Datenkraken auf zwei RädernE-Scooter-Firmen machen nicht nur über Leihgebühr Gewinne

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Dicht an dicht: E-Scooter prägen immer mehr das Stadtbild.

Dicht an dicht: E-Scooter prägen immer mehr das Stadtbild.

Köln – Da sind sie wieder, die E-Scooter. Die Temperatur steigt, der Corona-Inzidenzwert sinkt, und die Zahl der elektrisch angetriebenen Leih-Tretroller nimmt zu. Kürzlich erst vermeldete der Anbieter „Bolt“, nun auch auf dem Kölner Markt vertreten zu ein. Damit buhlen nunmehr sieben Unternehmen mit rund 8000 E-Scootern in Köln um zumeist junge Kunden. Lässt sich bei dieser Fülle überhaupt noch ein Geschäft machen? Ja, wenn das Geschäftsmodell nicht allein darauf beruht, dass die Kunden fürs Fahren bezahlen, sondern sich fürs Buchen über eine App anmelden. Unter Experten sind die E-Scooter als „Datenkraken“ verschrien.

Anbieter

Sieben E-Scooter-Verleiher gibt es mittlerweile in Köln: Puh, Lime, Tier, Bird, Spin, Dott, Voi und Bolt.

300 Leihräder stellt nun zudem das Unternehmen Lime in Köln auf und stößt damit in diesen Markt vor, der vor allem vom „KVB-Rad“ und „Call a bike“ dominiert wird.

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Städte könnten Abnehmer für Bewegungsdaten sein

Roman Suthold ist Verkehrsexperte beim ADAC Nordrhein und Dozent an der Hochschule Fresenius. Für seine Vorlesungen hat er sich unter anderem Geschäftsmodelle im Mobilitätsbereich angeschaut. Er kommt zu dem griffigen Schluss: „Wenn Daten das Öl der Zukunft sind, dann sind unter anderem E-Scooter die Ölplattformen.“ Dafür, dass so viele dieser Unternehmen auf den Markt drängen, hat der Experte eine Erklärung: „Es gibt viel billiges Geld.“ Wenn da ein Start up mit einem digitalen Geschäftsmodell bei den Geldgebern anklopfe, sei der Kredit schon so gut wie gewährt.

Ein potenzieller Abnehmer der durch E-Roller gewonnenen Bewegungsdaten könnten zum Beispiel Städte sein. Mit den aus den Scootern gewonnen Erkenntnissen ließen sich der Verkehrsströme gezielter planen. Doch genau an dieser Stelle gehe die Rechnung oftmals nicht auf. „Die meisten Städte kaufen diese Daten eben nicht“, sagt Suthold. Das sei mit ein Grund, warum viele Leihrad-Anbieter, die anfänglich Städte regelrecht mit Rädern geflutet hätten, mit der Zeit auch wieder verschwunden seien.

Zugriff auf Fotos und andere persönliche Daten

Doch mit Bewegungsprofilen alleine ist der Hunger der E-Scooter-Apps noch lange nicht gesättigt. Einige App-Stores geben ein wenig Einblick: Da ist beispielsweise zu lesen, dass bei Nutzung auch der Zugriff auf die Fotos oder vertrauliche Daten möglich ist. Darum empfiehlt Klaus Palenberg, Referent für Datenschutz bei der Verbraucherzentrale NRW, sich vor dem Download zu informieren. „Das bei der Ausleihe eines E-Scooters die Kamera zum scannen eines QR-Codes freigegeben werden muss, leuchtet ein“, sagt Palenberg. „Aber wofür muss der Zugriff auf die Kamera permanent erlaubt werden?“ Am Ende sei es eine Abwägung, wie viel Datenfreigebigkeit für den Fahrspaß noch okay ist. Jedoch, das muss der Experte zugestehen, sich zu informieren ist nicht immer leicht.

Oft sind die Angaben über den Datenzugriff im App-Store nebulös. Was bitte ist unter „Produktinteraktion“ zu verstehen? Was genau sind „sonstige Nutzungsdaten“? Wird das von den oft jungen Nutzern, die aufspringe und losdüsen wollen wirklich hinterfragt? „Vor Corona hätte ich gesagt, wohl kaum. Doch durch die Diskussionen um die Corona-Warnapp verzeichnen wird gerade bei jüngeren Menschen eine kritischeres Hinterfragen“, sagt der Verbraucherschützer.

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Die nebulösen Angaben einiger Anbieter hat die Datenschutzbeauftragte des Landes NRW kritisch im Blick. Ein Sprecher: „Nutzer müssen erkennen können, welche Daten zu welchem Zweck und von wem erhoben werden. Die Anbieter von E-Scootern sind verpflichtet, durch geeignete Maßnahmen den Schutz der personenbezogenen Daten ihrer Kunden sicherzustellen.“

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