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A3 bei Köln-DellbrückReparatur der Schutzwände nach Horrorunfall dauert länger

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Sieben Schallschutzelemente mussten nach dem Unglück entfernt werden. 

Köln – Mit Hosenträgern ist das so eine Sache: Wenn sie nicht halten, steht man ohne Hosen da. So ähnlich geht es nun der Autobahngesellschaft auf der A3 Höhe Dellbrück. Nach einem schrecklichen Unglück im vergangenen November (siehe Kasten) wollte die seit Januar zuständige Gesellschaft die 200 Schallschutzplatten in dem Autobahnabschnitt mit jeweils zwei vormontierten Stahlprofilen verstärken. „Nach dem Prinzip von Hosenträgern“, erklärte eine Sprecherin der Rundschau Anfang Januar. Und weil das Verfahren so einfach sei, gelinge das schon bis Juni. Doch das Hosenträger-Prinzip hat nicht gehalten, was es versprach. Das Verfahren wurde weitaus komplizierter als erhofft. Das einzige, was jetzt noch feststeht: Der Juni ist nicht mehr zu halten.

Komplexer als gedacht

„Die Anfertigung ist dann doch komplex“, sagt Sabrina Kieback, Sprecherin der Autobahngesellschaft. Schon die Entwicklung des Sicherungsverfahrens habe es in sich gehabt. „Jede Halterung ist aufgrund unterschiedlicher Maße eine Einzelanfertigung. Wir haben das von uns erdachte Hosenträger-System an einem Ingenieurbüro zur Entwicklung geben müssen.“

Und selbst die Profis hatten daran zu knabbern. „Statiker haben die Entwürfe x-mal zurückgerufen“, so Kieback. Schnellschnell sei nach dem Unglück keine Option mehr gewesen. „Wir wollen da jetzt kein Risiko mehr eingehen.“ Also kann es bis Juni nichts mehr werden? „Wir müssen uns eingestehen, das Datum war zu ambitioniert“, räumt die Sprecherin ein.

Alles zum Thema Hendrik Wüst

Das System sei nun entwickelt, die Statiker hätten es abgenickt. „Wir liegen in den letzten Zügen für die Ausschreibung“, erklärt Kieback. „Aber dass wir den Juni nun nicht mehr gehalten kriegen, das dürfte wohl jedem klar sein.“ Wann dann? „Da wage ich keine Prognose.“ Erst wenn der Auftrag vergeben sei, könne mit der Firma über den Realisierungszeitraum gesprochen werden.

Abschnitt kann nicht vollständig freigegeben werden

Eine Lappalie ist die Verzögerung nicht. Bevor die 400 Sicherungselemente nicht angebracht sind, kann der Autobahnabschnitt nicht wieder vollständig frei gegeben werden. Richtung Oberhausen sind immer noch Spuren gesperrt. Selbst unter Pandemie-Bedingungen führt das täglich zu langen Staus. In Fahrtrichtung Frankfurt ist die Lage etwas entspannter. Hier wurden vier neue, verengte Spuren markiert. „Wir wollen die vier verengten Spuren auch in Fahrtrichtung Oberhausen markieren, aber da hat uns das Wetter bisher immer einen Strich durch die Rechnung gemacht“, erklärt Kieback. Markiert werde nachts. Wenn es nicht geregnet habe, habe Frost geherrscht. Beides mache Markierungsarbeiten unmöglich. „Immerhin habe wir die Zeit nicht ungenutzt verstreichen lassen. Wir haben im betroffenen Abschnitt die Leitplanken erneuert.“

Roman Suthold vom ADAC-Nordrhein wünschte, er hätte bei Ankündigung des Hosenträger-Projektes mit seiner Einschätzung zum Zeitplan Unrecht gehabt. Er sagte schon im Januar voraus: „Wie das Problem schon in wenigen Monaten behoben sein soll, ist äußerst fraglich. Im Zweifel kann der Prozess bei so einem Ausmaß mehrere Jahre dauern. Das wäre ein Desaster mit negativen Auswirkungen auf das gesamte Autobahnnetz in Nordrhein-Westfalen.“ Das Desaster sieht er nun ein Stück näher gerückt.

Das Unglück und seine schleppende Aufklärung

Nicht nur die Absicherung des Unglücksbereichs zieht sich in die Länge. Auch die Aufklärung des Unglücks lässt weiterhin auf sich warten.

Am 23. November 2020 wurde eine 66 Jahre alte Kölner Autofahrerin auf der A3 kurz vor der Ausfahrt Köln-Dellbrück von einem herbstürzendem, tonnenschweren Schallschutzelement erschlagen. Die Frau starb noch an der Unfallstelle. Untersuchungen ergaben später, dass bei der Montage erheblich gepfuscht wurde. Und das mit Genehmigung der damals zuständigen Landesbehörde Straßen.NRW. Denn anders, so lautete die Begründung, wären die wohl aus dem Maß geratenen Betonelemente auf die Schnelle nicht zu montieren gewesen. Straßen.NRW forderte zwar von der Montagefirma einen nachträglichen statischen Nachweis. Doch der wurde nie erbracht. Schließlich ging das Unternehmen in den Konkurs.

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Bei turnusgemäßen Prüfungen der Schallschutzwand durch den Landesbetrieb wurde dem Flickwerk nicht mehr weiter nachgegangen. Eine vorgeschriebene Hauptuntersuchung wurde gar ausgesetzt.

Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt wegen der Unglücksursache. Wie die Rundschau berichtete, ist weiterhin völlig offen, wann die Ermittlungen abgeschlossen werden können. Vorerst wurde das Ermittlerteam aufgestockt.

NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst erklärte nach dem Unglück, er werde die Prüf- und Kontrollpraxis beim Landesbetrieb Straßen.NRW begutachten lassen. Aber auch in dieser Frage gibt es noch keine nennenswerte Entwicklung. Wie das Verkehrsministerium auf Nachfrage der Rundschau erklärte, läuft das Ausschreibungsverfahren für einen geeigneten Gutachter immer noch. (ngo)

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