Liebigviertel in Ehrenfeld und NippesIm Westen wächst ein neues Riesen-Veedel

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Neuehrenfeld/Bilderstöckchen – Die Baukräne an der Ludwigsburger Straße und am Methweg, wo jeweils gerade neue Wohnanlagen entstehen, werden nicht die letzten sein, die sich im „Liebigviertel“ drehen. Demnächst wird zwischen Liebigstraße und Wöhlerstraße ein weiteres Bauprojekt starten. In der Gegend zwischen Parkgürtel, Geldernstraße, Liebigstraße und Autobahn steckt viel Potenzial, das der Stadtentwicklungsausschuss schon vor vier Jahren erkannte. Quer durch dieses Viertel verläuft die Grenze zwischen den Stadtbezirken Ehrenfeld und Nippes. Dem damals geäußerten Wunsch, die sich abzeichnenden Entwicklungen mit einer guten Planung in Bahnen zu lenken, will die Stadtverwaltung jetzt nachkommen. Bislang habe es dazu an Personal gefehlt, wurde die Verspätung erklärt.

Für einen Beirat fehlt Geld und Personal

Jetzt soll ein „Räumliches Entwicklungskonzept“ erarbeitet werden. Die sogenannten „Stakeholder“ im Gebiet – also alle, die von der Entwicklung betroffen oder direkt daran beteiligt sind – sind eingeladen, sich daran zu beteiligen. In welcher Form, steht noch nicht fest. „Wir arbeiten noch am Prozessdesign“, erklärte Natascha Rohde, Abteilungsleiterin im Amt für Stadtentwicklung. Ein ständiger Beirat, wie ihn die Bezirksvertretungen Ehrenfeld und Nippes vor einem Jahr forderten, soll jedoch nicht gegründet werden.

Dazu – so die Verwaltung – fehle es an Geld und Personal, um ein solches Gremium über einen längeren Zeitraum zu installieren. Stattdessen ist ein Dialogprozess als Teil der externen Beteiligung geplant. „Wie das aussehen wird, können wir noch nicht sagen.

Abhängig vom Pandemiegeschehen 

Das hängt unter anderem auch davon ab, wie sich das Pandemiegeschehen entwickelt“, sagte Natascha Rohde.

Das Neubauprojekt „Ehre und Liebig“ auf dem Grundstück des ehemaligen Autohauses Levy, das ein Teil des Liebigviertels werden soll, ist dann schon weiter fortgeschritten. Es umfasst 36 sogenannte Stadthäuser, 66 Eigentumswohnungen und weitere 70 Mietwohnungen, zum Teil gefördert.

Zudem wird es fünf geförderte Gemeinschaftswohnungen für jeweils vier Bewohner geben. Außerdem umfasst der Gebäudekomplex, der von Liebigstraße, Pettenkofer- und Wöhlerstraße sowie der Rückseite der vorhandenen Bebauung am Methweg umrahmt wird, Büros, Praxen, Einzelhandel und eine Kindertagesstätte. Entworfen wurde die Gebäudeplanung von Architekt Manuel Herz aus der Schweiz. Projektentwickler Bouwfonds BPD bewirbt die Wohnanlage unter anderem mit der geplanten intensiven Dachbegrünung und urbanem Gärtnern. Die Fertigstellung ist für 2025 geplant.

Riesiges Entwicklungspotential

Der Entwicklungsprozess für das Gesamtquartier soll im dritten Quartal 2022 nach einem entsprechenden Beschluss starten. Zugleich ergeht ein Auftrag an ein externes Stadtplanungs- oder Kommunikationsbüro. Wie viele Wohnungen im „Liebigviertel“ gebaut werden, steht noch nicht fest. Die Entwicklungspotenziale liegen vor allem auf dem etwa 75000 Quadratmeter großen Schlachthofgelände. Langfristig ist hier Wohnbebauung in Überlegung, jedoch noch nicht konkret geplant. Ein weiteres Flächenpotenzial von gut 40000 Quadratmetern Größe für Wohnen und Arbeiten liegt zwischen den Straßen Am Gleisdreieck, Innerer Kanalstraße und Autobahn.

An der Geldernstraße wäre auf dem 10000 Quadratmeter großen Grundstück eines ehemaligen Baustoffhandels neues Gewerbe möglich. Innerhalb des Gebietes befinden sich außerdem die Verwaltungen von Rhein-Energie und Stadtwerken, eine Zustellbasis der Deutschen Post/DHL sowie die Molkerei Friesland Campina und die Großbordelle an der Hornstraße. Die einzige Schule ist die Katholische Grundschule Osterather Straße.

Das Riesen-Viertel braucht noch eine Identität

Nach einer Bestandsaufnahme und Analyse soll schon im ersten Quartal 2023 der Dialogprozess durchgeführt werden. Parallel erarbeitet die Verwaltung intern das Entwicklungskonzept. Mit einem Beschluss soll der gesamte Prozess zum „Liebigviertel“ getauften Gebiet am Ende des dritten Quartals 2023 beendet sein. Der Name könnte sich schon als erster Diskussionsgegenstand anbieten. Die Ehrenfeld und Nippes verbindende Liebigstraße entlang des Schlachthofgeländes ist in anderen Teilen des Gebiets weniger ein Identifikationsmerkmal. Ähnlich wie die als „ungeordnet“ bezeichnete städtebauliche Situation verhält es sich mit dem Selbstverständnis des Viertels.

Der zum Bezirk Ehrenfeld gehörende Teil ist von diesem durch die Autobahn getrennt. Dagegen ist der zum Bezirk Nippes gehörende Teil vom Stadtteil Bilderstöckchen durch den Parkgürtel getrennt, während nach Nippes hin die Bahnstrecke eine Art Barriere bildet. Mit dem Entwicklungskonzept sollen künftige Flächen für Gewerbe, Wohnen, Grün und soziale Infrastruktur identifiziert und da wo es notwendig ist, neu festgelegt werden.

Im Fokus sind unter anderem das Schlachthof-Areal, die Molkerei Friesland-Campina und weitere zurzeit gewerblich genutzte Flächen an der Geldernstraße und am Gleisdreieck. Die Gestaltung des öffentlichen Raumes sowie Klimaschutz sind weitere zentrale Themen. Genaueres wurde zunächst nicht festgelegt. In der Bezirksvertretung Ehrenfeld wurde ein Ergänzungsvorschlag der SPD-Fraktion, die bereits Themen wie sozialen Wohnungsbau und möglichen Schulbau vorgeben wollte, abgelehnt. Die Bezirksvertretung Nippes vertagte ihre Debatte über das weitere Vorgehen in ihre Juni-Sitzung.   

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