7500 Gläubige betroffen„Hoffnungsgemeinde“ soll Kirchen im Kölner Norden vereinen

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Gemeinsam wurde das 50-jährige Kirchen-Jubiläum im Garten der Andreaskirche begangen.

Gemeinsam wurde das 50-jährige Kirchen-Jubiläum im Garten der Andreaskirche begangen.

Kölner Norden – Mit dem Ablauf des laufenden Jahres werden sich die evangelischen Kirchengemeinden im Kölner Norden grundlegend neu aufstellen. Ab dem 1. Januar 2020 gehen die Worringer Gemeinde, der nördliche Teil der Kirchengemeinde Niehl und die Gemeinde der Neuen Stadt in der „Evangelische Hoffnungsgemeinde im Kölner Norden“ auf. 7500 Protestanten sind von den Veränderungen betroffen, auch in den Stadtteilen Chorweiler, Blumenberg, Feldkassel, Fühlingen, Heimersdorf, Langel, Merkenich, Rheinkassel, Roggendorf/Thenhoven, Seeberg und Volkhoven-Weiler. Esch und Pesch sind nicht beteiligt.

Es ist eine Umbruchszeit, eine Zeit, die bewegt. Pfarrer Volker Hofmann-Hanke aus Worringen, Andreas Kock, Vorsitzender des Presbyteriums der Gemeinde Niehl und Pfarrer Wilfried Seeger, Gemeinde Neue Stadt, sind an diesem Prozess beteiligt, sie haben ihn angestoßen. „Wir sind gemeinsam auf dem Weg“, so Hofmann-Hanke. „Die geplante Fusion ist keine Zwangsfusion“, betont Kock. Es sei kein betriebswirtschaftlicher Aufbruch, sondern eine Veränderung, die mit viel Bedacht den Namen „Hoffnungsgemeinde“ trage.

Neue Gemeinde

„Hoffnungsgemeinde“ soll die zum 1. Januar 2020 fusionierende Großgemeinde heißen. Der Name wurde unter Beteiligung aller Gemeindeglieder gewählt. Es wird auch einen gemeinsamen Haushalt geben. Zahlreiche formale Entscheidungen sind nötig, damit das Personal, das Vermögen und die Verbindlichkeiten auf die neue Gemeinde übertragen werden können. Selbst die Gemeindegrenzen müssen offiziell abgestimmt werden.

Andere Themen wie die Gottesdienstzeiten und die Kirchenmusik werden erst nach der Fusion angegangen. Die Gemeindebüros bleiben erhalten. Ein erstes großes Gemeindefest ist für den Sommer 2020 am Fühlinger See geplant. (jtb)

„Das Verhältnis zwischen der Anzahl an Pfarrern und der Anzahl an Gemeindemitgliedern ändert sich, Strukturen ändern sich, die Gemeinde selber muss aktiver werden“, beschreibt Kock die Situation. Dabei müsse man an manchen Stellen die eigene Komfortzone verlassen, entdecke aber gemeinsam auch neue Stärken. „Dabei ist jeder gefragt – diese Prozesse leben auch von der der Bewegung, die entsteht. Und von Begegnung“, so Kock weiter. Dabei sei Spiritualität bei den Menschen nach wie vor durchaus gefragt, „auch wir spüren diese Sehnsucht. Die Menschen fragen nach dem, was uns zusammenhält“, ergänzt Seeger. „Wir wollen dabei nichts vom Reißbrett aus planen, sondern uns mit viel Hoffnung gemeinsam bewegen“, erklärt er weiter. Alle drei betonen, dass die Atmosphäre – auf allen Ebenen – sehr gut und positiv sei. „Wir haben von Beginn an beschlossen, diesen Weg zusammen zu gestalten“, so Hofmann-Hanke. Man hätte die Umstrukturierung auch anders angehen können, habe sich aber dazu entschlossen, den jetzt eingeschlagenen Weg zu gehen.

