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Appell von Rolf Bietmann„Rheinenergie nicht kaputt machen“

Lesezeit 4 Minuten
Energieeffizienz war ein wichtiges Kriterium beim Neubau der Zentrale der Stadtwerke und der Rheinenergie.

Energieeffizienz war ein wichtiges Kriterium beim Neubau der Zentrale der Stadtwerke und der Rheinenergie.

Köln – Was wird aus der Rheinenergie? Das Bündnis „Klimawende Köln“ will per Bürgerbegehren erreichen, dass der Versorger ab 2030 nur noch Strom aus erneuerbaren Quellen liefert (wir berichteten). Wenn die Bürgerinitiative ihre Forderung durchsetze, gehe die Rheinenergie in die Insolvenz, hatte Vorstandschef Dieter Steinkamp am Dienstag im Rundschau-Interview erklärt. „Dann werden wir zerschlagen.“ Bis 2040 wolle das Unternehmen komplett klimaneutral werden, bis 2030 sei das jedoch nicht zu schaffen. Aktuell erzeugt die Rheinenergie Strom zu 77,0 Prozent aus Erdgas, zu 17,1 Prozent aus Kohle und zu 5,9 Prozent aus erneuerbaren Energien.

Nach Steinkamps Äußerungen meldete sich Prof. Dr. Rolf Bietmann in der Redaktion. Der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete war von 1989 bis 2009 Aufsichtsratschef der GEW Köln AG und dann der Rheinenergie, in die die GEW übergegangen ist. Er hat die Entwicklung vom kommunalen Versorger zum regionalen Dienstleister lange begleitet. Bietmann forderte, dass sich die Stadt klar zu ihrem Unternehmen bekennen müsse.

Existenz des Unternehmens auf dem Spiel

„Wenn der Vorstandschef der Rheinenergie sagt, das geplante Bürgerbegehren setzt die Existenz des Unternehmens aufs Spiel, dann erwarte ich, dass die Kölner Politik einschließlich der Grünen Farbe bekennt und sich an die Seite der Rheinenergie stellt. Da vermisse ich bislang klare Positionierungen aus Rathaus und Aufsichtsrat“, sagte Bietmann. „Klimaschutz ist wichtig, und wir müssen mehr dafür tun. Aber man darf doch nicht das wirtschaftlich wichtigste Unternehmen der Stadt kaputt machen, das wir für den Ausbau der erneuerbaren Energien in der Region dringend brauchen und von dem die Menschen und Unternehmen in Köln und der Region profitieren.“ Die Stadt habe die Rheinenergie gemeinsam mit RWE gegründet, „um für Köln und die Region dauerhaft eine günstige Energieversorgung sicherzustellen und zugleich über den Stadtwerkeverbund defizitäre Bereiche wie die KVB und die Bäder mitzufinanzieren“, so Bietmann. „Dieses Konzept der Daseinsvorsorge ist in vollem Umfang aufgegangen, viele Kommunen beneiden uns um dieses Erfolgsmodell.“

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Dass die Stadt ihren Strom seit Januar nicht mehr bei der Rheinenergie bezieht, habe ihn schockiert, sagte Bietmann. Das sei „ein großer Imageschaden“, der zu ernsten wirtschaftlichen Folgen für die Rheinenergie und damit für die Stadt führen könne. „Die Ausschreibung war, gelinde gesagt, nicht durchdacht. Was man erreichen wollte, nämlich ein Signal für den Klimaschutz, ist völlig daneben gegangen. Jetzt liefert ein Privatunternehmen Strom an die Stadt, das zum Mitsubishi-Konzern gehört, der weltweit Kernkraftwerke entwickelt und betreibt.“

Das sagen CDU, Grüne und SPD

Von den drei größten Fraktionen im Stadtrat wollten wir wissen, wie sie das Thema sehen.

CDU-Partei- und Fraktionschef Bernd Petelkau, der auch Aufsichtsratsvorsitzender der Rheinenergie ist, betonte: „Die CDU spricht sich klar gegen das Bürgerbegehren aus.“ Die Rheinenergie habe „eine klare Strategie auf dem Weg zur Klimaneutralität“ und sei ein verlässlicher Partner. „Ein radikaler Ausstieg bringt weder der Region noch dem Klimaschutz etwas.“ Die Folge wäre, dass vermehrt Strom aus europäischen Kern- und Kohlekraftwerken in Köln genutzt würde. „Bei der Stadt würde darüber hinaus ein wirtschaftlicher Schaden von mehr als einer Milliarde Euro entstehen. Das ist nicht vertretbar, und deshalb lehnen wir radikale Lösungen klar ab.“ Er empfahl, den Stromliefervertrag der Stadt 2023 neu auszuschreiben und die Verlängerungsoption um zwei Jahre nicht zu ziehen.

Christiane Martin, Fraktionsvorsitzende der Grünen, erklärte: „Das Bürgerbegehren ’Klimawende’ weist in die richtige Richtung und hat eine Impulswirkung, die wir sehr begrüßen.“ Um die Pariser Klimaziele zu erreichen, sei eine vollständige Umstellung auf erneuerbare Energie in einem eng gesteckten Zeitrahmen unerlässlich. „Die Umsetzung der konkreten Ziele des Bürgerbegehrens ist aber komplex und kann nur im Kontext der im gesamten Stadtwerkekonzern erforderlichen Klimaschutzanpassungen und deren Finanzierung gesehen werden. Ein enger Austausch zwischen Politik, Stadtverwaltung, Rheinenergie und den Initiatoren des Bürgerbegehrens ist deshalb unerlässlich und wurde bereits von uns initiiert.“ Auch Martin ist für eine Neuausschreibung des städtischen Stroms 2023.

Christian Joisten, Fraktionschef der SPD, sagte: „ Uns alle eint das Ziel, saubere Energie zu produzieren und zu verbrauchen. Man muss aber darauf achten, dass man hierbei nicht aus Versehen die städtische Rheinenergie zerschlägt und damit jegliche regionale energiepolitische Steuerung aus der Hand gibt. Die Klimaziele erreicht man nicht, indem man den zweiten Schritt vor dem ersten macht.“ Gewinne der Rheinenergie sorgten dafür, dass die Fahrpreise der KVB erschwinglich bleiben. Joisten schlug vor, „dass sich die Spitzen aus Politik, Verwaltung und städtischen Unternehmen mit den Initiatoren des Bürgerbegehrens an einen Tisch setzen.“ Die Stadt solle den Strom 2023 so ausschreiben, „dass wieder sauberer und effizient produzierter Strom aus der Region geliefert wird“. (fu)

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