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Christopher Street DayDie längste Parade des Cologne Pride

Lesezeit 4 Minuten
Bunt ging es zu bei der Parade durch Köln.

Bunt ging es zu bei der Parade durch Köln.

Köln – Die Regenbogenfahnen sind jetzt gemachte Sache. Dieses Mal noch sei es eine kleine bürokratische Herausforderung gewesen, rechtzeitig auf allen Masten der Deutzer Brücke zur großen Parade die Fahne hissen zu lassen, die für die Vielfalt der Lebensformen steht. Doch Organisator Jörg Kalitowitsch rang bei der Eröffnung der Parade am Sonntag Oberbürgermeisterin Henriette Reker ein Versprechen ab: „Die werden jetzt immer zum Christopher Street Day (CSD) wehen – ohne Probleme.“ Mehr noch: Die Verwaltungschefin will unterstützen, dass ab kommenden Jahr auch ein Wagen der Stadtverwaltung mitgeht.

Ohne Versprechen ließ Kalitowitsch so gut wie keinen seiner Ehrengäste zum Startschuss des CSD-Parade davonkommen. Claudia Roth, stellvertretende Bundestagspräsidentin, musste versichern, dass sie sich dafür stark machen werde, „Mutti“ im kommenden Jahr zum CSD nach Köln mitzubringen. Die Grünen-Politikerin versprach mit dem von ihr gewohnten Enthusiasmus, mit Angela Merkel darüber zu reden – gab aber zu bedenken: „Wenn sie 2019 noch Bundeskanzlerin ist.“

Die Versprechen für die Zukunft standen auch dafür, dass Schwule, Lesben sowie Bi- und Transsexuelle nicht nachlassen wollen, für ihre Rechte einzustehen – und vor allem für den Erhalt der erreichten Rechte zu kämpfen. Das werde nämlich immer notwendiger in Zeiten, in denen die AfD damit drohe, die Ehe für alle wieder abschaffen zu wollen. Und immer noch sei es keine Selbstverständlichkeit, sich zu seiner wie auch immer gearteten Sexualität zu bekennen. „Die Selbstmordrate unter Homosexuellen liegt drei Mal höher als der Durchschnitt“, rief Jens Pielhau vom Kölner Lesben- und Schwulentag vom Wagen runter. Der Weg zum „Coming out“ sei immer noch ein steiniger – und darum auch das Motto des diesjährigen CSD: „Coming out in deinem Style.“

Alles zum Thema Henriette Reker

Noah (20) steht in Hörweite des ersten Wagens der CSD-Parade auf der Deutzer Brücke, wo die Eröffnung stattfindet. Der Wind weht gerade die Stimme von Ralph Sterck rüber, FDP-Fraktionsvorsitzender im Kölner Stadtrat. „Für mein Coming out habe ich mir viel zu lange Zeit genommen, und es gab einen großen Knall im Büro und in der Familie“, berichtet der Politiker. Noahs öffentliches Bekenntnis liegt nur wenige Monate zurück. Im Mai, auf der Bühne des CSD Paderborn, hat er sich und allen Anwesenden eingestanden homosexuell zu sein. „Das war cool“, erinnert er sich. Und doch auch ein Problem. „Ich habe danach Freunde verloren.“ Auf der Arbeit – bei einem großen deutschen Staatsunternehmen – sah sich der 20-Jährige danach Diskriminierungen ausgesetzt.

Und dann gibt es noch ein Problem für Noah. Seiner Familie kann er seine Homosexualität nicht gestehen. Vor zwei Jahren ist der junge Mann nämlich aus Syrien nach Deutschland gekommen. Die Familie ist noch in der Heimat. Unabhängig davon, wie die Eltern zu einem Schwulsein stehen: „Würde mein Coming out dort bekannt, meine Familie bekäme Ärger“, sagt er. Seine Freude am Cologne Pride schmälert das aber nicht. Das Gefühl, zu seiner Sexualität zu stehen, beflügelt ihn.

Prominenz unter den Teilnehmern

Alex (21) geht nur ein paar Wagen hinter Noah bei der Parade mit. Vor fünf Jahren, mit 16, hat er sich zu seiner Homosexualität bekannt. „Ich war gerade in den USA. Die andere Umgebung, die anderen Menschen haben es mir leichter gemacht.“ Und seine Familie? „Denen habe ich es danach auch erzählt. Die gehen aber eher gleichgültig damit um“, sagt er etwas resigniert. Er lebt in Köln. Hier könne er seine Sexualität nahezu problemlos bekennen und leben. In der Heimat seiner Eltern, bei Hagen, sei das schon schwieriger. „Dort schweige ich das Thema lieber tot.“

Noah und Alex waren Teil der längsten CSD-Parade seit Einführung. Über 130 Gruppen waren in diesem Jahr bei dem Demonstrationszug durch die Innenstadt dabei. Für die Zuschauer gab es einiges zu sehen: viel Fleisch, schwindelerregende Absätze und auch den ein oder anderen Promi. Beispielsweise die Schauspielerin Jackie Cruz aus der „Serie Orange is the New Black“ war auf einem Wagen dabei, der unter dem Serienlogo fuhr.

Der 1. FC Köln bot Zuschauern, Teilnehmern und vor allem seinen Fans einen ganz besonderen Anblick. Die Wagencrew um Vizepräsident Toni Schumacher trug erstmals das neue Auswärtstrikot.

Einer der Wagen erinnerte an die Straße „wo alles begann“. Er war gekleidet in eine Ansicht der New Yorker Straße Christopher Street, dem Zentrum der nordamerikanischen Schwulenbewegung. Traditionell waren auch wieder Kölner „Institutionen“ bei der Parade vertreten: Unter anderem ein Wagen von Ford, der KVB und auch der Sparkasse.

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