musik gefunden. Ein Tontechniker hatte nach dem Lied „Die Mama kritt schon widder e Kind“ gemeint, unsere Lieder seien wie die Bilder von Heinrich Zille – nur auf Kölsch. In dem Moment war mit sofort klar, dass wir unendlich viele Lieder schreiben können, genauso wie Zille das Leben Berlins festgehalten hat. Wir hatten eine legendäre Tour mit Graham Bonney, wodurch die Leute auf uns aufmerksam geworden sind. Im Unterschied zu den vielen anderen Bands der Zeit haben wir für den WDR-Kinderfunk sehr gute Studioarbeit gemacht. Den Stollwerck-Konflikt haben wir besungen (Weia Oweia), ein Jahr bevor er ausgebrochen ist, ebenso die Gentrifizierung der Veedel. „Mer blieven, wo mer sin, schon all die lange Johr“, heißt es deshalb im Veedels-Lied. Gute Lieder fallen nicht vom Himmel, wir haben sehr genau das Leben beobachtet. Vom ersten Tag an war das Texten und Komponieren eine Gemeinschaftsarbeit. Wir waren eine Sechsereinheit – in allen Belangen. In den Anfangsjahren konnten wir unsere Lieder im Studio noch nicht nach Belieben aufnehmen. Da lief die Uhr, wie in einem Taxi, deshalb haben wir für ein Album zum Teil zwei Wochen gebraucht.

TOMMY ENGEL

In der Anfangszeit der Fööss haben wir parallel noch mit den Stowaways englische Lieder gespielt. Wir haben dann von einem Herrn aus Porz mit dem „Rievkooche Walzer“ und „Silverhuhzick“ zwei kölsche Lieder geschenkt bekommen. Nachdem wir das ausprobiert hatten war schnell klar, dass ich das singen sollte. Obwohl ich eigentlich Schlagzeuger war. Und wir alle haben uns als Beat-Musiker verstanden. Also haben wir gesagt: Wenn wir kölsche Musik machen, dann nur mit unserer Art von Musik.

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Ich hatte nicht daran geglaubt, damit Karriere machen zu können. So ging es aber allen von uns. Als wir gemerkt haben, es funktioniert, haben wir alle gemeinsam am Bläck-Fööss-Projekt gearbeitet. Und ich stand halt vorne. Nebenbei hatte ich noch alle möglichen Jobs. Ich habe Kaffee ausgefahren und bei der Starkstrom-Anlagengemeinschaft gearbeitet. Mit der Firma habe ich unter anderem die Elektrik im Zoo-Aquarium installiert. Mein Vater wollte, dass ich Schornsteinfeger werde.

Aber ich habe schnell das Handtuch geworfen, weil ich nach den Karnevalsauftritten um drei Uhr nachts zu Hause war und um sieben Uhr die Arbeit begann. Das funktionierte nicht.

Glücklicherweise hatten wir mit dem Liedermacher Hans Knipp einen guten Mann, der uns zur Seite gestanden hat. Er kannte mich und wusste, wie ich die Lieder rüberbringe.

ERRY STOKLOSA

Im Rhein-Hotel in Porz habe ich Tommy Engel kennengelernt und gefragt, ob er nicht als Schlagzeuger bei den ,Stowaways’ anfangen will. Er hatte damals seine eigene Band, und man traf sich häufiger bei den Auftritten. Wir waren jung, ich war 22, und weil immer wieder mal einer zur Bundeswehr musste, gab es einen regelmäßigen Wechsel. Wir haben dann alle den „Rievkooche Walzer“ gesungen, Peter, Tommy und ich, es war schnell klar, dass die Version von Tommy die beste war.  Und ebenso klar war, dass er mit seiner Stimme einen besonderen Ausdruck hatte. Also war er dabei. Es ging damals auch ums Geld. Ich war im Kundencenter bei der GEW beschäftigt, und bei 80 Mark für die Ausbildung freute man sich über zusätzliche Einnahmen. Man musste sich aber genau überlegen, ob man sich auf die Musik konzentriert. Ich habe es 1975 gewagt. Der Erfolg der Bläck Fööss war ein Lottogewinn. Es gab damals einen Stillstand im Karneval, alles war verknöchert. Wir waren nie eine reine Karnevalsband, unser Repertoire ist viel breiter, war es immer. Aber dennoch hat uns der Karneval sehr geholfen. Er ist Fluch und Segen zugleich, weil Du natürlich enorm profitierst von den vollen Sälen, aber in jeder Session liefern musst. Über mein Ende bei den Fööss habe ich mir noch keine Gedanken gemacht, ich bin jetzt 72 Jahre alt, und noch immer macht es Spaß, auf der Bühne zu stehen. Warum sollte ich aufhören?

PETER SCHÜTTEN

Bevor sich Peter Schütten endgültig dazu entschieden hatte Musiker zu werden, favorisierte er längere Zeit einen anderen Beruf: Lehrer. Zunächst hatte er die Grundschule Baadenberger Straße besucht, dann das Gymnasium. Gemeinsam mit Hartmut Priess spielte er in der Schülerband „Blizzards“. Später musizierte er bei den Stowaways, wo er nicht nur Gitrarre spielte, sondern hin und wieder auch sang. Denn die tiefe, sonore Stimme ist ein unverkennbares Markenzeichen. Persönlich möchte Schütten nicht erzählen, wie er die Anfangszeit bei den Bläck Fööss empfunden hat – nach seinem Ausstieg hat er sich weitestgehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Auch die Einladung, mit seinen einstigen Kollegen im Rosenmontagszug auf einem Wagen zu fahren, hat er ausgeschlagen.

Auch Schütten liebte die Klänge der Beatles und den englischsprachigen Gesang. „Aber die Leute wollten uns auf Kölsch“, stellte er später einmal fest. „Die Mama kritt schon widder e Kind“ ist eines der Lieder, an denen er maßgeblichen Anteil hatte. Doch generell war das Texten und Komponieren bei den Fööss eine Gemeinschaftsarbeit. Vor allem wegen seiner tiefen Stimme hatten die Fööss die Voraussetzung, auch als A capella-Formation auftreten zu können. Später prägte Schütten vor allem die Lieder „Dat Wasser vun Kölle“, „Elvis lääv“ und „Do bes die Stadt“. 

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