Eine Frage der WerteReker stellt sich am Samstag CDU und Grünen

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Oberbürgermeisterin Henriette Reker. (Archivbild)

Oberbürgermeisterin Henriette Reker. (Archivbild)

  • Die Vorstände von CDU und Grünen haben ihre Position betoniert:
  • Ja, wir wollen Reker, und nur sie, Alternativen bieten sie nicht an.
  • Also volle Fahrt voraus mit Reker, die Basis muss mit oder nicht.

Köln – Am Samstagmittag, etwa gegen 13 oder 14 Uhr, wird Oberbürgermeisterin Henriette Reker (62, parteilos) wissen, ob sie gestärkt oder geschwächt ins Rennen um Kölns wichtigstes politisches Amt geht. Dann haben die Mitglieder von CDU und Grünen gewählt, und Reker erfährt, mit wie viel Prozent Zustimmung die Basis ihre erneute Kandidatur für den Kölner Oberbürgermeisterposten unterstützt. Für Reker könnte es die Qual der Zahl werden – je nachdem wie viele anwesende Mitglieder sie nach ihrer Rede ablehnen. Es gilt aber als nahezu ausgeschlossen, dass sie durchrasselt.

Ziele für Reker stehen bereits fest

Die Führungszirkel haben im Vorfeld separate inhaltliche Vereinbarungen mit Reker getroffen für die Jahre 2020 bis 2025. Und beide Vorstände haben ihre Position betoniert: Ja, wir wollen Reker, und nur sie, Alternativen bieten sie nicht an, es gilt: Volle Fahrt voraus mit Reker, die Basis muss mit oder nicht.

Das haben CDU und Grüne separat mit Reker als Ziele festgelegt

Vereinbarung mit der CDU:

1. Vollständig digitalisierte Dienstleistungen für die Bürger.

2. Köln als europäische Digital- und Innovationshauptstadt.

3. Köln als Gesundheitsstandort und Wirtschaftsmotor.

4. Köln als sichere und saubere Stadt (neue Eventfläche für Großveranstaltungen).

5. Wachstum mit Bürgern gestalten und Bezirke stärken.

6. Klimagerechte Stadt mit moderner Infrastruktur (Konzentration parkender Autos auf Parkhäuser in der verkehrsberuhigten Innenstadt).

7. Generationengerechte, durchmischte Stadt.

8. Hoher Stellenwert für Kunst, Kultur, Brauchtum und Sport.

Eckpunkte mit den Grünen:

1. Mehr Investitionen in ein durchgängiges, sicheres Rad- und Fußwegenetz sowie in Busse und Bahnen. Senkung der Fahrpreise im ÖPNV.

2. Mehr Grün in der Stadt, keine Neuversiegelung von Flächen im Grüngürtel.

3. Gesundes Klima und saubere Luft: Köln soll vor 2050 klimaneutral werden.

4. Bezahlbares Wohnen – mehr sozialer Wohnungsbau.

5. Stärkung sozialer Gerechtigkeit und Teilhabe, mehr Angebote etwa für Obdachlose oder von Gewalt betroffene Frauen.

6. Nachhaltige Förderung der freien Kulturszene.

7. „Grüne Wirtschaft“: Köln zum Hub für ökosoziale Industrieprojekte machen. (mhe/fu)

Grüne finden keine Reker-Alternative

Dabei könnte das Ergebnis der jeweiligen Mitgliedertreffen am Samstag als Barometer herhalten, wie groß Rekers Rückhalt ist, vor allem im Verhältnis zu den Werten vom Januar 2015. Seinerzeit stimmten 91,8 Prozent der Grünen für Reker, 97,4 Prozent der CDU. Kann Reker diese Traumwerte wiederholen – trotz des verflogenen Zaubers einer erstmals gemeinsamen Kandidatin wie 2015, trotz des Grummelns an der Basis, auf beiden Seiten?

Nach dem hervorragenden Ergebnis der Grünen bei der Europawahl im Mai (32,9 Prozent) hatten viele in der Partei gefordert, mit einem eigenen Kandidaten ins Rennen zu gehen. Als ein Parteitag am 29. Juni darüber abstimmte, mit wem der Kreisvorstand Gespräche führen solle, sprachen sich immerhin rund 40 Prozent dafür aus, neben Reker auch mit anderen Kandidaten zu reden – vergebens.

CDU hat zu viel zu verlieren

Bei der CDU verstehen einige prominente Mitglieder nicht, weshalb Parteichef Bernd Petelkau und Co. sich auf Reker versteifen und keinen eigenen CDUler forcieren. Es ist für sie quasi ein Verstoß gegen die eigene DNA – vor allem, weil dank der in NRW abgeschafften Stichwahl ein starker CDU-Kandidat mit nur einem Wahlgang ins Rathaus durchmarschieren könnte. Im Optimalfall zumindest. Tatsächlich hätte die CDU kurzfristig mehr zu verlieren, wenn sie Reker nicht mehr folgt. Aber langfristig befürchten Kritiker ein Verwässern des CDU-Profils, gerade beim Verkehr. Aber wie offen äußert sich mögliche Kritik an Reker am Samstag? Wie ehrlich sind die Abstimmungsergebnisse? Das hängt vor allem mit der Frage zusammen, ob die Mitglieder geheim oder offen abstimmen. Eine Geheimwahl gilt als ehrlicher.

Geheime und offene Wahlen

Die Grünen ermitteln im Pfarrheim Heilig Kreuz in Weidenpesch erneut in geheimer Wahl, ob sich die Partei im kombinierten Kommunal- und OB-Wahlkampf 2020 wieder für Reker ins Zeug legt, die OB hat unlängst selbst bei drei Treffen mit der grünen Basis dafür geworben. „Wir werden Stimmzettel verteilen. Elektronische Stimmzähler, wie sie unser Bundesverband einsetzt, können wir uns nicht leisten“, erklärt die Parteivorsitzende Katja Trompeter. Wichtige Personenwahlen führe man ausschließlich in geheimer Abstimmung und nicht per Akklamation, sprich Handzeichen, durch. Ob jemand die OB-Kandidatin unterstützen wolle oder nicht, sei eine vertrauliche Entscheidung jedes Einzelnen, dafür biete eine geheime Wahl den angemessenen Rahmen.

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Die CDU verfährt anders, ihre Satzung sieht eine offene Wahl vor – es sei denn, ein Viertel der anwesenden Mitglieder folgt einem Antrag auf nicht öffentliche Wahl. 2015 lehnten die mehr als 400 anwesenden CDUler ein entsprechendes Ansinnen ab. Konrad Adenauer, Enkel des gleichnamigen früheren Bundeskanzlers, denkt trotzdem über einen Antrag nach. „Eine Geheimabstimmung ergibt ein ehrlicheres Meinungsbild“, sagt er. Er wolle abwarten, wie das Treffen im Apostelgymnasium in Lindenthal abläuft. Auch andere CDU-Mitglieder denken darüber nach, kritische Nachfragen zum fehlenden eigenen Kandidaten zu stellen. Trotzdem geht bisher keiner der Gesprächspartner von einem Denkzettel für Reker aus. „Die CDU ist keine Revoluzzer-Partei“, sagt ein langjähriges Mitglied.

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