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Worringer AueKölner ärgert versperrter Zugang zum Rhein

Lesezeit 5 Minuten
Glanrinder sollen zukünftig in der Worringer Rheinaue dafür sorgen, dass der Lebensraum von seltenen Vögeln besser geschützt ist. Diese Idee trifft in der Worringer Bürgerschaft allerdings nicht immer auf Zustimmung.

Glanrinder sollen zukünftig in der Worringer Rheinaue dafür sorgen, dass der Lebensraum von seltenen Vögeln besser geschützt ist. Diese Idee trifft in der Worringer Bürgerschaft allerdings nicht immer auf Zustimmung.

Köln-Worringen – Zunächst kamen die Zäune, dann kamen die Rinder. Die Rede ist von der weiteren Realisierung des „Pflege- und Entwicklungsplans 2014“ (PEPL), der schon im Jahr 2000 für die Flächen am Rheinufer von Merkenich über Langel bis hin zu Worringen erstellt und 2014 zuletzt überarbeitet wurde. Nun, fünf Jahre später, hat die Stadtverwaltung gemeinsam mit Straßen.NRW einen neuen Lebensraum für eine Herde von Glanrindern geschaffen. Die alte Haustierrasse ist vom Aussterben bedroht. Mit der Ansiedlung will man allerdings zugleich den Wiesenbrüter, einen ebenfalls bedrohten Vogel, schützen. Denn dieser wird bisher, so erklären es die Verantwortlichen, allzu oft von Spaziergängern und deren freilaufenden Hunden gestört.

Zwar herrscht im gesamten Naturschutzgebiet Anleinpflicht, doch daran hält sich kaum einer. „Der Wiesenbrüter hat sich schon zurück entwickelt“, weiß etwa Anja Esser, Straßen NRW. Durch die Beruhigung des Gebietes haben Vögel in Zukunft bessere Bedingungen, Nistplätze anzulegen und ihre Brut aufzuziehen. Die Worringer Rheinaue ist aber weiterhin auch für Erholungssuchende zugänglich – so ist die Idee des Konzeptes.

Das empfinden viele Anwohner jedoch offensichtlich ganz anders. Seit Tagen wird etwa auf Facebook diskutiert. „Ich finde es traurig das man nicht mehr da spazieren darf. Warum? Weil einige sich nicht an die Regeln halten können, Hunde frei laufen lassen und Müll liegen lassen“, schreibt eine Dame. „Ich finde es eine Riesen-Frechheit“, schreibt die nächste. Schnell werden die Menschen konkreter: „Hier geht es nicht um frei laufende Hunde, die sind schon seit über einem Jahrzehnt im Naturschutzgebiet Rheinauen anzuleinen. Hier geht es darum, eines Kulturguts enteignet worden zu sein. Uns ist ein Teil Worringens, ein Lebensraum genommen – so empfinde ich das“.

„Man muss auch kompromissbereit sein"

Auch der Worringer Bürgerverein sieht die Maßnahmen trotz allen Verständnisses für den Naturschutz kritisch. „Die Maßnahme wäre eine Kollektivbestrafung, die durch schärfere Kontrolle durch das Ordnungsamt vermieden werden könnte, und sie trifft alle Bürger“, meldet Vorsitzender Kaspar Dick auf den Internetseiten von „Worringen pur“ Bedenken an. Allerdings schreibt er auch: „Die leider immer wieder auftretende Missachtung des Landschaftsschutzgebietes durch rücksichtslose Vermüller und Hundebesitzer, die die Anleinpflicht missachten und ihre Hunde Vögel und Wild jagen lassen, wird dazu führen, dass allen „Anwohnern“ der Zugang zu ihrem Fluss verwehrt wird“ - keine Frage, die Anwohner kennen die Probleme, die es hier gibt.

