CastingDer Jugendchor St. Stephan sucht neue Sänger

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Trifft den richtigen Ton: Ines Rademacher kann Michael Kokott (r.) und die Chormitglieder Maria Berger und Marcel Repmann mit ihrer Stimme überzeugen. 

Trifft den richtigen Ton: Ines Rademacher kann Michael Kokott (r.) und die Chormitglieder Maria Berger und Marcel Repmann mit ihrer Stimme überzeugen. 

Köln – Die Musikanlage macht knackende Geräusche, die Jury zuckt zusammen. Elisabeth Thelen (19) versucht weiter, ihr Handy an den Lautsprecher anzuschließen. Sie möchte Elvis Presleys „Can't Help Falling In Love“ singen, am liebsten mit der Instrumentalbegleitung auf ihrem Handy. Chorleiter Michael Kokott (57) steht neben ihr und beäugt die Anlage kritisch. „Da ist wohl das Kabel kaputt“, sagt er schließlich.

Der Jugendchor St. Stephan sucht neue Sänger. Ein bis zweimal im Jahr findet dafür ein Casting statt. Die Bewerber, die zwischen 16 und 24 Jahren alt sein sollen, stellen sich mit einem Lied vor, das sie selbst auswählen. In der Jury sitzen neben Kokott noch die Chormitglieder Maria Berger (24) und Marcel Repmann (25). Kokott leitet den Chor seit 1985. Auftritte mit der Band „Unheilig“ oder dem Starkomponisten Lalo Schifrin verhalfen den Sängern zu Bekanntheit über Köln hinaus.

Kein sinkendes Interesse am Chorsingen

Bewerberin Elisabeth ist ein echter Fan. Sie war schon bei mehreren Konzerten. Schließlich packt die Elisabeth ihre eigene Musikbox aus. Kurze Zeit später erklingen die ersten Töne der Liebesballade. Die Bewerberin steht nun ganz allein vor der Jury. Der Proberaum am Krieler Dom wirkt mit seinen weißen und holzvertäfelten Wänden fast etwas klinisch. Doch Elisabeths Gesang gibt ihm Wärme. „Bei ,The Voice’ würde Yvonne Catterfeld jetzt sagen: Ich habe Gänsehaut“, sagt Kokott anschließend. Dann setzt sich der Chorleiter ans Klavier: „Ich würde gerne wissen, wie deine Gesangslage ist.“ Er spielt Dreiklänge, die Elisabeth nachsingt. Zufrieden verabschiedet sich die Jury. Sie wertet den Auftritt der Kandidatin gemeinsam aus.

„Es geht darum, ob jemand eine stimmliche Bereicherung für den Chor ist, nicht darum einen Stuhl dazu zustellen“, erklärt Kokott den Entscheidungsprozess. Vor Elisabeths Namen kommt auf dem Jury-Zettel anschließend ein Häkchen. Elisabeth hat sich schon mehrere Wochen im Voraus beworben, als sie eine Ankündigung bei Facebook sah. Ganz spontan hingegen war Ines Rademacher (20), die am selben Tag in der Zeitung von dem Casting erfahren hat. Ines macht eine Ausbildung zur Logopädin und nimmt Einzelunterricht in Gesang. „Ich würde gerne mit anderen gemeinsam singen, aber auf professioneller Basis“, sagt sie. Das könnte sie im Jugendchor finden. Er hat im Jahr 30 bis 40 Auftritte. Einmal in der Woche wird dafür geprobt. Zum Casting sind neun Bewerber gekommen, einige hatten zuvor abgesagt. Bei den letzten Malen sei die Beteiligung höher gewesen, sagt Kokott, aber das liege vermutlich an der Karnevalszeit. Dass das Interesse am Chorsingen kleiner wird, sehe er nicht. „Sieben der Gesangstalente werden in den Chor aufgenommen“, verrät Kokott. Dazu gehören am Ende auch Elisabeth und Ines.

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