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Emotionale RückkehrDer Köln-Marathon ist nach drei Jahren zurück

Lesezeit 4 Minuten
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Der Köln-Marathon lieferte eine Menge großer Emotionen.

Köln – Andreas kann nicht mehr. Nach gut fünfeinhalb Kilometern des Halbmarathons kämpft sich der Mitdreißiger mit schmerzverzerrtem Gesicht die Steigung auf der Universitätsstraße hinaus. Das schon nicht mehr ganz so runde Traben entwickelt sich zu einem Gang in gebückter Haltung.

Läufer musste reanimiert werden

Knapp drei Kilometer vor dem Ziel ist ein Läufer auf der Halbmarathonstrecke zusammengebrochen und musste reanimiert werden. „Es mussten wiederbelebende Maßnahmen durchgeführt werden“, bestätigte ein Sprecher der Feuerwehr. Der Vorfall ereignete sich auf der Erftstraße nahe des Cinedoms.

Andere Teilnehmer waren schnell herbeigeeilt und leiteten die  Maßnahmen ein. Wenige Minuten später bahnten sich Rettungsdienst und Notarzt den Weg durch die Läufer, übernahmen und brachten den Läufer später in ein Krankenhaus. Über den Zustand des Mannes war am Sonntagabend nichts bekannt. (sim)

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Doch die Läufermasse auf der Gegenrichtung, die schon eine zusätzliche Schleife durch Sülz und drei Kilometer mehr in den Füßen hat, lässt die ersten Anzeichen der Kapitulation nicht gelten.

Rhythmisches Klatschen erfüllt die Unterführung unter dem Albertus-Magnus-Platz. Von der Straße über dem Tunnel tönt Brings’ „Kölsche Jung“ aus einer Box. Alles für Andreas. Schultern zurück, Brust raus. Andreas lächelt und kehrt zurück in den Trab. Noch ist hier nicht Schluss.

„Geil wieder den Marathon zu haben“

Der Marathon ist zurück in der Stadt. 1085 Tage sind seit der letzten Auflage vergangen. Und die Freude darüber, ist überall spürbar. „Ist es nicht geil wieder den Marathon zu haben, als ob nichts gewesen wäre“, ruft Moderator Tom Bartels an der Zielgeraden ins Mikro. Dann bewundert er Berthold, der die Strecke in einem Kölner-Dom-Kostüm zurückgelegt hat und gerade unter dem Zielbogen herläuft.

Der echte Dom ist für viele der Läuferinnen und Läufer das Zeichen dafür, dass sie es gleich geschafft haben. „Ich sehe den Dom“, ruft ein Mann ins Telefon, während er die Hohe Straße entlang läuft. Hier ist es etwas ruhiger als an den Knotenpunkten wie etwa dem Rudolfplatz.

Ein DJ sorgt hier für die entsprechende Stimmung. Aber auch die Kuhglocken von Andreas Wagner können motivierend wirken. Der Schweizer steht auf den Ringen und gehört zum Laufsportverein Basel. „Ich feuere alle vom Verein an. Wir machen einmal im Jahr eine Reise zusammen, dieses Jahr sind wir Köln. Im März geht es nach Barcelona“, erklärt er. Dann wird weitergebimmelt.

10.000 Läufer weniger als 2019

Rund 18.000 Läuferinnen und Läufer hatten sich für den Marathon, die Halbdistanz oder die Staffel angemeldet – etwa 10.000 weniger als bei der bisher letzten Auflage 2019.

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„Es ist sehr wichtig, dass der Köln-Marathon wieder stattfindet, auch für die Veranstalter, die gelitten haben unter den Corona-Jahren. Es war eine schwierige Zeit, die wir überbrückt haben“, weiß auch Hendrik Pfeiffer, der über die volle Marathon-Distanz auf dem zweiten Platz landet. „Es ist ein schönes Signal, dass Events wieder stattfinden und wir wieder Spaß haben können“, fügt er hinzu.

Stammgäste und Muskelkater

Auch die Stammgäste haben den Köln-Marathon nach der Corona-Pause nicht vergessen. Nicola hat es sich mit ihrem Kumpel Ronny auf dem Grünstreifen gegenüber der Zentralmoschee gemütlich gemacht. Sie haben Stühle dabei und sich mit Kuchen und Thermobecher versorgt. „Ich wohne hier um die Ecke und das schon seit zwölf Jahren. Ich bin eigentlich jedes Jahr hier und das ist einfach eine schöne Stimmung. Deswegen macht es total Spaß die Leute zu beobachten und sie anzufeuern“, sagt Nicola.

Schon seit viertel vor zehn steht Kathrin Gräßle auf der Venloer Straße. Der Sohn ihres Freundes läuft beim Halbmarathon mit. Um 10.30 Uhr ist Gräßle schon heiser. Doch das hält sie nicht davon ab weiter zu jubeln.

Ob Andreas von Kilometer fünfeinhalb am Ende auch die Ziellinie am Dom überquert hat? Unklar. Und selbst wenn nicht: Die vielen kleinen Momente wie der auf der Universitätsstraße werden ihn ganz sicher noch eine Weile begleiten. Genau wie der Muskelkater.

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