Deutsche WelleNeuer Asbest-Verdacht könnte Bauprojekt verzögern

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Nachbarn auf Zeit: Der Turm des Deutschlandfunks mit den Buchstaben DLF auf dem Dach (links) steht nur 35 Meter entfernt vom früheren Studioturm (orange), dem Aufzugturm (verdeckt) und dem Büroturm (blau/grün) der Deutschen Welle.

Nachbarn auf Zeit: Der Turm des Deutschlandfunks mit den Buchstaben DLF auf dem Dach (links) steht nur 35 Meter entfernt vom früheren Studioturm (orange), dem Aufzugturm (verdeckt) und dem Büroturm (blau/grün) der Deutschen Welle.

Köln – Eine mögliche neue Asbestbelastung könnte das Neubauprojekt mit rund 700 Wohnungen auf dem früheren Areal der Deutschen Welle verzögern. Dabei geht es jeweils um den kleinen Spalt zwischen den Stahlträgern und den Bodenplatten in den alten Hochhäusern der Welle, sie ist der staatliche Auslandsrundfunk der Bundesrepublik. „Es besteht die Gefahr einer Asbestbelastung“, sagt Holger Römer, Sprecher der Zech-Gruppe, deren Tochter Wohnkompanie das Areal gerade für die Quartiersentwicklung namens „Welle“ vorbereitet.

Entwickler investiert 350 Millionen Euro

Mittels eines aufwendigen Verfahrens befreit eine Spezialfirma seit mehreren Monaten die Türme von Asbest (die Rundschau berichtete). Dabei handelt es sich um den Studioturm (85 Meter), den Aufzugturm (139 Meter) und den Büroturm (120 Turm). Im Jahr 2003 war die Deutsche Welle nach Bonn gezogen, seither stand das Trio leer.

Auf 55.000 Quadratmetern – also einer Fläche von rund acht Fußballfeldern – sollen mehr als 700 Wohnungen entstehen, zudem Kitas und Gewerbe. Rund 350 Millionen Euro investieren Wohnkompanie und das Unternehmen Bauwens laut eigener Aussage.

Vor allem Studio- und Büroturm teilen das Schicksal vieler Bauten aus den 70er-Jahren: Asbest. Die Minerale kommen unter anderem in Platten für den Hochbau vor. Das Umweltbundesamt schreibt zu: „Asbest ist ein eindeutig krebserregender Stoff.“ Er zerteilt sich in viele feien Fasern, deshalb ist die Entfernung sehr aufwendig, die Arbeiter müssen für die Sanierung Schleusen passieren, der Asbest luftdicht verpackt werden.

Gutachter betreuen diese Sanierung, schauen sich die Räume nach der Asbest-Entfernung an, „messen sie frei“, wie Römer sagt. Dabei fiel ihr Blick auf den Bereich zwischen Stahlträgern und Böden. Sollte sich der Asbest-Verdacht bestätigen, müssten die Böden laut Römer auch noch raus. Dadurch dauert es länger und kostet mehr.

Die Frage ist: Wie bricht die Wohnkompanie die Türme ab? Eigentlich sollten sie schon im Frühjahr 2017 gesprengt werden, also längst Geschichte seien. Doch die Genehmigung zur Sanierung ließ länger als geplant auf sich warten. Denn die Türme einfach abreißen geht nicht, vorher müssen sie eben Asbest-frei sein.

Eine Entscheidung soll im Juli fallen, es läuft auf zwei Varianten hinaus. Nummer eins: Der Rückbau, also per Kran Stockwerk für Stockwerk. Römer geht von rund einem Jahr aus, das wäre im Sommer 2019. Auch wenn ein Staubfänger zum Schutz der Nachbarn eingesetzt würde, sagt er: „Das ist täglich mit einer entsprechenden Geräuschkulisse und Staubentwicklung verbunden.“ Variante zwei: Die Sprengung, vorher müssten die Arbeiter die Böden entfernen, damit Asbestfasern nicht freigesetzt werden. Römer geht von sechs Monaten aus, danach benötigt der Sprengmeister weitere drei. Vor Frühjahr 2019 wäre es nichts mit der Sprengung, es wäre das höchste gesprengte Gebäude Europas. Römer sagt: „Wir bevorzugen die Sprengung.“

Doch nur 35 Meter davon entfernt produziert das Deutschlandradio in seinem Funkhaus das Programm Deutschlandfunk Nova, mehr als 500 Angestellte gehen dort täglich ein und aus. Beide Areale sind über eine gemeinsame Bodenplatte miteinander verbunden. Laut Sprecher Jörg Schumacher steht der Rundfunksender einer baulichen Entwicklung auf dem ehemaligen Gelände der Deutschen Welle grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber, er sagt aber: „Die Bewertungen zahlreicher Sachverständiger erwarten im Falle einer Sprengung erhebliche Risiken für den Sendebetrieb.“

Deutschlandradio fürchtet negative Auswirkungen

Mittel- und längerfristige Auswirkungen seien wahrscheinlich, die Fortsetzung des Sendebetriebs sei nicht gesichert – zumal das Deutschlandradio eine gesetzliche Sendeverpflichtung habe. „Aus diesen Gründen halten wir eine Sprengung für nicht vertretbar“, sagt Schumacher.

Aber auch andere Abrissmethoden will der Sender auf mögliche Nachteile für sich überprüfen. Zur Frage, ob der Sender eine Klage im Falle einer Sprengung erwägt, äußerte sich das Unternehmen am Mittwoch nicht.

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