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Zeichen setzenEhrenfelder bereiten sich auf Tag des guten Lebens vor

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Viele Bürger waren ins Bürgerzentrum gekommen, um Ideen für den Tag des guten Lebens zu sammeln.

Viele Bürger waren ins Bürgerzentrum gekommen, um Ideen für den Tag des guten Lebens zu sammeln.

Ehrenfeld – „Stellt Euch doch einfach mal an euren Wohnorten auf“, schlug Agora-Mitglied Charlotte Grieser vor. Auf dem Boden des kleinen Saals im Bürgerzentrum waren die Straßen des Gebiets, auf dem am 15. September der nächste Tag des guten Lebens stattfinden soll, schon einmal mit Klebeband nachgezeichnet: Zwischen Ehrenfeldgürtel, Vogelsanger Straße, Äußerer Kanalstraße und Subbelrather Straße liegt es. Rund 80 Besucher waren zur Auftaktveranstaltung ins Büze gekommen, mehr als 50 suchten nun im Straßennetz auf dem Parkett ihren Wohnort.

So standen an diesem Abend Menschen, die „im richtigen Leben“ Nachbarn sind, schon einmal probeweise nebeneinander, einige leben seit den frühen 80er Jahren hier, andere seit fünf Monaten. Ein erster Schritt zum Kennenlernen und zum Ideenaustausch, auch zwischen den Generationen. Nachdem in den vergangenen Jahren autofreie Sonntage in Sülz, in Deutz und im Eigelsteinviertel stattfanden, kehrt der Tag des guten Lebens im September nach Ehrenfeld zurück. Anders als die ersten beiden Durchgänge, die 2013 und 2014 weiter stadteinwärts, also „vor“ dem Ehrenfeldgürtel, angesiedelt waren, wird diesmal „hinterm Gürtel“ gefeiert. Ein Zeichen gegen die Gentrifizierung und die drohende Vertreibung von kulturellen und sozialen Institutionen gerade aus dieser Gegend, in der ein großer Teil der beliebten Party-Szene ansässig ist, möchte der Veranstalter Agora Köln damit setzen.

Motorisierten Verkehr reduzieren

Aber die Grundidee der früheren Tage des guten Lebens soll auch diesmal im Vordergrund stehen: Der motorisierte Verkehr wird aus dem Gebiet „hinterm Gürtel“ verbannt, die sonst am Straßenrand geparkten Pkw müssen auf Parkplätze außerhalb der autofreien Zone verbracht werden. Dann können Nachbarn Aktionen an den Start bringen, die zeigen, was man mit autofreiem Stadtraum alles anfangen kann. Im Hintergrund steht das langfristige Ziel, den motorisierten Verkehr radikal zu reduzieren oder wenigstens geparkte Autos anderweitig unterzubringen, damit den Städtern Platz für ein gemeinschaftliches Leben bleibt.

Einige Ideen für den 15. September hatten die Agora-Leute schon vorbreitet, andere brachten die Besucher des Abends spontan ein. So sollen etwa Vertreter von Institutionen und Vereinen eingeladen werden, die über Möglichkeiten zur Reduzierung der CO2-Emissionen informieren können. Eine Gruppe möchte vernachlässigte Ecken im Veedel mit Pflanzensamen bombardieren, die „Marktschwärmer“, bei denen Landwirte aus der Region zu Gast sind, wollen mit dem Laden „Good Food“ zusammen entlang der Herbrandstraße eine Essmeile der gesunden und Ressourcen schonenden Art aufbauen. An der Kolbhalle wird es Kunstaktionen geben, und ein Musiker möchte auf der Vogelsanger Straße eine Art Freiluft-Workshop für elektronische Musik mit Klangteppich einrichten. Paul Kremer, Ehrenmitglied der Bürgervereinigung Ehrenfeld, würde gerne seinen Verein vorstellen. Und selbstverständlich werden zahlreiche Flohmärkte, Tauschbörsen, Spontan-Konzerte und sportliche Aktivitäten in den Straßen stattfinden.

Pläne online anmelden

„Wichtig ist: Es muss alles nicht-kommerziell sein und auf Tausch- oder Geschenk-Basis ablaufen“, so Jörn Hamacher von der Agora. Die Gastronomen in dem Gebiet könnten zwar Sondernutzungen beantragen und ihre Waren zum normalen Preis verkaufen, müssten dafür aber Gebühren an die Stadt entrichten. Für alle anderen gilt: Die Aktionen sind gebührenfrei, müssen aber angemeldet werden. „Am besten, ihr meldet euch bei uns mit Euren Plänen online an, wir geben das dann an die Stadt weiter“, so Charlotte Grieser.

Die Vorbereitung

Die Online-Anmeldung ist über die Homepage www.tagdesgutenlebens.de möglich, voraussichtlich ab dem 1. Juni findet man dort einen eigenen Link. Dort kann man sich auch fürs Mitmachen in schon bestehenden Gruppen melden. Für weniger Internet-affine Zeitgenossen wird eine Telefon-Hotline eingerichtet, die Kölnische Rundschau gibt die Nummer bekannt, sobald es soweit ist.

Außerdem ist ab heute an jedem Dienstag von 18 bis 20 Uhr im Bürgerzentrum, Venloer Straße 429, ein Offener Treff eingerichtet, bei dem Agora-Mitarbeiter Fragen beantworten.

Am 24. Juni sowie am 4. September werden im Büze noch einmal Nachbarschaftstreffen für alle Beteiligten und Interessenten stattfinden, bei denen es um die weitere Konkretisierungen gehen soll. Und am 22. Juni können alle schon einmal üben: In der Hüttenstraße wird ein „Bogenfest“ veranstaltet, das nach ganz ähnlichen Prinzipien abläuft wie der autofreie Sonntag. Die Organisatoren möchten damit auf den beklagenswerten Zustand der Bahnbögen hinweisen und Druck gegen die Verantwortlichen aufbauen. (hwh)

Die Stadt unterstützt auch diesen Tag des guten Lebens wieder mit rund 80 000 Euro, um alle Absperrungen, das Sicherheitspersonal und die Versicherungen zu bezahlen, trotzdem werden noch Sponsoren gesucht. Ebenso Helfer, die an den abgesperrten Straßeneinmündungen „Wache“ halten. Hinsichtlich der Ausweichparkplätze ist Martin Herrndorf von der Agora optimistisch: „In der Nähe des autofreien Areals gibt es zahlreiche größere Parkplätze. Wir werden bald mit den Besitzern reden.“ Büze-Leiter Andreas Pöttgen bot seine Einrichtung an: „Wir wären hier gern so etwas wie ein Hauptquartier für den Tag des guten Lebens. Wenn Ihr einen Raum braucht, meldet Euch.“

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