Auf Flaschen schlafenEinrichtungsmesse imm Cologne

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Möbelmesse Köln

Die Möbelbranche hat des Thema Nachhaltigkeit entdeckt.

Köln – Wann ist ein Trend noch ein Trend? Anders gefragt: Kann man noch von Trendsettern sprechen, wenn fast jeder Möbelhersteller das Wort „Nachhaltigkeit“ in den Mund nimmt? Zumindest bei den Ausstellern der am Montag eröffneten Einrichtungsmesse imm Cologne ist das der Fall. „Der schonende Umgang mit Ressourcen ist einer der Trends“, sagt Jan Kurth, Geschäftsführer des Verbands der Deutschen Möbelindustrie beim Presserundgang am Montag.

Fraglos ist Holz bei vielen Herstellern angesagt, oft auch besonders in Szene gesetzt: Ob unbehandelt, grob behauen und mit starker Maserung, ob zu Intarsienoberflächen verarbeitet, bei denen computergesteuerte Fräsmaschinen zum Einsatz kommen, oder durch indirektes Licht dramatisch hervorgehoben. Ein Hersteller aus dem Münsterland dekoriert Tische und Hochschränke mit der Rinde von Eichen, die er hinter Glas setzt.

Kein Lippenbekenntnis

Nachhaltigkeit soll für viele Hersteller kein Lippenbekenntnis bleiben. Einige wollen bereits klimaneutral werden. „Wir haben Photovoltaik auf dem gesamten Gelände, und sämtliches Regenwasser wird bei uns aufgefangen, kommt ins Grundwasser und wird als Trinkwasser wieder eingespeist“, erklärt Bernhard Hartmann, Inhaber des gleichnamigen Traditionsbetriebes. Das Unternehmen hat auch schon 7000 Bäume pflanzen lassen, als Ausgleich für das in den Möbeln verbaute Holz.

Praktisch an dem Label „nachhaltig“ ist zudem, dass sich auch hochpreisiges Design damit verkaufen lässt. „Ein Produkt, das man sein Leben lang behalten kann, ist nachhaltig“, erklärt der italienische Designer Luca Nicetto. Seine Ledersofas sind modular aufgebaut, lassen sich verschiedenen (Sitz-)Bedürfnissen anpassen und haben Beistelltisch und Regal in die Holzplattform integriert, auf der sich die Rückenpolster unterschiedlich anordnen lassen.

Natürliche Ressourcen sind endlich

Mit dem Bewusstsein verbunden, dass die natürlichen Ressourcen endlich sind, ist die Hinwendung zum Leben im Freien. „Outdoor ist sehr wichtig geworden“, berichtet Sara Nosrati, Marketingleiterin des italienischen Unternehmens Cassina. Möbel für die Terrasse oder den Garten sind nicht einfach nur witterungsbeständig und funktional, sie sind eigene Designobjekte, die sich, was Detailverarbeitung, Maße und Ansprüche an Formschönheit betreffen, kaum noch von Möbeln für die Innenräume unterscheiden. Flechtwerk aus Polyrattan, dicke Polster, Holz und Kunststoff werden aufwendig zusammen verarbeitet.

Aber nicht nur Holz ist ein ökologisches Material. Auf PET-Flaschen kann man ebenfalls schlafen, denn sie sind schredderfähig. Aus den kleinen Schnipseln lässt sich Polyester herstellen, das zu Matratzen verarbeitet wird. Diese lassen sich wiederum recyceln. Die Hersteller reagieren mit diesen Innovationen auf die EU-Verordnung, die ihnen ab kommendem Jahr vorschreibt, alte Matratzen von den Kunden zurückzunehmen. Bei sechs Millionen verkauften Schlafunterlagen pro Jahr allein in Deutschland ist das keine Kleinigkeit.

Gesundheit und Wohlbefinden

Und irgendwie ist Schlafen ja auch etwas Nachhaltiges, denn es stärkt Gesundheit und Wohlbefinden des Menschen. Die „Pillow Talks“ (Bettgeflüster) finden jeden Mittag auf der Messe statt, eine Gesprächsrunde zum Thema Schlafen.

Einiges rund um nachhaltiges Wohnen können Messebesucher auch im „Smart Village“ entdecken, wo es um intelligente Lösungen geht, die das Alltagsleben einfacher machen sollen. „Die Technik ist hier nicht mehr Selbstzweck, sondern wir schaffen kohärente Wohnsituationen“, erklärt Christof Flötotto, der Projektleiter von „Smart Village“.

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So setzen sich die Hersteller damit auseinander, dass es viele Menschen wieder zum Leben in die Städte zieht, wo Wohnen aber so teuer ist, dass man Lösungen für kleine Flächen braucht. So sieht man einen Arbeitstisch, der mit an der Decke verankerten Kabeln verbunden ist. Kommen Freunde zum Essen zu Besuch, lässt sich der Tisch schnell bis unter die Decke hochziehen.

Anderes Beispiel: die Teleskopsauna, die sich auf 60 Zentimeter Tiefe zusammenschieben lässt, um sich als Schrank zu tarnen. Es gibt auch ein Regal mit fünf Brettern, auf denen Teller, Tassen und Gläser arrangiert sind. Eine junge Frau führt vor, wie sich dies mit zwei Handgriffen in einen gedeckten Tisch ausklappen lässt. Platzsparend und einfach zu installieren sind auch die Dachziegel, die je mit einem schmalen Solarmodul bestückt sind. Jede Dachpfanne kann zehn Watt Strom produzieren.

Blick in die Zukunft

„Nachhaltigkeit berührt hier jeden Hersteller“, sagt die Designerin Kathrin de Lauw, die eine Sonderschau deutscher Produzenten und deutschen Designs entworfen hat. Es soll auch ein Blick in die Zukunft sein.

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