Gemeindegebiet geprägt von Gegensätzen

Für die Zukunft planen die drei Gemeinden, alle bestehenden Strukturen zu belassen, die sich als gut und praktikabel erwiesen haben. Alle Angebote, die ohnehin neu gedacht werden müssen, etwa weil die Nachfrage und das Angebot nicht mehr stimmig sind, sollen neu angegangen werden. „Gemeinde soll sich begegnen und aus diesen Begegnungen entstehen die Strukturen“, beschreibt Seeger den Prozess. Schon jetzt ist das Gemeindegebiet, das sich über 15 Kilometer erstreckt, geprägt von Gegensätzen: Einige Stadtteile sind stark überaltert, andere sehr dörflich geprägt, wieder andere liegen inmitten von städtischen Hochhaussiedlungen. „Ab 2024 werden wir nur noch zwei Pfarrstellen für dieses ganze Areal haben. Auch dann wird Kirche aber gelebt werden können“, so Seeger. „Die Kirchenmitglieder sind gefragt, so entsteht auch viel Lebendigkeit“, ergänzt Kock. Alle Beteiligten kennen auch Ängste, die in Anbetracht der Veränderungen entstehen. „Wir wollen offen damit umgehen“, betonen sie. „Es muss auch kein haupt- und ehrenamtlicher Mitarbeiter befürchten, dass zum Beispiel Stellen abgebaut werden“, stellt Hofmann-Hanke klar.

„Durch die Vernetzung entstehen auch neue Aufgaben, die den Menschen Sicherheit geben. Wir wollen nach vorne gehen und vorhandene Ängste annehmen“, sagt Seeger. Kirche sei immer unterwegs. „Es ist legitim, Angst vor der Veränderung zu haben“, meint Hofmann-Hanke. Dennoch erlebe er es als sehr positiv, dass sich niemand unter den Gemeinde-Mitgliedern gegen die Pläne stelle.

Und trotz aller anstehenden Änderungen – das betonen alle drei - solle Kirche vor Ort erlebbar bleiben. Die einzelnen lokalen Stärken werden erhalten bleiben, Ideen die bisher an der einen Stelle gut funktionieren, wird es in Zukunft auch in der nahen Nachbarschaft geben – so schildern die drei den Weg in die neue Gemeinde. Die gemeinsame Feier zum 50-jährigen Bestehen der Andreaskirche in Merkenich sei ein gutes Beispiel für künftige Aktionen gewesen, denn dazu seien alle Beteiligten zusammen gekommen. Eine Art von Premiere also für die künftige enge Zusammenarbeit.

50-jährigen Bestehen der Andreaskirche

Der Jubiläumstag begann mit einem Festgottesdienst in der Andreaskirche. Eberhard Matthieß, der seit 1981 und bis 2016 hier Pfarrer war, hielt die Predigt. Seine Nachfolgerin Ingrid Schneider war für die Liturgie zuständig, die Presbyterinnen Gudrun Lanfer und Jutta Rüber begleiteten den Gottesdienst. An der Orgel spielte Jiyoung Kim, Géneses López da Silva und Elena Plaza sangen, am Klavier saß Moritz Schily. Später am Nachmittag schaute dann noch die Unlimited Voice Company vorbei, um vor Ort ein Konzert zu geben.

„Wir freuen uns sehr, dass wir heute hier gemeinsam den Tag begehen können“, berichtete Schneider. Die Rheindörfer seien immer eigenständig gewesen. Auch sie erlebe Ängste und Sorgen in Anbetracht der Veränderungen, doch auch viel Interesse und auch Lust auf die neuen Möglichkeiten. „Es kommt nun etwas zusammen, was ohnehin von vielen Menschen hier als nahe Nachbarschaft erlebt wird“, so die Pfarrerin.

Gut 1000 Mitglieder der evangelischen Kirche leben aktuell in den Rheindörfern. „Auch wir hier in Merkenich sind als Gemeinde in den letzten Jahren kleiner geworden“, schildert sie das jetzige Gemeindeleben. Die Kirche werde man weiter nutzen, schon seit zehn Jahren wird das Gebäude von einer philippinischen Gastgemeinde mitgenutzt.

„Wir sind eine bunte und lebendige Gemeinde und freuen uns auf die Zeit, die nun kommt“, so ihr Fazit.

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