- In der Amur-Region leben nur noch etwa 550 Tiger.
- Einer Davon in Köln. Hier ist er ein Lieblingstier der Besucher und wichtig für den Versuch, die stark gefährdete Art am Leben zu halten.
- Sein neuer Lebensraum, den er am Donnerstag zum ersten Mal betreten darf, wird mehr Abwechslung bieten, er ist größer und deutlich vielgestaltiger als zuvor.
Köln – Er ist wieder da, der Amur-Tiger, so schön, dass einem der Atem stockt. Hinter den Kulissen wird er gerade eingewöhnt in sein altes, ganz neu gestaltetes Zuhause im Zoo. Hier ist er ein Lieblingstier der Besucher und wichtig für den Versuch, die stark gefährdete Art am Leben zu halten: In der Amur-Region leben nur noch etwa 550 Tiger.
Sein neuer Lebensraum, den er am Donnerstag zum ersten Mal betreten darf, wird mehr Abwechslung bieten, er ist größer und deutlich vielgestaltiger als zuvor. Damit die mächtige Großkatze mehr Grund hat, sich zu bewegen, soll sie Fleischbrocken hinterherjagen, die mit der neuen Zugseilanlage durch das Gehege gezogen werden.
Natur- und Artenschutz
Die Besucher können den Amur-Tigern näher kommen denn je. Bisher war lediglich an einer Stelle durch Glasflächen ein direkter Blick auf die umherstreifenden Großkatzen möglich. Jetzt werden die Besucher auf ihrem Weg zunächst auf Wasserniveau nach unten geleitet, dann betreten sie eine sibirische Hütte. Hier hat der Tiger eine Höhle und kann direkt am Panzerglas liegen – wenn er möchte.
An der Umgestaltung des Areals könne man gut erklären, was bei moderner Tiergarten-Planung beachtet werden müsse, so Zoochef Theo Pagel. „Ein Zoo muss den Balanceakt schaffen, zugleich hochattraktiv zu sein, ein Bildungserlebnis zu ermöglichen und seine Ziele in den Bereichen Natur- und Artenschutz sowie Forschung umzusetzen.“ Wichtig sei es, die Besucher zu erreichen. „Durch die nahe, unmittelbare Begegnung mit den Tieren kann bei den Besuchern eine Verbundenheit entstehen. Und ein Bewusstsein für die Situation der bedrohten Tierart. Das ist wichtig, denn man schützt nur was man kennt und liebt“, sagt Pagel.
Masterplan 2020 – Ausbau rund ums Aquarium
Größer und ganz anders soll er werden, der Zoo der Zukunft. So beschlossen im Masterplan 2020. Die Fläche des Zoos soll nach Lebensräumen gegliedert und Tierarten gemeinsam in großen Arealen wie einer afrikanischen Savanne präsentiert werden. Ein Vorhaben, das Platz braucht. Deshalb ist Teil des Plans die Ausweitung des Zoos auf die Wiesenflächen rund um das Aquarium. Der Eingangsbereich würde dann in die Nähe der KVB-Trasse rücken. Die Zukunftsvision hat Potenzial. „Wir haben für die Vergrößerung positive Signale aus der Politik bekommen“, freut sich das Führungsduo Theo Pagel und Christopher Landsberg.
10 Jahre ist es her, dass der Masterplan und auch die Idee der „Klimarktis“, in der Walrösser und Moschusochsen leben könnten, entwickelt wurde. Ob dies vor dem Hintergrund des Klimawandels verwirklicht wird, ist offen. Für die Moschusochsen, die bei Sommerhitze die meiste Zeit in ihren Hütten liegen, könnte sich Zoochef Theo Pagel mittelfristig auch einen Umzug in den Zoo in Kopenhagen vorstellen.
Bereits begonnen hat die Verwandlung im Bereich Südamerika. Über die Jahre hinweg wurden hier Areale für Ameisenbären, Wasserschweine und Pudus, eine sehr kleine Hirschart, geschaffen. Und im wohl bis Ende des Jahres fertiggestellten Arnulf-und-Elizabeth-Reichert-Haus, dem ehemaligen Südamerikahaus, werden Gürteltiere, rote Brüllaffen, Faultiere und Tukane die Besucher zum Staunen bringen. Die erforschen den Lebensraum auf einem Holzsteg, der direkt unter den Baumkronen verläuft.
Und die Savanne? „Da wollen wir noch hin, das ist eines unser Ziele“, sagt Zoochef Theo Pagel. Auf einem Höhenweg werden Besucher dann Teil der weitläufigen afrikanischen Savanne, in der Giraffen, Oryx-Antilopen und Flamingos leben. Auch der Bereich Asien soll weiter umgestaltet werden. Von der Vergesellschaftung der Arten profitieren Tiere und Besucher. „Im Freiland werden die Lebensräume von mehreren Arten gemeinsam genutzt. Für die Tiere ist es interessant, wenn in der Gruppe etwas passiert, sie sind dann auch selbst aktiver“, erklärt Pagel.
Um ambitionierte Ziele umzusetzen, werden gewohnte Pfade verlassen. Erhalten bleibt dabei der Parkcharakter mit Baumriesen, Wasserflächen und historischen Bauten. Ende August präsentiert der Zoo seinen Masterplan 2030 mit neuen und überarbeiteten Ideen. (bos)
Beteiligt an der Planung, wie eine Tierart zukünftig präsentiert wird, sind immer auch Pfleger, Zoopädagogen und andere Teammitglieder. Das sei in den vergangenen Monaten besonders intensiv bei der Erstellung des neuen Masterplans erfolgt. Bei den Überlegungen, wie man Besuchern den Amur-Tiger noch näher bringen könnte, sei im Team die Idee aufgekommen, das Training der Pfleger mit den Tieren öffentlich zu machen. „Das passiert auch so jeden Tag ganz intensiv. Doch jetzt können die Besucher dabei zuschauen“, erklärt der Zoochef. Dafür sei eigens ein Bereich geschaffen worden, damit Besucher Platz finden und das Training beobachten können.
Noch wird dabei Sergan alleine im Mittelpunkt stehen. Seine Partnerin Hanya, die während der Bauphase im Krefelder Zoo untergebracht war, ist dort im Februar gestorben. Die 15-jährige Tigerin hatte „aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters massive neurologische Störungen“ gezeigt. Sergan hatte die Umbauzeit in Schwerin verbracht.
Geld aus Kredit
Zwei Millionen Euro investiert der Zoo in die neue Tigeranlage. Ursprünglich waren 1,5 Millionen Euro veranschlagt. Das Geld stammt aus einem Kredit und aus den Mitgliedsbeiträgen des „Team Tiger Köln“, einer Zusammenarbeit mit dem WWF. Schon seit der Gründung 1860 leben Tiger im Zoo; die alte Raubtieranlage wurde im Jahr 1963 gebaut.
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Anders als damals gibt es in der neuen Anlage auch einen Bereich, in dem ältere Jungtiere separiert werden können. Jetzt hofft das Zooteam, dass bald eine neue Partnerin für Sergan gefunden wird – und auf Nachwuchs.