Cirque BouffonUkrainer und Russen spielen kostenlos für Geflüchtete

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Die internationale Zirkus-Familie rückte nach dem Angriff auf die Ukraine noch enger zusammen.

Köln – Ein Akkordeon-Spieler aus Russland. Ein ukrainischer Komponist sowie Kontrabass-Spieler. Eine griechisch-mongolische Cellistin und Performance-Künstlerin: „International“ beschreibt das Team des Cirque Bouffon am Besten. Gegründet wurde der Zirkus 1999 von dem Franzosen Frédéric Zipperlin und der Deutschen Anja Krips.

Die aktuelle Besetzung umfasst neben weiteren Französinnen und Franzosen sowie Deutschen auch Menschen aus Indien, der Schweiz und den USA. In den Proben wird französisch, deutsch und englisch gesprochen. Zur Not würde Pantomimisch kommuniziert, erklärt der Regisseur Zipperlin lachend.

Herkünfte im Team waren kein Thema

Im Zeichen des Angriffskriegs auf die Ukraine sei man noch enger als Familie zusammengerückt. Dass im Ensemble sowohl jemand arbeitet, der ursprünglich aus Russland kommt als auch ein Ukrainer, sei kein Thema gewesen. „Wir haben natürlich über die Situation gesprochen, und wir haben alle dieselbe Meinung: Krieg ist schrecklich“, sagt Zipperlin.

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Bevor eine Show aufgeführt werde, bereite sich das Team etwa ein Jahr zusammen vor. „Wir machen Workshops und Theaterarbeit, um eine Chemie zu kreieren“, sagt Zipperlin. Es sei wichtig, dass man sich kenne und vertraue.

Es ist ein kleineres Ensemble. Jede und jeder müsse Requisiten tragen und sich gegenseitig unterstützen, so Zipperlin. „Wir sind eine Familie. Und ich denke das macht den Unterschied unserer Show aus“, erklärt er. So achte er beim Casting stets darauf, wie die Künstlerinnen und Künstler auch als Menschen seien.

Das kostenlose Spielen für Geflüchtete ist Tradition

Und obwohl sie als kleines Team selbst wirtschaftlich zu kämpfen haben, ist mittwochs und donnerstags abends Platz für jeweils dreißig Geflüchtete aus der Ukraine, die die Show kostenlos ansehen können. „Das haben wir immer schon so gemacht, zum Beispiel mit Geflüchteten aus Syrien. Oder in Bielefeld haben wir Menschen aus Bethel eingeladen“,erläutert Zipperlin.

In Gelsenkirchen hat das Ensemble eine Show auf Spendenbasis gespielt und für die Geflüchteten aus der Ukraine über zweieinhalb Tausend Euro eingenommen. „Zirkus ist eine der letzten Künste, die offen für alle sind. Wir sind ein Visuell-Theater. Wir arbeiten mit Musik und das ist eine universelle Sprache“, sagt Zipperlin. Dies unterstreichen alle im Team. „Während der Show herrscht ein Gefühl der Einheit mit den Geflüchteten.

Wir lachen gemeinsam“, erzählt der aus der Schweiz stammende Clown Antonin Wicky. „Das erinnert uns daran, warum wir diese Arbeit so gern machen. Wir sorgen für Ablenkung .“

Viele Geflüchtete bedanken sich nach Show

Auch Rudik Yakhin, ursprünglich aus Russland, erzählt, dass viele Geflüchtete nach der Show zu ihnen kommen und sich bedanken. „Jetzt habe ich noch mehr ukrainische Freunde und Freundinnen“, sagt er lächelnd. „Ich war die ganze Woche unterwegs und habe als Dolmetscher ausgeholfen.“ Sie seien froh, einen kleinen Beitrag zu leisten, unterstreicht auch Regisseur Frédéric Zipperlin: „Das was wir geben können, ist unsere Kunst.“

Dies ist im Publikum eindeutig zu spüren. Mit Beginn der Show sind die Zuschauenden gebannt und fasziniert. Lautes Lachen, Jubel und Pfeifen ist zu hören. Niemand scheut sich, mitzumachen. Bei Musikeinlagen wird geschunkelt. Beim Duo-Trapez wechseln sich Anspannung und Begeisterung ab. Der Clown provoziert schallendes Gelächter.

Am Ende gibt es standing Ovations für das Ensemble. Die Augen tränen – mal aus Rührung, mal vor Lachen. Durch das Zelt schwebt ein Gefühl von Leichtigkeit. „Unser Ziel ist: Zeit entschleunigen und das Herz berühren“, sagt Anja Krips zum Ende der Vorstellung. Das scheint bei allen gelungen zu sein. Noch bis zum 22. Mai gastieren sie auf dem Vorplatz des Schokoladenmuseums.

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