Sanierungsarbeiten der GAG-Wohnungen„Das Leben auf der Baustelle ist anstrengend“

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Auch wenn die Sanierungsarbeiten mitunter lästig sind: Die meisten Bewohner sind doch froh, dass keine „Heuschrecke“ übernommen hat.

Auch wenn die Sanierungsarbeiten mitunter lästig sind: Die meisten Bewohner sind doch froh, dass keine „Heuschrecke“ übernommen hat.

Chorweiler – Dank einer Förderung des Landes Nordrhein-Westfalen in Höhe von rund 110 Millionen Euro wird die GAG im Zentrum von Chorweiler nun zusätzlich zu den bereits laufenden Renovierungsmaßnahmen eine energetische Modernisierung durchführen können. Insgesamt investiert Kölns größte Vermieterin in den kommenden Jahren etwa 150 Millionen Euro in die rund 1200 vormals zwangsverwalteten Wohnungen. Doch wie ergeht es den Menschen in den Wohnungen? Serafima Selezneva (76) hat uns einen Einblick gewährt.

Serafima Selezneva wohnt seit genau 20 Jahren in der Osloer Straße in der zwölften Etage. „Ich habe hier alles miterlebt – es gab gute und schlechte Zeiten“, schildert sie mit Blick auf die wechselnden Besitzer des Hauses. Damals, als sie einzog, standen viele Wohnungen in dem Gebäude leer. „Ich konnte es mir aussuchen, und diese Wohnung hier passte im Preis und in der Größe“, erinnert sie sich. Noch immer ist ihre Miete günstig, und das schätzt sie auch. Geldsorgen sind bei vielen Anwohnern an der Tagesordnung, denn der Stadtteil ist für seine hohe Quote an Hartz-IV-Empfängern bekannt. Dennoch leben viele durchaus gerne hier, spricht sie für ihre Nachbarn und Mitbewohner.

Seit 2016 die GAG die Häuser übernommen hat, hat sich viel verändert.

Seit 2016 die GAG die Häuser übernommen hat, hat sich viel verändert.

In den ersten Jahren war die Wohnsituation sehr schwierig, erinnert sich Serafima Selezneva. Damals habe gar nichts mehr funktioniert. Die Häuser waren in Privatbesitz, und in den Erhalt der Wohnungen wurde nichts mehr investiert. Dann kam 2005 die Zwangsverwaltung. „Es war kein Geld da. Aber wir hatten einen Hausmeister, der immer ansprechbar war und der sich sehr gut kümmerte“, beschreibt sie die damalige Situation. Alles wurde sehr einfach und auf direktem Wege gelöst.

2016 hat die GAG die Häuser übernommen. Seitdem hat sich vieles verändert. Es wird nach Jahren des Stillstands endlich renoviert und saniert: Nach und nach werden Leitungsrohre erneuert und Bäder instand gesetzt. Die Maßnahmen können jedoch nur nach und nach gestemmt werden, zu groß ist der Sanierungsstau (die Rundschau berichtete).

Zeit und Kosten

Die GAG Immobilien AG hatte die ehemals 1200 zwangsverwalteten Wohnungen 2016 übernommen. Mit dem Tag der Übernahme begann die Überprüfung und Instandsetzung aller sicherheitsrelevanten Anlagen und Aspekte. Zusatzmaßnahmen, die sich aus Sachverständigen-Prüfberichten, Auflagen des Bauaufsichtsamtes und der Feuerwehr der Stadt ergaben, werden bis heute weiter bearbeitet.

2017 begann die Strang- und Badsanierung in den 208 Wohnungen an der Osloer Straße 3 und 5. Mit Strangsanierung bezeichnet man die Sanierung von Heizung, Wasser, Abwasser und Elektrik. Diese Arbeiten werden bis Ende März diesen Jahres abgeschlossen sein.

Im August 2018 begann die Sanierung an der Stockholmer Allee 5-34/Göteborgstraße 2, hier sind 589 Wohnungen betroffen. Diese Arbeiten sind in fünf Abschnitte unterteilt, rund ein Drittel der Wohnungen im ersten Bauabschnitt sind fertiggestellt.

An der Florenzer Straße werden die Planungen für die Strang- und Badsanierung in die Maßnahmen für die nun mögliche Modernisierung integriert und beginnen voraussichtlich 2022. Auch für die Osloer Straße und die Stockholmer Allee finden vorbereitende Maßnahmen zur Modernisierung statt. Der Abschluss aller Arbeiten in Chorweiler-Mitte ist für 2028 vorgesehen. Insgesamt investiert die GAG etwa 150 Millionen Euro. (jtb)

Für die Bewohner wird sich am Ende aber die Wohnsituation verbessern. Dennoch ist das Leben auf der Baustelle für alle Beteiligten anstrengend. „Ich war fünf Wochen ohne Badezimmer. Mein Nachbar hat diese Phase noch vor sich, bei ihm sind die Arbeiter schon seit sechs oder sogar sieben Wochen aktiv“, sagt Selezneva. Sie bedauert, dass es so lange dauert. In der Zeit der Rohrsanierung war ihre Küche gesperrt – vielen Nachbarn ging es ebenso. „Wir alle mussten Möbel in unseren Küchen und Bädern ausräumen und konnten nach den Arbeiten nicht alles wieder verwenden. Einiges musste daher auf den Sperrmüll wandern, und die Mieter mussten neue Möbel anschaffen“, sagt sie. Für viele Menschen hier fallen auch die Kleinigkeiten ins Gewicht – sie nennt ein Beispiel: Die Halterung des Duschvorhangs und die Lampen wurden abmontiert, aber nicht mehr wieder installiert.

Viele Anwohner müssen mit jedem Cent rechnen

Aber es sei auch viel schöner als vorher. „Ich bin zufrieden. Dass die Balkone und Fenster noch gemacht werden, ist toll.“ Allerdings haben viele Menschen, die hier wohnen, sehr wenig Geld. Es sind zwar oft nur kleine Ausgaben, die für Neuanschaffungen anfallen, aber die summieren sich, und seien es nur die neuen Haken für die Badezimmerwände. Viele Anwohner hier müssen mit jedem Cent rechnen.

Nichts anderes als ein Großprojekt hat die GAG mit der Übernahme der Wohnungen zu stemmen.

Nichts anderes als ein Großprojekt hat die GAG mit der Übernahme der Wohnungen zu stemmen.

Auch die neuen organisatorischen Strukturen machen manchen Anwohnern zu schaffen. Viele Bewohner sind schon älter. Es fällt ihnen nicht leicht, die Neuerungen mitzumachen. Viele leiden unter der Umbruchsituation. Als Bewohner habe man oft das Gefühl, nicht recht Bescheid zu wissen, was als nächstes passiert. „Die GAG schaut sicher in die Zukunft und hat im Blick, wie diese Wohnungen hier langfristig erhalten werden können. Dennoch gibt es Tage, an denen einfach alles so dreckig ist, dass ich mich schäme, wenn Besuch kommt“, sagt sie – keine Frage, Serafima Selezneva wird froh sein, wenn „ihr“ Haus fertig ist. Und wichtig ist ihr auch, noch einmal zu betonen, wie froh sie und ihre Nachbarn sind, dass die Häuser nicht an eine Immobilien-„Heuschrecke“ gegangen sind.

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