Blindenzeitung Köln-KompaktEin gut hörbares Stück Integration

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Die vier Frauen und Techniker Dieter Meier (h., M.) gehören zu dem Team, das eine akustische Blindenzeitzung einspricht.

Die vier Frauen und Techniker Dieter Meier (h., M.) gehören zu dem Team, das eine akustische Blindenzeitzung einspricht.

Köln – Eine Szene, die sich so oder ähnlich jeden Freitagabend in den zu einem Tonstudio umfunktionierten Kellerräumen der GAG-Seniorensiedlung in Niehl abspielt: Während der Mann hinter den Reglern – an diesem Tag Dieter Meier – schon auf seinem Stuhl sitzt, nehmen nach und nach die vier Sprecherinnen im gegenüberliegenden Raum ihre Plätze hinter den Mikrofonen ein und bereiten sich aufs Einlesen vor.

Doch was genau Ursula Thenenbach, Monika Vogt, Brigitte Scala und Angelika Harringer gleich rund 90 Minuten vorlesen werden, wissen sie an diesem Abend selbst noch nicht. Denn die Frauen und der Techniker sind Teil eines rund 80-köpfigen Teams aus Ehrenamtlichen, das Woche für Woche für sehbehinderte Menschen in der Stadt eine akustische Blindenzeitung einspricht.

„Köln-Kompakt – eine fast aktuelle Wochenzeitung“

Und der Name „Köln-Kompakt – eine fast aktuelle Wochenzeitung“ ist dabei nicht bloß schmuckes Beiwerk, sondern Programm: Manche Artikel schaffen es erst kurz vor dem Einsprechen in die Ausgabe. Während die erste Sprecherin mit dem Lesen – langsam und mit den nötigen Pausen – beginnt, überfliegen die anderen drei schon einmal ihre Texte.

„Wir versuchen jede Woche, einen Zusammenschnitt aus den Nachrichten zusammenzustellen, die unsere Hörer interessieren – darunter sind Nachrichten aus dem Blinden- und Sehbehindertenverein, Artikel der Lokalpresse wie der Rundschau, aber auch Themen aus den Bereichen Gesundheit oder Zeitgeschehen sowie ein kölsch Verzällche“, so Hans Tüllmann, der die Zeitung vor rund 40 Jahren gegründet hat und immer noch jede Woche mit seinem Team die Auswahl der Artikel trifft.

Eine akustische Blindenzeitung

Angefangen hat alles 1977. Der damalige Sozialdezernent und spätere Oberbürgermeister Kölns, Norbert Burger, hatte vom Konzept einer Blindenzeitung gehört und war mit dieser Idee an Tüllmann herangetreten. Dessen Schwiegervater saß damals ebenfalls im Sozialausschuss der Stadt, und Burger wusste, dass Tonaufnahmen sein Hobby waren.

„Können Sie eine akustische Blindenzeitung machen?“, habe ihn der Sozialdezernent damals gefragt, woraufhin er einfach mit einem Ja geantwortet habe. „Und dann standen wir da“, erinnert Tüllmann sich.

Zuerst wurden die Artikel auf Tonband, dann auf Kassette und schließlich auf CD aufgenommen und immer dienstags an die entsprechenden Haushalte verschickt.

Ausgaben auf Wunsch herunterladen

Mittlerweile können die Ausgaben auf Wunsch auch heruntergeladen werden. Rund 60 Hörer sind es derzeit, die die Zeitung wöchentlich hören. Aufgenommen wird im „Digital Accessible Information System“-Format (DAISY), ein weltweiter Standard zur Navigation in Multimedia-Dokumenten, mit dem die Hörer sich mit wenigen Handgriffen durch mehrere Hierarchiestufen bis hin zum einzelnen Satz navigieren können.

„Dass wir das so lange durchziehen, hat keiner gedacht“, so Tüllmann, angesprochen auf das bevorstehende Jubiläum. Besonderes sei zur 2000. Ausgabe, die kommenden Dienstag erscheint, jedoch nicht geplant. Lediglich zwei der dienstältesten Sprecher, Monika Conze und Werner Benner, werden abermals mit dabei sein. Und so wird „Köln-Kompakt“ wohl auch für die nächsten 2000 Ausgaben ein kleines leises, aber dennoch gut hörbares Stückchen Integration in dieser Stadt leisten.

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