Der lange Weg zum Ökostrom-LieferantenRheinenergie will bis 2040 klimaneutral werden

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Bei der Ausschreibung der Stadt mit der Vorgabe „100 Prozent Ökostrom aus erneuerbaren Energiequellen“ war die Rheinenergie gescheitert.

Köln – Die Nachricht, dass die Stadt Köln ab 1. Januar für ihre rund 2800 Gebäude keinen Strom mehr von der Rheinenergie bezieht (wir berichteten), hat ein Schlaglicht auf die Frage geworfen, wie sich der städtische Versorger in Zukunft aufstellt. Bei der Ausschreibung der Stadt mit der Vorgabe „100 Prozent Ökostrom aus erneuerbaren Energiequellen“ war er gescheitert. Eine Bürgerinitative fordert, dass die Rheinenergie ab 2030 nur noch Ökostrom liefert. Antworten auf wichtige Fragen.

Warum hat die Rheinenergie den Auftrag verloren?

Weil Lichtblick SE den Strom billiger angeboten hat. Gemäß EU-Recht musste die Stadt den Auftrag ausschreiben, durfte ihn nicht einfach so vergeben. Der Preis war neben der vom Stadtrat beschlossenen Vorgabe „100 Prozent Ökostrom“ das einzige Kriterium. Die Verwaltung hatte keine weiteren Vorgaben gemacht, wie etwa, dass Bieter eigene Anlagen zur Ökostrom-Erzeugung betreiben müssen.

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Daten: Rheinenergie/Klimawende Köln.

Wer liefert jetzt den Strom an die Stadt?

Die Lichtblick SE mit Sitz in Hamburg, sie gehört zum niederländischen Stromkonzern Eneco. Der war 1995 aus den Stadtwerken Den Haag, Dordrecht und Rotterdam hervorgegangen und gehört heute den japanischen Konzernen Mitsubishi und Chubu Electric Power. Lichtblick verkaufte 2020 rund 3000 Gigawattstunden, liefert an Privatkunden Ökostrom aus 100 Prozent deutscher Wasserkraft. Bei Groß- und Gewerbekunden kommen auch Ökostrommengen aus dem Ausland zum Einsatz. Eigene Anlagen zur Stromerzeugung betreibt Lichtblick bisher nicht, will aber 2021 in die Produktion einsteigen.

Was will die Bürgerinitiative „Klimawende Köln“?

Seit September sammelt sie Unterschriften für ein Bürgerbegehren: Ab 2030 soll die Rheinenergie nur noch Strom aus erneuerbaren Quellen liefern. Gemeint ist der gehandelte und der selbst erzeugte Strom.

Kommentar: Michael Fuchs zur Zukunft der Rheinenergie

Dass die Rheinenergie ab 1. Januar keinen Strom mehr für die Gebäude der Stadt Köln liefert, ist  wirtschaftlich kein Beinbruch,   hat aber Symbolkraft. Statt mit ihrer Stromrechnung  den Ausbau erneuerbarer Energien in der Region zu fördern, zahlt die Stadt   künftig zig Millionen an die Tochter eines japanischen Konzerns. Denn bei der Ausschreibung zählte am Ende nur der Preis. 2021 könnte die Rheinenergie, die  149 eigene Anlagen zur regenerativen Stromerzeugung betreibt, per Bürgerbegehren zur Umstellung auf 100 Prozent  Ökostrom bis 2030 verpflichtet werden.

Das hieße, auch das hochmoderne Gaskraftwerk in Niehl abzuschalten, das Tausende Haushalte mit  Fernwärme versorgt. Wer das verlangt,   muss  schlüssig darlegen, wie der Energiebedarf alternativ gedeckt werden kann und zu welchem Preis.  Die Rheinenergie stützt bisher mit ihren Gewinnen den städtischen Haushalt, gleicht die Defizite der Verkehrsbetriebe und Bäder aus, engagiert sich für Soziales, Kultur und Sport. Damit sie wirtschaftlich stark bleibt und das auch in Zukunft leisten  kann, sollte die Stadt ihr die Zeit geben, die sie braucht, um den tiefgreifenden Wandel hin zu nachhaltiger Energiewirtschaft zu vollziehen. koeln@kr-redaktion.de

Woher kommt der Strom der Rheinenergie bisher?

Sie bezieht den größten Teil des an die Kunden gelieferten Stroms von der Strombörse. 2018 stammten davon 45,6 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen (siehe Grafik). Im Bundesdurchschnitt waren es weniger, nämlich 38,2 Prozent.

Was ist mit dem Strom, den die Rheinenergie erzeugt?

Von 6402 Gigawattstunden selbst erzeugten Stroms kamen 379 Gigawattstunden aus 149 eigenen Anlagen zur regenerativen Stromerzeugung, wieWindkraft und Photovoltaik. Das entspricht einem Anteil von 5,9 Prozent (siehe Grafik). Der Rest kam aus Erdgas , Braunkohle und dem Steinkohlekraftwerk Rostock, an dem die Rheinenergie 49,6 Prozent der Anteile hält.

Was kritisiert die Bürgerinitiative?

Sie bemängelt, dass die Kölner Kraftwerke der Rheinenergie pro Jahr rund 2,2 Millionen Tonnen Kohlendioxid ausstoßen, davon 1,8 Millionen Tonnen aus dem hochmodernen Gaskraftwerk Niehl III. Dieses sei mitnichten nachhaltig, da es große Mengen fossilen Brennstoffs verbrenne. Das Unternehmen müsse stattdessen in erneuerbare Energien investieren, damit Köln seine Klimaziele erreiche. Die Rheinenergie argumentiert, dass seine Gaskraftwerke auch Fernwärme produzieren und als Brückentechnologie für die Energiewende gebraucht werden.

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Wie ließe sich auf 100 Prozent Ökostrom umstellen?

Die Rheinenergie will bis 2030 Privatkunden klimaneutral mit Strom versorgen, betont aber, dass die Umstellung der Gesamtversorgung auch für größere Industriekunden erst ab 2040 machbar sei. Der von „Klimawende Köln“ geforderte schnelle Umstieg werde das Unternehmen und damit die Stadt ab 2030 mehr als 200 Millionen Euro jährlich kosten. Dem widerspricht die Initiative. Steigende Preise für Kohlendioxid-Emissionen würden dazu führen, dass sich ein rascher Umstieg auf klimaneutrale Energieerzeugung auch wirtschaftlich lohne.

Wie läuft das Bürgerbegehren ab?

Knapp 25 000 Unterschriften werden benötigt. Kommen sie zusammen, muss der Stadtrat das Begehren umsetzen oder einen formalen Bürgerentscheid durchführen. Wie viele Unterschriften bisher vorliegen, wollte ein Sprecher der Initiative auf Nachfrage nicht sagen.

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