Viele schätzen die Nähe zum Rheinufer: „Die alt eingesessenen Worringer sind ihr ganzes Leben lang mit ihren Kindern an den Rhein gegangen, jetzt wurden die Zäune bis ans Wasser gezogen“, kritisiert Beisitzer Karl Johann Rellecke. Die Menschen seien seit Generationen gewohnt, diese Wege zu nutzen. Und viele würden sich auch sehr stark für den Schutz der Natur engagieren. „Ich könnte damit leben, dass der Weg in Richtung Langel gesperrt wird. Man muss auch kompromissbereit sein“, so Rellecke. Aber wenn die Wege dauerhaft in beide Richtungen gesperrt bleiben, dann sehe er auch Dauerkonflikte aufkommen. Rellecke spricht dabei vom Werthweg, der das Gebiet bislang teilt: Der Weg an sich geht bis an den Rhein heran, rechts und links sind die Zäune für die Glanrinder gezogen worden.

Veranstaltung

Am heutigen Dienstag, 7. Mai, um 18 Uhr, lädt Straßen.NRW zu einer Informationsveranstaltung zum Thema ein. Diese findet im Vereinshaus Worringen, St.-Tönnis-Straße 68, statt. Fachleute von Straßen.NRW und der Stadt Köln stellen dort das Projekt vor. (jtb)

In der Tat wurden bereits jetzt Zäune beschädigt: Zwar betrifft dies die Seite der Einzäunung, wo die Rinder noch nicht grasen, immerhin kann den Tieren nichts passieren. Dennoch zeugt diese Tatsache davon, dass die Maßnahme auf Protest stößt. Auch Michael Hundt, Vorsitzender der Kölner Jägerschaft, kennt die Situation: „Es gibt einen Interessenkonflikt zwischen der Notwendigkeit des Naturschutzes und dem Erholungsdruck der Menschen“, formuliert er. Die Idee, mit Hilfe von großen Weidetieren, die Besucher auf bestimmte Wege zu verweisen, habe sich schon häufig als gut bewiesen. „Wenn wir Naturräume, wie zum Beispiel die Räume, die ein Wiesenbrüter braucht, schützen wollen, müssen wir den Erholungsverkehr in Bahnen lenken“, so Hundt. Wichtig sei aber auch, dass man einen Ausgleich schaffe und für alle Beteiligten einen Kompromiss finde. „Eine solche Maßnahme muss von einer breiten Basis akzeptiert werden“, weiß er.

Pläne für die Worringer Rheinaue

Die Fläche in der Worringer Rheinaue ist eine Ausgleichsfläche für den Ausbau der Bundesautobahn A1 zwischen Anschlussstelle Köln-Niehl und Autobahnkreuz Leverkusen-West einschließlich des Neubaus der Rheinbrücke Leverkusen. Die Auswahl der jetzt eingezäunten Fläche begründet sich in dem Pflege- und Entwicklungsplan (PEPL) der Stadt Köln, hier wurde die Fläche als Extensivgrünland mit Ganzjahresbeweidung oder extensive Saisonbeweidung mit Großvieh aufgeführt.

Die Wahl der Ausgleichsmaßnahme wurde von der Stadtverwaltung vorgegeben, Straßen.NRW setzt die Maßnahme federführend um. Die Saisonbeweidung findet in Zukunft vom 1. April bis zum 30. September jeden Jahres durch Glanrinder statt. Aktuell befinden sich 20 Tiere auf den Wiesen – acht Mutterkühe mit acht Kälbchen, drei Jungrinder und ein Bulle.

Die Weideflächen sind durch Zäune getrennt, im Westen befinden sich etwa vier Hektar, im Osten etwa 17 Hektar. Die Flächen sind durch den zusätzlichen Zugang der Anwohner zum Rhein voneinander getrennt, es ist die Verlängerung des Werthwegs. Parallel zum Rhein ist eine permanente Einzäunung vorgesehen, quer zum Rhein bis zum Ufer ist eine saisonale Einzäunung geplant. Von November bis März wird diese offen bleiben. Weiterhin besteht ein unbefestigter Weg entlang der Weidefläche, somit ist ein Rundweg Richtung Osten vorhanden. (jtb)

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