Höheres Tempo gefordertStreit um „grünes“ Hochhaus in Chorweiler entbrannt

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Grünes Hochhaus in Chorweiler

So soll es aussehen: Teils grüne Fassade, Schre­ber­gär­ten auf Ter­ras­sen. 

Köln – Der Investor für das vergleichsweise spektakuläre Hochhaus-Projekt in Chorweiler fordert von der Kölner Verwaltung ein höheres Tempo. Architekt Hans Reidick vom FC Real Estate sagte der Rundschau: „Wir würden uns freuen, wenn wir die Begeisterung, die wir mit diesem visionären Projekt in der Fachwelt erleben, auch auf die Stadtverwaltung übertragen könnten.“

Innen Stahlbeton, außen Holzbaumodule

Die Stadt und der Investor sind demnach uneinig, wie der Weg aussehen soll vom Abbruch der Postbank-Filiale zum neuen 14-stöckigen Hybrid-Hochhaus aus Holz und Stahlbeton. Der Beton soll den Kern bilden, die Holzmodule die Außenhaut. Laut FC Real Estate fordert die Verwaltung unter anderem den klassischen Architekturwettbewerb, das Unternehmen fürchtet, dass die Klimaziele dabei nicht ausreichend beachtet werden, zudem viel Zeit verloren geht.

Eigentlich wollte das Unternehmen im Mai dieses Jahr mit dem Abbruch beginnen und bis 2023 das Haus fertig stellen (wir berichteten vor einem Jahr). Mehr als 50 Millionen Euro soll das kosten. Doch das war schon im Vorjahr ein sehr ambitionierter Zeitplan für das Vorhaben an der Lyoner Passage – der längst nicht mehr zu halten ist.

Politik will Holz als Rohstoff

Tatsächlich ist es in Köln politisch gewollt, Holz verstärkt als Baustoff einzusetzen, der Stadtrat hatte das 2019 für städtische Häuser beschlossen. Auch das Bündnis aus Grünen, CDU und Volt forciert den Holzbau, ebenso hat die schwarz-gelbe NRW-Landesregierung die Initiative „pro.Holz. NRW“ gegründet. Und die Stadt sagt zum Holzbau an Schulen: „Die modulare Holzbauweise bietet sowohl wirtschaftliche als auch ökologische Vorzüge.“ Bauen mit Holz ist im Trend, zumindest das Sprechen darüber, auch Gisela Manderla (CDU) setzt im Bundestagswahlkampf darauf, die Kandidatin hat das Thema für diese Woche auf ihren Terminplan gesetzt.

Eine der Fragen lautet: Kann Holz den Kohlenstoffdioxid-Ausstoß (Co2 ) mindern, der beim Bauen entsteht? Ja, sagen die Befürworter, Nein die Gegner. Zur ersten Gruppe zählt Annette Haffner vom Lehrstuhl Ressourceneffizientes Bauen der Ruhr-Uni Bochum, sie ist am Projekt in Chorweiler beteiligt. Ihrer Aussage nach kann das Hochhaus ein „aktiver Baustein zur Erreichung des klimaneutralen Gebäudebestandes bis 2050“ sein. „Holz hat die einzigartige Fähigkeit, CO2 -Emissionen zu reduzieren und CO2 aus der Atmosphäre zu entziehen.“ Es werde erst freigesetzt, wenn das Bauteil ersetzt und verbrannt wird.

Die Vertreter der Massiv-Bauweise sehen das anders, Ronald Rast, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau, sagt: „Mir ist keine Untersuchung bekannt, die zweifelsfrei belegt, dass ein Gebäude in Holzleichtbauweise über den gesamten Lebenszyklus eine bessere CO2 -Bilanz aufweist als ein vergleichbares Massivhaus aus mineralischen Baustoffen.“ Der Lobby-Streit läuft also.

Streit um das Baulandmodell

Doch was heißt das für Projekte wie in Chorweiler? Dabei geht es eher um die Frage, welche Auflagen der Investor erfüllen soll und wie lange der Bau dauert – die typischen Konflikte der Stadtentwicklung. Die Stadtverwaltung teilt zu dem Bau mit: „Grundsätzlich ist es kein Projekt von der Stange, alles ist Maßanzug. Hochambitionierte Projekte in Bezug auf Begrünung/Klimaschutz, soziale Ziele und Mobilität unterstützt die Stadt immer, allerdings mit der Maßgabe, dass wichtige städtische Regelungen – zum Beispiel das Kooperative Baulandmodell – bei der Umsetzung berücksichtigt werden und dass Verfahren möglich sind, die hohen Ambitionen verbindlich zu sichern.“

Denn über das Baulandmodell streiten Investor und Stadt, es verpflichtet Bauherren unter bestimmten Bedingungen, 30 Prozent der Wohnfläche mit einer gedeckelten Miete zu bauen. Doch der Investor bezweifelt, ob er am Ende tatsächlich so viele Wohnungen baut, dass das Modell angewendet werden muss. Die Untergrenze liegt bei 1800 Quadratmetern oder 20 Wohnungen. Diese Wohnungen gelten als wenig lukrativ. Der FC Real Estate sorgt sich, durch das Modell Jahre zu verlieren, das Unternehmen will viele Planverfahren parallel abarbeiten.

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Ohnehin glaubt Reidick nicht, dass es in Chorweiler noch mehr öffentlich geförderte Wohnungen braucht, der Stadtbezirk hat die höchste Quote mit mehr als 20 Prozent. „An nicht vielen Standorten in Deutschland können wir so kontrastreich den Fehlbedarf mit zukunftsweisender ökologischer und sozialer Stadtentwicklung belegen.“

Unter anderem plant der FC Real Estate ambulante Pflege, eine Poliklinik, eine Kindertagesstätte, Einzelhandel, Fitnessstudios, Büroräume und einen Demenzgarten für Senioren. Ein Trimmdich-Pfad soll auf das Dach führen, die Fassade begrünt sein, Schrebergärten für den Lebensmittel-Anbau dazu kommen. Deshalb lautet der Titel „Das essbare Dorf im Quartier“.

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