Abo

Alternative zur ZahnseideUnternehmer-Trio aus Köln erfindet neue Interdentalbürste

Lesezeit 3 Minuten
Ein langer Weg von der Idee zum Produkt: Zahnarzt Louis Bahlmann (r.) hat zusammen mit Burak Dönmezer und Marc Schmitz (l.) die „Wingbrush“ auf den Markt gebracht.

Ein langer Weg von der Idee zum Produkt: Zahnarzt Louis Bahlmann (r.) hat zusammen mit Burak Dönmezer und Marc Schmitz (l.) die „Wingbrush“ auf den Markt gebracht.

Köln – Während seines Zahnmedizinstudiums hatte sich Dr. Louis Bahlmann (28) irgendwann entschlossen, auf Lücke zu lernen. Viele Studenten machen das so, doch Bahlmann suchte nach einer Marktlücke. Er entwickelte eine Bürste zur Reinigung von Zahnzwischenräumen und schrieb seine Doktorarbeit über solche Bürsten. „Die Zahnzwischenraumreinigung wird oft vernachlässigt“, weiß Bahlmann aus seiner Tätigkeit als Zahnarzt, „weil sie nervt“. „Wingbrush“ hat er seine Interdentalbürste genannt. Inzwischen ist Bahlmann nicht nur Zahnarzt, sondern gemeinsam mit zwei Schulfreunden Unternehmer.

In diesen Tagen wird die Erfindung, die neben einer herkömmlichen Interdentalbürste über einen „Fühler“ verfügt, ins Sortiment von Rossmann, Edeka und Real aufgenommen.

Ein Meilenstein für die jungen Firmengründer, zu denen neben Bahlmann noch Marc Schmitz und Burak Dönmezer gehören.

Mehr als 13.000 Vorbestellungen aus über 100 Ländern

Wenn die Freunde nur von den angenehmen Momenten auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit erzählen würden, klingt die Unternehmung wie ein Selbstläufer. Vor drei Jahren gewannen sie ein Gründerstipendium des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Im Anschluss konnten für die Entwicklung und Produktion Investoren überzeugt werden. Mit einem virtuellen Schaufensterplatz auf der Internetseite „Kickstarter“ bekamen die Gründer mehr als 13.000 Vorbestellungen aus 102 Ländern. Dennoch lief seit der Gründung in 2015 nicht alles rund. „Als wir vor zwei Jahren die Märkte angeschrieben haben, erhielten wir nur Absagen oder gar keine Antworten. Wir hatten schon überlegt, ob wir überhaupt weitermachen sollen“, berichtet Burak Dönmezer von zwischenzeitlichen Sinnkrisen.

Zwischen dem Prototyp der Bürste und dem jetzigen Modell liegen fünf Jahre der Weiterentwicklung. Der Fühler ist innen hohl, wenn man die zwei Schenkel der Bürste zusammendrückt, schiebt sich die Bürste durch ein kleines Loch im Fühler zwischen die Zähne. „Im Wesentlichen haben wir die Handhabung verbessert, damit mehr Menschen Interdentalbürsten nutzen können“, erklärt Bahlmann. Produziert wird die Erfindung in Vietnam. „Anfangs gab es Lieferschwierigkeiten, wir kamen mit der Produktion nicht hinterher“, erzählt Burak Dönmezer. Um die Kunden nicht zu lange warten zu lassen, wurde schließlich eine Lieferung eingeflogen. „Das ist zehnmal so teuer wie mit dem Schiff“, sagt Schmitz. Doch Hauptsache, es ging irgendwie weiter.

Zahnbürste im Einzelhandel erhältlich

Dann kam eine Lieferung für einen Test im Einzelhandel zerknickt an, Ersatzware war nicht vorhanden. „Wir haben dann drei Tage lang die Verpackungen gebügelt“, sagt Schmitz. Was heute nach lustigen Anekdoten klingt, hat damals beinahe zum Ende der Unternehmung geführt.

Als Firmensitz dient den drei Freunden das Elternhaus von Marc Schmitz in Junkersdorf. Neulich verirrte sich ein Sattelschlepper ins Wohngebiet, um 15 Paletten „Wingbrush“ abzuliefern. Weil sie keinen Gabelstapler in der Garage stehen haben, durften sie die Paletten per Hand vom Laster tragen. Jetzt verpacken Studenten die Ware in der Garage. „Das war schon eine verrückte Zeit“, sagt Schmitz rückblickend. Im Einzelhandel werden die Bürsten 4,95 Euro kosten. Um auf größere Nachfragen reagieren zu können, wurden 300.000 Stück vorproduziert – die dieses Mal mit einem soliden Hubwagen geliefert werden sollen.

Rundschau abonnieren