Direkt vor dem SchokoladenmuseumEin Riesenrad für Köln

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Die Aufbauten im Rheinauhafen laufen: 42 offene Gondeln werden an den Speichen befestigt. Das Riesenrad wiegt 300 Tonnen.

Köln – Was tun mit einem Riesenrad, wenn keine Kirmes stattfinden darf? Schausteller  Willi Kipp fragte bei der Stadt an und die empfahl ihm das Schokoladenmuseum im Rheinauhafen. Das Gelände befindet sich im Privatbesitz der Familie Imhoff, und weil auf dem Vorplatz keine Feste steigen dürfen, kam man schnell zueinander. Zeit, dass sich was dreht.

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Das Riesenrad steht normalerweise auf der Deutzer Kirmes.

Das Europa-Rad ist 55 Meter hoch gilt als das größte transportable Riesenrad Europas, das größte mit offenen Gondeln jedenfalls. Seit zwei Tagen sind Arbeiter auf dem Kopfsteinpflaster zwischen Drehbrücke und ehemaliger Vapiano-Zentrale mit dem Aufbau der 42 Speichen beschäftigt. 240 Personen finden in den 42 Gondeln Platz. Mindestens acht Wochen, bis Anfang August soll das Rad nach Informationen der Rundschau stehen bleiben. Wenn die Kölner es mögen, auch länger. „Fast alle Veranstaltungen in diesem Jahr sind abgesagt worden“, sagt Willi Kipp, der in fünfter Generation das Bonner Fahrgeschäft betreibt. Natürlich sei man froh, wenn man Einnahmen erzielen könne. „Wenn es nach uns geht, bleiben wir lange im Hafen.“

Schausteller-Branche

100 Prozent Ausfall: Wenn Schausteller Willi Kipp die Einbußen durch die Corona-Krise beziffern soll, muss er nicht lange überlegen. Bis Ende August sind alle Großveranstaltungen verboten, ob im Herbst wieder eine Deutzer Kirmes stattfinden kann, ist mehr als fraglich.

Mit 15 Jahren, nach dem Tod seines Vaters, ist Kipp (26) in den Familienbetrieb eingetreten. Früher stellte das Bonner Unternehmern verschiedene Fahrgeschäfte, heute  sind es neben dem Europa-Rad zwei weitere Riesenräder, die  auf Volksfesten zu sehen sind. Normalerweise hätten sie sich m Frühjahr in Erlangen, Würzburg und Düren gedreht, doch in der Branche geht nichts mehr, selbst das Oktoberfest in München ist abgesagt.

Die Düsseldorfer Rheinkirmes soll ab dem 26. Juni auf dem Messegelände aufgebaut werden. 20 Fahrgeschäfte werden in der abgespeckten Version vier Wochen vertreten sein. Üblicherweise kommen  vier Millionen Besucher zur Groß-Kirmes an den Rhein. (mft)

Das Europa-Rad ist den Kölner gut bekannt. Mindestens einmal im Jahr ist es auf der Deutzer Kirmes zu sehen, zuletzt im Oktober. Das Rad ist auch Symbol von „Pützchens Markt“ in Bonn und steht bei den Cannstatter Wasen in Stuttgart – normalerweise, beide Veranstaltungen fallen aus. Der Betrieb eines Riesenrads alleine ist aber auch in Corona-Zeiten möglich. Der Abstand ergibt sich im Fahrbetrieb von alleine, mitfahren dürfen in einer Gondel bis zu sechs Personen, sofern sie aus einem Haushalt oder einer Familie stammen.

Damit kommt Köln durch die Krise zumindest vorübergehend zur Großstadtattraktion Riesenrad. Denn was in London („London-Eye“) oder in Wien im Prater Scharen von Touristen anzieht, beflügelte schon mehrfach auch die Fantasie Kölner Kommunalpolitiker. Ein dauerhaftes Riesenrad am Rhein, das wäre doch eine tolle Attraktion, schlug die CDU mal vor. Es blieb bei den Plänen.

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Willi Kipp (26)  ist in der fünften Generation im Schaustellerbetrieb tätig.

In Düsseldorf dagegen dreht sich seit Jahren das „Wheel of Vision“ für drei Monate (von Oktober bis Januar) auf dem Burgplatz am Rheinufer. Bevor es dazu kommen könnte, muss die Idee am Schokoladenmuseum tragen. Und das im doppelten Sinne: 300 Kilogramm wiegt die Stahlkonstruktion, sie soll ruhen auf einer 150 Jahre alten Halbinsel im Rhein. „Wir haben in vier Bohrungen Bodenproben von einer Spezialfirma entnehmen lassen“, sagt Klaus Schopen, Sprecher des Schokoladenmuseums. Ergebnis: Das Rad kann da stehen – solange es kein Hochwasser gibt.

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Das dürfte nicht vor Winter zu erwarten sein. Klar ist: Für den Ganzjahresbetrieb taugt die Fläche nicht. „Wenn das Wasser bis zur Drehbrücke steht, muss das Rad weg“, sagt Schopen. Das Bauordnungsamt soll den Bau vor der Inbetriebnahme an Fronleichnam abnehmen. Weil es sich um einen „fliegenden Bau“ handelt, gilt die Genehmigung zunächst acht Wochen. Diese Bauten dürfen – zeitlich befristet – an verschiedenen Orten aufgestellt werden.

Alle Feste vor der Tür müssen ausfallen

Wie alle Museen kämpft auch das besucherstarke Schokomuseum in der Corona-Krise um Gäste. Pfingstsonntag waren 800 Besucher da, immerhin, in den Vorjahren waren es aber bis zu 3000 gewesen. An schlechten Tagen liegt die Zahl gerade über dem zweistelligen Bereich. „Uns fehlen Schulkassen, aber vor allem ausländische Touristen“, sagt Schopen. Feste vor der Tür wird es in diesem Jahr nicht geben. Alle Sommerveranstaltungen fallen aus: der „Sommer Köln“ mit Musik und Theater, die Genuss-Tage, das „MitAfrika-Festival“ und das Sommerfest der Haie.

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