Nach Bau im LandschaftsschutzgebietWie viele Parkplätze brauchen Lehrer wirklich?

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Stein des Anstoßes: Die Lehrerparkplätze vor dem Ausweichquartier des Dreikönigsgymnasiums.

Köln – Nach dem Rundschau-Bericht über den Bau von 53 Lehrerparkplätzen im Landschaftsschutzgebiet ist eine Debatte darüber entbrannt, ob die Vorschriften zur erforderlichen Anzahl von Kfz-Stellplätzen an Schulen und Kitas noch zeitgemäß sind. Die Geschichte beginnt mit dem maroden Dreikönigsgymnasium, deren 679 Schüler ab August für drei Jahre in einem Ausweichquartier unterrichtet werden, während ihre Schule saniert wird. Für 17 Millionen Euro hat die Stadt im Bürgerpark Nord Schulcontainer aufstellen lassen und 53 Stellplätze gebaut.

Die Landesbauordnung NRW schreibe das auch bei einem Interim so vor, hieß es. Nun kommt raus: Die zu Grunde gelegten Schülerzahlen sind nicht plausibel. Bei der Parkplatzberechnung setzte die Stadt 833 Schüler an, während das Containerdorf laut der Architekten für 700 Schüler gebaut wurde. Auf Nachfrage erklärte die Stadt, sie habe für die Sekundarstufe I (Klassen 5 bis 10) 540 Schüler angesetzt, für die Sekundarstufe II (Klassen 11 bis 13) 293 Schüler. Davon wurden 146 Schüler als über 18 Jahre alt eingestuft. Gemäß Bauordnung NRW habe man daher für 146 Ü18-Schüler 20 zusätzliche Stellplätze eingeplant.

Containerdorf muss zurückgebaut werden

Nicht berücksichtigt hat die Stadt dabei, dass der Besuch eines Gymnasiums wegen G8 derzeit bereits mit der Klasse 12 endet. Die Zahl der Ü18-Schüler dürfte tatsächlich also viel geringer sein. Erst 2026 erreicht der erste G9-Jahrgang die Klasse 13 – doch dann sollen die Schüler längst wieder in ihrem frisch sanierten Gymnasium lernen. Auch das Containerdorf im Park samt Parkplätzen muss bis spätestens 2026 zurückgebaut sein.

Nicht nur der Bürgerverein Bilderstöckchen fragt sich, warum so viele Parkplätze gebaut wurden und Spaziergängern im Park jetzt Gefahr durch querende Autos drohe. Auch Gerhard Jansen, Vorsitzender der Stadtschulpflegschaft, meint: „Es ist fraglich, warum für ein auf drei Jahre angelegtes Interim überhaupt Parkplätze gebaut wurden und dann auch noch in dieser Menge.“ Grundsätzlich solle die Stadt die Zahl der Parkplätze an Schulen zu Gunsten von mehr Abstellmöglichkeiten für Fahrräder reduzieren, findet Jansen. „Auch ein Jobticket für Lehrer wäre wünschenswert.“

Klimafreundliche Alternativen gefordert

Eva-Maria Zimmermann, Geschäftsführerin des Stadtverbands Köln der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, pflichtet ihm bei. Zwar seien manche Lehrer aufs Auto angewiesen, doch in der Großstadt gelte es, die klimafreundlichen Alternativen Bus, Bahn und Fahrrad konsequent zu fördern. Für Ü18-Schüler, die zuvor mit der Bahn gefahren sind, sollten nicht extra Parkplätze gebaut werden müssen.

Ähnlich äußert sich Köln „Fahrradbürgermeister“ Reinhold Goss: „Es braucht eine Stellplatzwende an Schulen, Kitas und anderen öffentlichen Gebäuden. Die Verkehrswende darf kein Lippenbekenntnis sein.“ Schule sei auch ein Lernort für Mobilität. „Die Lehrer müssen das vorleben.“ 2012 hatte der Stadtrat beschlossen, dass Lehrer fürs Parken an Schulen bezahlen sollen, die Erlöse sollten der Stadtkasse zu Gute kommen. Doch ein Pilotversuch an der Lise-Meitner-Gesamtschule in Porz scheiterte. Die meisten Lehrer waren nicht bereit, 30 Euro Monatsgebühr zu bezahlen, und wichen auf vorhandene kostenlose Parkplätze in der Nähe aus.

Zu den Akten gelegt

Aufwand und Kosten für das Bewirtschaften der Parkplätze seien weit höher als der zu erzielende Ertrag, hieß es damals. Das Schuldezernat versprach, das Projekt kostenpflichtige Stellplätze für Lehrer erneut und großflächig anzugehen, doch daraus wurde nichts. Wie das Rechnungsprüfungsamt kürzlich feststellte, hatte das Amt für Schulentwicklung (Amt 40) das Thema längst von sich aus zu den Akten gelegt, informierte die Politik aber nicht darüber.

Die Kritik der Rechnungsprüfer fiel harsch aus: Amt 40 habe nach acht Jahren nicht mal eine Übersicht über die an den Schulen vorhandenen Parkplätze vorlegen können und sei seinen Informationspflichten nicht nachgekommen. Das Schuldezernat kündigte an, das Thema erneut zu prüfen. Eine Rolle spiele dabei auch die Frage der Gleichbehandlung. Denn Mitarbeiter der Stadtverwaltung müssen zwar in der Regel für ihre Parkplätze zahlen, haben dafür aber Anspruch auf ein vergünstigtes Jobticket für Bus und Bahn, während Lehrer als Bedienstete des Landes bisher kein Jobticket erhalten.

In Kürze beschließt der Stadtrat eine neue Stellplatzsatzung. Der Entwurf sieht an allgemeinbildenden Schulen pro 30 Schüler einen Lehrerparkplatz vor.

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Bislang ist laut Bauordnung ein Stellplatz je 25 Schüler zu bauen. Somit wären künftig etwas weniger Parkplätze erforderlich. Die Grünen wollen jedoch eine stärkere Reduzierung durchsetzen, kündigt Fraktionsgeschäftsführer Lino Hammer an.

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