Bienenfreundliche DächerWie es um die Begrünung von Kölns Haltestellen steht

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Ein echter Hingucker und ein Gewinn für Stadt: Die begrünten Dächer der Bushaltestellen in Utrecht bieten bedrohten Wildbienen Nahrung.

Ein echter Hingucker und ein Gewinn für Stadt: Die begrünten Dächer der Bushaltestellen in Utrecht bieten bedrohten Wildbienen Nahrung.

  • Die FDP hatte eine Anfrage an die Stadtverwaltung gestellt, ob man Köln Wartehäuschen nicht bienenfreundlich gestalten könne.
  • Nach rund sieben Monaten kam kürzlich die Antwort der Verwaltung.

Köln – Es hätte eine echte Bereicherung sein können. Blühende Landschaften hätten entstehen können – inmitten von Asphalt und Beton. Die Stadt wäre ein Stück grüner geworden, bedrohte Tiere hätten neuen Lebensraum gefunden. Die Artenvielfalt und das Klima hätten profitiert. Doch dann stellte sich heraus: Es geht nicht. Was in Utrecht ein Riesenerfolg war, funktioniert in Köln nicht. Aber der Reihe nach.

Worum es geht? Bienen. Genauer gesagt, Wildbienen. Von den mehr als 560 in Deutschland bekannten Arten gelten rund die Hälfte als gefährdet oder vom Aussterben bedroht. Höchste Zeit also, den kleinen Insekten, die für die Bestäubung von Obstbäumen und anderen Kulturpflanzen von weit größerer Bedeutung als Honigbienen sind, unter die Arme zu greifen.

Bürger zur Begrünung angespornt

Das hat auch die Stadt erkannt. Mit Plakaten und Broschüren forderte sie die Bürger auf, ihre Balkone und Gärten mit Blühpflanzen zu begrünen, die Bienen, Schmetterlingen und anderen Insekten Nahrung bieten. Da könne die Stadt doch auch selbst was tun, dachte sich die FDP-Fraktion und schlug im August 2019 vor, die Dächer von Bus- und Bahnhaltestellen bienenfreundlich zu begrünen. Zu dieser Zeit ging ein Projekt in Utrecht gerade medial durch die Decke – selbst die britische BBC, der Guardian, USA Today und die ARD berichteten enthusiastisch über die neuen Wartehäuschen mit begrünten Dächern in der niederländischen Kommune. Was war passiert?

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Begrünte Wartehäuschen als Vorbild

Die Stadt Utrecht hatte beschlossen, bei einer Ausschreibung für neue Fahrgastunterstände den Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz besondere Bedeutung zu geben. Den Auftrag bekam die Firma „Reclamebureau Limbourg“ (RBL). Sie stellte in Utrecht 316 Wartehäuschen mit begrünten Dächern auf, auf denen Wildbienen Nahrung finden. Weitere 96 Dächer wurden mit Photovoltaikmodulen ausgestattet. Die Unterstände haben eine Sitzbank aus Bambus und eine Bodenplatte aus recyceltem Beton. Für Wartung und Reinigung setzt man in Utrecht Elektrofahrzeuge und Regenwasser ein. Auch in Leipzig werden seit 2019 von RBL begrünte Fahrgastunterstände errichtet.

Mit dem beispielhaften Projekt wurden 2000 Quadratmeter begrünte Dachflächen neu geschaffen. Sie binden Feinstaub und rund 20 Liter Wasser pro Quadratmeter, bei Hitze sorgen sie für Kühlung. Sie sehen nicht nur gut aus, sondern erzielen auch einen Nachahmereffekt. Nach ihrer Einführung habe man im Sommer 2019 doppelt so viele Anträge von Bürgern auf Förderung privater Dachbegrünung erhalten wie im ganzen Jahr 2018, erklärte die Gemeinde.

Anfrage der FDP an die Stadtverwaltung

Ob man die Unterstände der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) mit solchen Gründächern nachrüsten könne und was das kosten würde, wollte die FDP von der Stadtverwaltung wissen. Wir erinnern uns: Die aktuellen Wartehäuschen, die 2015/2016 in Köln aufgestellt wurden, hat der britische Star-Architekt Norman Foster (84) entworfen. Sie sehen recht edel aus, doch Fahrgäste klagen über fehlende Sitzmöglichkeiten und unzureichenden Schutz vor Regen.

Modelle sind nicht geeignet

Nach rund sieben Monaten kam kürzlich die Antwort der Verwaltung: „Vor dem Hintergrund der aktuellen Vertragssituation und der Konstruktion der vorhandenen Anlagen wird keine Möglichkeit gesehen, die Fahrgastunterstände kurzfristig nachträglich zu begrünen, so dass sich die Fragen nach Kosten und Ressourcen für die Maßnahme nicht stellen.“

Wildbienenschutz in Köln

Haltestellen zu begrünen, ist für die Stadt Köln derzeit keine Option. Sie vergibt aber Fördermittel für die Begrünung privater Dächer. 2018 hatte die Politik die Verwaltung beauftragt, bessere Lebensbedingungen für Wildbienen und Insekten zu schaffen. Im Projekt „Bienenfreundliches Köln“ wurden bereits erste Maßnahmen umgesetzt. So wurden an vielen Schulen, aber auch im Zoo Nisthilfen für Insekten aufgestellt.

Das Grünflächenamt, das früher vor allem auf viel Rasen setzte und Sträucher radikal stutzen ließ, will bis 2022 zehn Prozent der städtischen Wiesenflächen in artenreiche Blühwiesen umwandeln. Auch ein Insektenschutzkonzept ist in Arbeit.

www.stadt-koeln.de/wildbienen

Die beiden in Köln eingesetzten Modelle „Norman Foster“ (an der Stadtbahn) und „Traffic“ (im Busbereich) seien „sowohl konstruktiv als auch statisch“ nicht für Gründächer geeignet. Um solche nachzurüsten, müsse man das Dach völlig neu konstruieren. Wobei sämtliche Änderungen nicht der Betreiber der Häuschen, die Wall AG, sondern die Stadt, beziehungsweise die KVB bezahlen, müsste.

Immerhin lehnte die Verwaltung die Idee nicht komplett ab. Man könne sie ja aufgreifen, wenn der Werbenutzungsvertrag ausläuft, über den auch Form und Betrieb der Unterstände geregelt ist. Das wird am 31. Dezember 2029 der Fall sein.

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