Abo

AutobahnlärmAn der A4 in Merheim wird der Lärmschutz verbessert

Lesezeit 4 Minuten
Die Lärmschutzwand der A4 in Merheim ist drei Meter hoch und stark sanierungsbedürftig. Teilweise stehen nur 25 Meter hinter der Wand Wohnhäuser. 

Die Lärmschutzwand der A4 in Merheim ist drei Meter hoch und stark sanierungsbedürftig. Teilweise stehen nur 25 Meter hinter der Wand Wohnhäuser. 

Köln – Manchmal liegt Jennifer Offermann in der roten Hängematte auf der Terrasse und versucht sich zu entspannen. An der Wand hängt das Gemälde eines Sees, Segelboote dümpeln auf dem Wasser, Berge und Häuser erinnern an Italien. „Mit viel Vorstellungskraft versuche ich so zu tun, als hörte ich das Meeresrauschen“, sagt sie. Doch was sie hört, ist das Tosen der Autobahn.

Beschwerdeführerin ist nun 93 Jahre alt

Die A4 führt direkt am Grundstück der Familie Offermann und deren Bauhandel an der Ostmerheimer Straße in Merheim vorbei. „Den Lärm bekomme ich schon gar nicht mehr mit“, sagt Patrick Offermann, ihr Mann. Manchmal erwische er sich dabei, extra laut zu reden, um das Dauerrauschen zu übertönen. „Wenn wir im Urlaub sind, brauche ich jedes Mal einige Nächte, um mich an die Ruhe zu gewöhnen“, sagt er. Schon seine Großeltern haben in dem Haus gelebt, dann seine Eltern. Die Autobahn ist erst Anfang der 1970er Jahren direkt vor ihrer Tür gebaut worden.

Bald soll es ruhiger werden. Der Naturschutzbeirat der Unteren Naturschutzbehörde hat jetzt den Weg frei gemacht für die geplante Erneuerung und Erweiterung der Lärmschutzwände. Zwischen der Anschlussstelle Merheim und dem Kreuz Köln-Ost sollen die Wände von drei auf 6,5 Meter aufgestockt und teilweise deutlich verlängert werden. „Es liegen alle Unterlagen für die Ausschreibung der Arbeiten auf dem Tisch. Der Baubeginn hängt von den Arbeiten am Kalker Tunnel ab. Zwei Baustellen innerhalb weniger Kilometer wollen wir den Autofahrern nicht zumuten“, erklärt Sabrina Kieback, Sprecherin des Landesbetrieb Straßenbau NRW. Laut Stadt sollen die Arbeiten am Tunnel Ende dieses Jahres so weit fortgeschritten sein, dass der Verkehr wieder ungehindert fließen kann. Der Bau der Lärmschutzwand könnte also 2019 beginnen.

Alles zum Thema Bundesautobahn 4

22 Meter neben der Autobahn

Wenn es demnächst rund um die A4 deutlich ruhiger wird, ist dies vor allem der Erfolg von Inge E. , inzwischen 93 Jahre alt. Ihr gehört ein Haus in der Abshofstraße, das einst ihre Eltern gebaut hatten – es liegt exakt 22 Meter neben der Autobahn. Immer wieder schrieb sie Beschwerdebriefe, schaltete einen Rechtsanwalt ein. „Ich habe einen ganzen Aktenordner mit Briefwechseln“, erzählt die Hausbesitzerin, die selbst in der Eifel lebt. „Gerade dieser Teil vom Merheim ist stark vernachlässigt worden. Ich habe immer wieder darauf hingewiesen, dass der Lärmschutz nicht ausreicht“, sagt sie. Im Jahr 2005 erreichte sie die erste offizielle Lärmmessung. Das Ergebnis: „Überschreitungen der Lärmschutzgrenzwerte am Tag und in der Nacht“, wie es in einem Bericht des Straßenbaubetriebs heißt. Tags dürfen 70 Dezibel nicht überschritten werden, nachts 60 Dezibel.

Patrick Offermann hat sich inzwischen eine App für Lärmmessungen auf sein Handy geladen. Bei seiner jüngsten Messung, an einem bewölkten Nachmittag, erscheint die Zahl 70,8 auf dem Display. Zu laut, auch wenn das Ergebnis nur inoffiziellen Charakter hat. In einer Wohnung, die Familie Offermann kürzlich zur Vermietung ausgeschrieben hatte, sind längst Schallschutzfenster eingebaut worden. „Für die Wohnung gab es viele Anfragen, einige Interessenten sind aber gar nicht erst zur Besichtigung gekommen, weil sie im Internet die Lage des Hauses gesehen haben“, sagt Offermann. Die Lage schreckt ab.

Mit passivem Lärmschutz wollte sich Inge E. damals nicht zufrieden geben. Sie beharrte auf einer modernen Lärmschutzwand. Mit Erfolg. Seit 2008 ist klar, dass der Lärmschutz in Merheim verbessert werden soll. Seit dem ersten Beschwerdebrief sind 13 Jahre vergangen. Die grünlichen Metallwände neben der A4 sind inzwischen völlig marode, der Landesbetrieb spricht von „fehlender Standsicherheit“. „Nun soll auch der Fahrbahnbelag in diesem Abschnitt erneuert werden. Beide Maßnahme wollen wir aufeinander abstimmen“, erklärt Kieback. Der Asphalt soll ebenfalls lärmmindernd wirken. Für die Erneuerung der Lärmschutzwände ist eine Bauzeit von einem Jahr vorgesehen.

Diese Zeit werden Familie Offermann und die lärmgeplagten Nachbarn irgendwie überstehen. „Wir schlafen mit offenem Fenster und haben uns an die Geräuschkulisse gewöhnt“, sagt Patrick Offermann. Wenn es irgendwann ruhiger wird, werden sie sich vielleicht auch zu Hause fühlen wie im Urlaub.

Chronologie

Im Jahr 2005 fand nach einer Anwohnerbeschwerde die erste lärmtechnische Untersuchung auf einem Grundstück in der Abshofstraße statt. Dabei wurde eine Überschreitung der Grenzwerte festgestellt.

Im „Allgemeinen Rundschreiben Straßenbau“ wird am 27. Oktober 2006 festgelegt, dass bei der Sanierung von Lärmschutzwänden von nun an auch komplett neue Wände eingebaut werden dürfen.

Die A4 bei Merheim wird daraufhin in das Untersuchungsprogramm „Lärmsanierung 2008“ des Landesbetrieb Straßenbau NRW aufgenommen.

2010 wird beschlossen, auch den Fahrbahnbelag auf der A4 bei Merheim zu erneuern. Die Lärmschutzmaßnahme wird anschließend in die Gesamtmaßnahme „grundhafte Sanierung der A4“ aufgenommen.

Schon 2010 werden erste Ersatzpflanzungen vorgenommen für Bäume, die für die Lärmschutzsanierung weichen müssen. Im Jahr 2016 teilt die Stadt Köln mit, der Baubeginn werde sich wegen Verzögerungen bei der Sanierung des Kalker Tunnels weiter verschieben.

Am 7. Mai 2018 erfolgt die Zustimmung des Naturschutzbeirats zu der geplanten Baumaßnahme. Zuvor hatte bereits die Bezirksregierung zugestimmt. 

Rundschau abonnieren