Die große VerwirrungNun dürfen doch wieder mehr Zuschauer in die Säle

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Veranstalter dürfen ab Mittwoch mehr als 20 Prozent der Gesamtkapazität zulassen.

Köln – Der Ärger in der Veranstaltungsbranche war groß in der vergangenen Woche. Mit erfolgreichen Hygienekonzepten hatten Bühnen und Säle in den vergangenen Monaten für sichere Kulturveranstaltungen gesorgt. Doch dann der unerwartete Schock am Dienstag. Das Land Nordrhein-Westfalen hatte beschlossen: Kulturveranstaltungen in Innenräumen dürfen nur noch mit maximal 250 Gästen stattfinden – und das Schlimmste: nur noch mit maximal 20 Prozent der ursprünglichen Kapazität.

Vor allem für kleinere Bühnen ein K.O.-Kriterium. Auch Oberbürgermeisterin Henriette Reker kritisierte die Regel am vergangenen Freitag. Der Protest kam schnell – und hat nun offensichtlich Erfolg. So richtig klar war  am Montag kaum jemandem, wie die Lage ist. Nicht den Kulturschaffenden, nicht dem Gesundheitsministerium und lange auch der Stadt nicht. Die teilte am späten Montagnachmittag dann aber mit: Ab Mittwoch gibt es die 20-Prozent-Regelung nicht mehr.

Ein kleiner Hoffnungsschimmer

Doch der Reihe nach: Am Samstag trat die neue Corona-Schutzverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen in Kraft. Für Veranstalter bedeutete das bei einer Inzidenzzahl (Neuinfektionen in den vergangenen sieben Tagen pro 100 000 Einwohner) über 50: Veranstaltungen mit bis zu 100 Personen sind erlaubt, mit genehmigten Hygienekonzept 250 in Innenräumen und 500 draußen. Die Prozentregel, die noch wenige Tage zuvor für große Wut gesorgt hatte, kam nicht mehr vor.

Video-Besprechung zur Lage der Krankenhäuser

Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) berät am morgigen Dienstag per Video-Konferenz mit den Direktoren und Geschäftsführern der Kölner Krankenhäuser und Kliniken über die weitere Strategie in der Corona-Pandemie. Das geht aus einer Mail-Einladung hervor. Dabei geht es auch  um  die  Finanzierung der  Häuser.  Der Hintergrund ist folgender: Im Frühjahr hatten Bund und Land die Krankenhäuser aufgefordert, bestimmte Operationen oder Leistungen aufzuschieben, um die Betten für mögliche Corona-Patienten freizuhalten.  Dafür gab es laut eines Sprechers der Deutschen Krankenhausgesellschaft anfangs 560 Euro je Tag und Bett  als Ausfall.   Reker schreibt: „Anders als im Frühjahr (...) ist eine solche Beschränkung und Finanzierung weder von Landes- noch von Bundesseite aus bislang erkennbar.“ Die Krankenhäuser arbeiten  aber seit Monaten wieder im üblichen Vollbetrieb, nun stellt sich laut des Sprechers die Frage, ab wann sie möglicherweise wieder „runterfahren“ müssen, um Kapazitäten freizuhalten. (mhe)  

Ein kleiner Hoffnungsschimmer also. Das Gesundheitsministerium teilte auf Anfrage mit: „Das Ministerium hat die Rückmeldungen der Kulturszene zur 20-Prozent-Regelung sehr ernst genommen und begrüßt vor diesem Hintergrund die Anpassung im Rahmen der Bund-Länder-Koordinierung.“ Doch der leisen Hoffnung folgte schnell der nächste Rückschlag. Am Montagnachmittag verkündete die Stadt Köln per Pressemitteilung: „Die zulässige Teilnehmerzahl wird zusätzlich auf ein Fünftel der normalen Kapazität des Veranstaltungsortes beschränkt.“

Alles beim Alten also?

Auf Nachfrage hieß es zunächst, ein Erlass des Landes vom 12. Oktober mit dem Titel „Regionale Anpassungen an das Infektionsgeschehen bei 7-Tages- Inzidenz-Werten von 35 bzw. 50“ verhindere eine Änderung. Nach großer Unsicherheit heißt es dagegen vom Land: Mit Inkrafttreten der neuen Corona-Schutzverordnung gelte der Erlass nicht mehr. Die regionalen Anpassungen sind in der neuen Corona-Schutzverordnung unter Paragraph 15a geregelt. Die 20-Prozent-Regel gibt es dort nicht. Am späten Nachmittag heißt es von der Stadt auf Rundschau-Anfrage: Ab Mittwoch fällt die Regelung wieder weg.

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Immerhin „etwas besser“ sei das für das Theater „Der Keller“, so sein Leiter Heinz Simon Keller. In der Halle der Tanzfaktur, wo das Theater zur Zeituntergekommen ist, dürfen bei der 20-Prozent-Regel nur 30 Zuschauer Platz nehmen, ohne die Regel wären es 60. „Und wir sind die ganze Woche gut gebucht“, erzählt Keller.

Ein hohes Maß an Flexibiltät ist gefragt

Dietmar Kobboldt ist Leiter der Studiobühne und Vorsitzender der Theaterkonferenz. In der Studiobühne sei man von den Veränderungen in der letzten Woche nicht betroffen: „Aufgrund der Auflagen der Uni haben wir sowieso nur 23 Zuschauer.“ Aber für die Kollegen sei „das Hin und Her gerade besonders schlimm“, auch wenn die neue Verordnung  „zumindest jetzt einmal Klarheit bringt“.

Das Senftöpfchen kann flexibel reagieren. Vergangene Veranstaltungen habe man mit nur knapp 40 Zuschauern realisiert, sagt Theaterleiterin Alexandra  Kassen.  Man könne aber schnell wieder umstellen und würde dies auch tun. Unsicherheit herrscht, an welchen Kriterien sich ein neues Hygienekonzept orientieren müsste.

Die neuesten Entwicklung sind zumindest ein kleiner Hoffnungsschimmer, doch es bleiben Unklarheiten im Regel-Wirrwarr. Die Frage, die sich Veranstalter vor allem stellen.:Wie lange hält das, was am Mittwoch in Kraft tritt? Heute trifft sich der Krisenstab der Stadt Köln, nächste Woche Dienstag gibt es eine Sondersitzung des Kulturausschusses zur Zukunft der Kultur.

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