Einsatztruppe „Rennen“Kölner Polizei ist den Rasern auf der Spur

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Kontrolle: Ermittler der Einsatztruppe „Verkehr“ bei ihrer Arbeit bei einer Kontrolle in Deutz.

  • Auch am vergangenen Wochenende waren die Beamten des Einsatztrupps „Rennen“ unterwegs und stoppten Raser und Poser.
  • Zwölf Ermittler sind in der eigens dafür gegründeten Dienststelle im Einsatz. „Sie sind sehr motiviert und Experten ihres Fachs“, so Chefermittler Jürgen Berg.
  • Berg klärt uns über PS-Protzerei, geliebte Autos, Klicks im Netz und Brautschau auf den Ringen auf.

Köln – Seit fünf Jahren jagen Kölner Ermittler Raser im Stadtgebiet, stoppen hochmotorisierte Autos, beschlagnahmen getunte Wagen, Führerscheine und Handys. Auch am vergangenen Wochenende waren die Beamten des Einsatztrupps „Rennen“ wieder Hunderte Kilometer weit in Köln und Leverkusen unterwegs, auf der Suche nach Temposündern. Los geht es immer am Freitagnachmittag. „Dann wird erstmal die Lage an den Hotspots sondiert“, sagt der Chef der Einheit Jürgen Berg (59). Die Rundschau beantwortet die wichtigsten Fragen.

Wo treffen sich die Autofahrer und fahren ihre illegale Rennen?

Sehr beliebt sind weiter die Ringe. Dort können sich die Männer zeigen und posen. Alle großen Ausfallstraßen in Köln werden für rasante Fahrten und Rennen genutzt. Die Aachener Straße, Straßen im Rechtsrheinischen und aktuell auch die Alfred-Schütte-Allee in Poll. Als Treffs der Szene beliebt sind in diesem Sommer auch der Tanzbrunnen und der Rheinboulevard.

Was treibt die Fahrer zu den rasanten Fahrten und illegalen Rennen ?

Es geht ihnen nur um den Kick und sie wollen einmal der Gewinner sein. Die jungen Männer haben in der Regel in ihrem Leben noch nicht viel erreicht und wollen dies mit den teuren, schnellen Autos kompensieren. Wichtig ist auch der Erfolg in den sozialen Medien. Viele Klicks nach einem gefilmten Rennen bei Youtube bringen ihnen viel Anerkennung in der Szene und dies wollen sie unbedingt.

Fast 20 000 Autos kontrolliert

Nach dem Tod der damals 19-jährigen Miriam auf dem Auenweg im Jahr 2015  gründete die Polizei eine Art Krisenstab (BAO), der sich mit der Verfolgung von Rasern und illegalen Rennen befasste. Aus dieser Gruppe wurde die Ermittlungsgruppe Rennen und nun ist die Bekämpfung der Raser eine eigene Dienststelle.

Sei dem Jahr 2015 wurden genau 414 illegale Rennen festgestellt, mit 630 Beschuldigten. 1118 Fahrzeuge sind sichergestellt worden. 99 Führerscheine mussten abgegeben werden und in 2015 Fällen erlosch nach den Kontrollen die Betriebserlaubnis. 19 855 Autos wurden kontrolliert. Im ersten Halbjahr 2019 kam es bereits zu 69 illegalen Rennen. (ta)

Was kann man zu den Fahrern sagen ?

Es sind ausschließlich Männer im Alter von 18 bis 25 Jahren. Es sind oft Deutsche mit Migrationshintergrund. Sie haben türkische und arabische Wurzeln. Eine Frau wurde bisher noch nie bei einem illegalen Rennen erwischt. Oftmals sind die Fahrer Geringverdiener oder Arbeitslose. Sie leben in oft beengten Verhältnisse bei ihren Eltern und verehren geradezu ihren Wagen. Das Auto ist ihr Ein und Alles. Inder Geldbörse haben die Fahrer manchmal aber nicht mehr als 20 Euro.

Woher kommt das Geld für die teuren und aufmotzten Autos?

Die Familien legen manchmal ihr gesamtes Geld zusammen, damit der Sohn eine Mercedesklasse fahren kann. Dabei handelt es sich aber oftmals nicht um Neuwagen und sie sind nur auf den ersten Blick hochwertig. Die Fahrzeuge haben 150 000 bis 200 000 Kilometer auf dem Buckel und werden dann aufgemotzt – mit neuen Reifen, großem Auspuff und anderen teuren Utensilien. Dann werden die S-Klassen, Porsche oder Audi R 8 beispielsweise im Freundeskreis getauscht, für hohe Raten geleast oder für ein Wochenende für teures Geld geliehen. Dann wird das gesamte Wochenende mit dem Wagen gefahren – um gesehen zu werden an den bekannten Hotspots. Manchmal ist es auch eine Art Brautschau auf dem Ring. Die Fahrer kommen meistens aus dem Umland.

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Wie verhalten sich die jungen Männer, wenn sie nach Rennen gestoppt werden und ihr Wagen beschlagnahmt wird?

Das Auto steht im Vordergrund, zu den Vorwürfen wird nichts gesagt. Wenn Fahrzeuge von der Polizei sichergestellt werden, muss manchmal Unterstützung gerufen werden. Entsetzt ist Polizist Berg auch fünf Jahre nach dem Unfall mit der getöteten Studentin Miriam am Auenweg. „Die Ärzte kämpften um das Leben der jungen Frau und ein Fahrer hatte Sorge dass der Wagen mit der Sprühkreide der Polizei beschädigt wird“, erinnert sich Ermittler Berg.

Wer sind die Beamten der Ermittlungskommission „Rennen“?

Zwölf Ermittler sind in der eigens dafür gegründeten Dienststelle im Einsatz. „Sie sind sehr motiviert und Experten ihres Fachs“, so Berg. Einer der Kollegen sei in der Autowerkstatt seines Vaters aufgewachsen. „Ihm kann keiner etwas vormachen, wenn er den Wagen untersucht, betont Berg. Es sei wichtig, dass kundige Polizeifachleute die aufgemotzten und nicht verkehrssicheren Wagen untersuchen. „Sonst nehmen uns die Autofahrer nicht ernst, wenn sie wieder losfahren dürfen“, sagt Berg weiter.

Was ist in der Zukunft von den Raser zu erwarten?

Berg: „Es wird nicht weniger.“ Die jungen Männer würden auch in Zukunft auf der Straße ihre Muskeln spielen lassen. „Wir kontrollieren weiter, wollen Rennen stoppen und Unfälle verhindern“, so Berg.

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