Ein wichtiger NeustartGürzenich-Orchester spielt erstes öffentliches Konzert

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Die gesamte Hörerschaft beschränkte sich auf die zulässige Höchstmarke: 100.

  • In der Kölner Philharmonie spielte das Gürzenich-Orchester das deutschlandweite erste öffentliche Konzert seit der Corona-Regelungen.
  • Zeilen aus Mozarts „Entführung“ boten dabei ein passendes Motto.
  • Da durch die vielen Plätze, die freibleiben müssen, Kartenpreise in extreme Höhen schossen, wurden die Karten zu diesem Konzert verlost.

Köln – „Welche Wonne, welche Lust, herrscht nunmehr in meiner Brust.“ So singt das Blondchen in Mozarts „Entführung“ bei der Nachricht von der Befreiung. Dieser Ohrwurm durfte jetzt als Motto-Thema des deutschlandweit ersten öffentlichen Konzertes verstanden werden, das vom Gürzenich-Orchester und dem frisch verlängerten Generalmusikdirektor François-Xavier Roth in der Kölner Philharmonie ermöglicht wurde.

Und so emotional und bürgernah wie gewohnt dankte Roth für die Starterlaubnis, explizit gerichtet an die Oberbürgermeisterin Henriette Reker, die sich das lang vermisste Konzerterlebnis am Nachmittag nicht entgehen ließ – ein Erlebnis der besonderen Art.

Ausgeloste Karten

Der Gürzenich-Kapellmeister verwies auch auf die Bedeutung seiner Musiker als Stadtorchester, die sich in der langen stillen Zeit in Einsätzen für Kranke und Alte und im Online-Unterricht für die jungen Musikbegeisterten auf solche hehren Aufgaben besinnen durften. Dass der heikle Umgang mit dem Schutz vor möglichen Gefahren bei solchen Unternehmungen wie einem Konzert anhält oder gerade erst beginnt, verdeutlichte dieses Event eindrücklich.

Alles zum Thema Henriette Reker

Ein bis zwei Personen saßen im Abstand von jeweils drei Sitzen zur Seite und jeweils einer kompletten Reihe vorn und hinten. Die Sitzplätze wurden vom reichlich vorhandenen Saalpersonal jedem Gast zugewiesen, auch das Verlassen des Saals wurde von Einweisern berührungsfrei und abstandsorientiert organisiert. Die gesamte Hörerschaft beschränkte sich auf die zulässige Höchstmarke „100“. Das katapultiert den theoretischen Preis für eine Einzelkarte in astronomische Höhen, weshalb die Karten unter interessierten Bürgern ausgelost wurden – eine nette Geste der Stadt an ihre Kulturfreunde.

Clownsnase als Schutz

Auf der Bühne versammelte sich das auf gut zwei Dutzend Musiker reduzierte Kammerorchester in lockerer Formation an Einzelpulten, alle ausgerüstet mit Maskenablagen. Ein heiterer Violinist erschien mit roter Clownsnase als Schutzvariante, der mögliche Frohsinnsturm von Publikumsseite verhallte wie der Torjubel beim Geisterspiel mit rundem Leder: sehr gedämpfter Ton im Saale.

Die Streicher spielten – wenn möglich – im Stehen, durch Abstandsregel in den Solistenstand erhoben. Bei Mozarts Oboenkonzert KV 314 (inklusive der in der Oper zitierten Melodie) brillierte der langjährige Solo-Oboist des Gürzenich-Orchesters Tom Owen, ein vorderster Leistungsträger der Kölner Formation. Federleicht flogen die Töne auf die sängerischen Linien, tönten im ariosen Adagio wundersame Farbspiele und inszenierten im Zusammenspiel mit dem hellwachen Dirigenten flexibel gestaltete Nuancen in Tempo und Dynamik.

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Diese Divertimento-Stimmung kontrastierte Bartóks „Divertimento für Streichorchester“ (1939), eine „starke Musik, auch aus einer Krisenzeit“ (Roth), die seinem leichten Titel mitnichten folgt.

Aber sie bedachte den Bartók-Schwerpunkt im kommenden Programm Roths. Ruppig schrubbten die Bögen aufwühlende Passagen im Tutti, reduzierten die Besetzung mehrfach auf die stimmführenden Instrumente und boten Raum für solistische Aufschwünge der Konzertmeisterin Natalie Chee. Es wurde ein Fest für entwöhnte Ohren – ein kleiner, aber wichtiger Neustart.

Einen Eindruck vom Abendkonzert mit dem Flötenkonzert KV 313 liefert www.guerzenich-orchester.de/de/de/livestream

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