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CDU zum Fall Kienitz„Die OB hat das Verfahren geführt“

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Köln – Die Kölner CDU-Fraktion im Stadtrat hat am Freitag auf den Rückzug des gerade erst gewählten Stadtentwicklungsdezernenten Niklas Kienitz (45, CDU) und die Kritik am Verfahren reagiert. Wie berichtet, hatte CDU-Fraktionsgeschäftsführer Kienitz am vorigen Samstag auf den gut dotierten Spitzenposten verzichtet, er begründete es mit Bedrohungen. Vermutlich war er damit aber auch dem negativen Urteil der prüfenden Bezirksregierung zuvorgekommen, ein internes Papier dazu war am Montag öffentlich geworden (siehe auch Chronik im Info-Text). Die wichtigsten Aussagen der CDU und die Einschätzung.

„Hierzu halten wir fest: Die Oberbürgermeisterin hat das Verfahren geführt.“

Es ist ein kaum kaschierter Fingerzeig Richtung Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) und ihrer Verantwortung aus Sicht der CDU. Schon am Wochenende hatten sich CDU-Mitglieder intern gewundert, dass Reker den Rechtsweg zumindest nicht mal thematisiert. Die Stadt hätte das Urteil der Bezirksregierung ja vor Gericht anfechten können – was die CDU am Freitag offen ausspricht: „Daher ist eine Ablehnung durch die Bezirksregierung auch rechtlich anfechtbar.“ Das hätte aber gedauert und Kienitz möglicherweise weiter beschädigt.

„Uns liegen bis zum heutigen Tag keine Schreiben der Bezirksregierung vor, aus denen eine finale Einschätzung der Bezirksregierung zur Wahl von Niklas Kienitz hervorgeht.“

Es ist die Gretchenfrage: Hat die Bezirksregierung die CDU und Reker vorher – zumindest informell – informiert, damit Kienitz sich zurückziehen konnte in der Hoffnung auf einen milderen Schaden? Stadtsprecher Alexander Vogel sagte am Montag, es liege nichts vor – was ein Telefonat nicht ausschließt. Nur wie realistisch ist es, dass die OB nichts wusste? Das ist Thema zweier Anfragen im Landtag, weil das Kommunal-Ministerium der Bezirksregierung übergeordnet ist. Ist nachweisbar, dass Reker etwas wusste, könnte sich die Affäre ausweiten.

Alles zum Thema Henriette Reker

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Der frühere Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Jörg Frank beispielsweise schreibt bei „report-K“: „Bereits am 22. Juli hat die Kölner Regierungspräsidentin Walsken in ihrer Funktion als Kommunalaufsicht Oberbürgermeisterin Henriette Reker informiert (...).“ Wer hat nun Recht? Allerdings ist Frank auch Teil dieser Geschichte, er hat 2018 im Zuge der Stadtwerke-Affäre (siehe Info-Text) als einziger seinen hauptamtlichen Job verloren. Die Affäre holt die CDU und Kienitz jetzt ein.

„Dass die Bezirksregierung, eine politisch geführte Behörde, zu einem anderen Urteil gekommen sein könnte, mag an juristischen Auslegungsspielräumen liegen.“

Es ist ja der Vorwurf, der gerade durch Teile der Kölner CDU wabert: Dass die Bezirksregierung, an der Spitze Regierungspräsidentin Gisela Walsken (SPD) und Reker in Ablehnung verbunden, Kienitz durchfallen lassen hat – obwohl ein städtisches Gutachter und der Personalberater sein Profil als ausreichend empfunden haben. Doch die Prüfbehörde monierte fehlende Erfahrung für ein Dezernat dieser Größe.

„Wir stehen zu unseren Beschlüssen im Bündnispapier und auch zur Einrichtung des neuen Dezernats.“

Heißt: Die CDU verzichtet nicht auf ihr Vorschlagsrecht und das Dezernat, wie es unter anderem die Opposition gefordert hatte – und selbst Bündnispartner Volt kritisiert hatte. Neuling Volt teilte mit, das Vorschlagsrecht einer Partei für Spitzenposten kritisch zu sehen. Dazu sagt die CDU nun: „Bei einer Wahlentscheidung findet also immer eine Abwägung statt zwischen parteipolitischem Anspruch auf der einen und fachlicher Qualifikation auf der anderen Seite – beides hat seinen berechtigten Anteil.“ Zum Vorwurf, durch das neue Dezernat werde die Stadtspitze aufgebläht und Kienitz mit dem gut belohnten Posten versorgt, verweist die CDU auf andere Städte und die Anzahl ihrer Dezernate.

Die Chronik zum Fall Niklas Kienitz

24. Juni: Der Stadtrat wählt den Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Niklas Kienitz, zum neuen Dezernenten für Stadtentwicklung, Wirtschaft, Digitalisierung und Regionales. Nur 50 Ratsmitglieder stimmen zu, 39 nicht. Ein Grund: Im Vorfeld war seine Beteiligung an der Stadtwerke-Affäre 2018 samt Aufteilung städtischer Spitzenposten bekannt geworden. Nach der Wahl prüft prüft die Bezirksregierung in vier Wochen die Eignung.

28. Juni: Auf der Versammlung vom CDU-Bündnispartner, den Grünen, gibt es einen Antrag, Kienitz solle zurückziehen. 49 Grüne sind dafür, 68 dagegen.

9. Juli: „Die Partei“ legt Beschwerde bei der Bezirksregierung ein, ihr seien bei Akteneinsicht Interessenten für die Stelle vorenthalten worden.

24. Juli: Kienitz teilt seinen Verzicht mit, er sei bedroht worden.

26. Juli: Der interne Prüfbericht liegt der Rundschau vor und spricht Kienitz die Eignung ab, er beginnt mit „Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin“.

30. Juli: Die Grünen sagen: „In der Rückschau müssen wir erkennen, dass die anschließende negative Debatte, die stark von seiner (Kienitz, Anmerkung der Redaktion) Rolle in der Stadtwerke-Affäre geprägt war, dem Amt geschadet hat.“ (mhe)

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