Erschwerte BedingungWie Kölner Bestatter in Zeiten der Corona-Pandemie arbeiten

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In Corona-Zeiten können sich Bestatter den Verstorbenen nur mit Schutzkleidung nähern: Brian Müschenborn.

In Corona-Zeiten können sich Bestatter den Verstorbenen nur mit Schutzkleidung nähern: Brian Müschenborn.

In Corona-Zeiten können sich Bestatter den Verstorbenen nur mit Schutzkleidung nähern: Brian Müschenborn.

In Corona-Zeiten können sich Bestatter den Verstorbenen nur mit Schutzkleidung nähern: Brian Müschenborn.

Köln – Pfleger, Ärzte oder Rettungssanitäter werden in der Corona-Krise hoch geachtet – weil sie sich oft während ihrer täglichen Arbeit mit Covid-19-Patienten in Gefahr begeben. Ihre Arbeit gilt zudem als systemrelevant, also unverzichtbar. Bestatter kommen in diesen Aufzählungen selten oder häufig gar nicht vor.

„Man hat uns schlicht gesagt lange vergessen – sowohl bei der Kategorisierung für die Corona-Impfungen als auch bei den abgestimmten Schutzmaßnahmen im Kontakt mit den Covid-19-Toten“, kritisiert Brian Müschenborn. Der 50-jährige Bestatter ist Mitinhaber des Trauerhauses Müschenborn in der Kamekestraße 3 und zudem Vorsitzender des Bestatterverbandes Köln.

Schwerer Balanceakt

„Wir sind in der Corona-Krise gezwungen, einen schwierigen Balanceakt zu vollziehen“, klagt er. Natürlich wollen er und seine Kollegen sich an die Vorgaben der Pandemie-Experten und Virologen halten. „Aber wir möchten den Angehörigen auch eine würdige Verabschiedung von den Verstorbenen ermöglichen.“ Nur: Wie soll das bei Einhaltung der Abstandsregeln und Hygienevorschriften gehen? Gott sei Dank sei das Endzeitszenario vom ersten Lockdown im Frühjahr vergangenen Jahres vorbei, als Trauerfeiern komplett untersagt waren, sagt Müschenborn. „Wie wäre wohl Marie Luise Nikuta verabschiedet worden? Es wäre ein Fest gewesen, mit Gesängen und wahrscheinlich hunderten von Trauergästen.“

Abstands- und Hygieneregeln in Ausnahmesituationen

Im Sommer kamen dann die Lockerungen. Trauerfeiern mit bis zu hundert Besuchern waren wieder möglich. „Diese Regelung wurde aber unverständlicherweise auch im zweiten anhaltenden Lockdown beibehalten“, erklärt Müschenborn. Natürlich gelten nach wie vor die Abstands- und Hygieneregeln. „Aber trauernde Menschen sind emotional in einer Ausnahmesituation. Sie umarmen sich spontan und wollen miteinander über den Verstorbenen sprechen.“ Der Gedanke an die Einhaltung von Corona-Regeln tritt nicht selten in den Hintergrund. „Darüber wurde anscheinend wenig nachgedacht“, so Müschenborn weiter.

Bestatter in der Corona-Krise

Nach wie vor sind Bestatter in Deutschland nicht als systemrelevant eingestuft. Sie sind auch keiner privilegierten Impf-Kategorie zugeordnet.

Das Gesundheitsamt Köln hat Ende Januar eine Handlungsanweisung für Bestatter und Gesundheitseinrichtungen verfasst, wie mit Verstorbenen, die mit dem Coronavirus infiziert waren, umgegangen werden muss. „Es hatte im März 2020 bereits Gespräche mit den Beteiligten über den Corona-gerechten Umgang mit infizierten Leichnamen gegeben. Wir haben reagiert, sobald es Hinweise gab, dass nicht alles rund läuft. Jetzt arbeiten wir eng mit den Bestattern zusammen, um Infektionsgefahren im Umgang mit den Verstorbenen zu vermeiden“, so Gerhard Wiesmüller, stellvertretender Leiter des Gesundheitsamtes. Zudem werde sich die Ethik-Kommission dafür einsetzen, dass Bestatter bei übrig gebliebenen Corona-Impfdosen bevorzugt berücksichtigt werden. (dhi)

Der diplomierte Theologe macht aus seinem Zwiespalt keinen Hehl. „In unserem Haus haben wir immer darauf hingearbeitet, dass die Trauernden sich näher kommen, ihre Gefühle zeigen und den Verstorbenen auch noch einmal berühren können.“ Doch die Umstände führen dazu, dass sich die Angehörigen in einem Raum mit mehreren Personen nicht mehr wohl fühlen und das Genannte kaum noch stattfindet. Viele wollen daher nur noch sehr reduzierte Trauerfeiern, oft ohne Trauerhalle. „Ich bedauere das sehr.“

Was den Kölner Bestatter aber auch umtreibt, ist die mangelnde Einhaltung von Sicherheitsanforderungen in der Corona-Pandemiezeit. „Wir erleben immer wieder, dass beim Abholen der Leichname in Krankenhäusern, Seniorenheimen und Hospizen unvorsichtig gehandelt wird“, so Müschenborn. In der Vergangenheit habe es öfter Fälle gegeben, wo der Leichnam nicht abgedeckt war oder im Totenschein nicht vermerkt war, dass es sich um einen Covid-19-Patienten handelte. Wenn Bestatter dann keine Schutzkleidung tragen, bringen sie sich automatisch in Gefahr. Denn auch aus einem Leichnam kann häufig durch Bewegung noch Lungenluft ausströmen. „Wir haben daher früh konsequent regelmäßig Schutzkleidung getragen, sprich Kittel, FFP2-Maske, Schutz-Visier, Schutz-Brille und Handschuhe“, erläutert Müschenborn.

Handlungsanweisung vom Gesundheitsamt

Erst Ende Januar hat das Gesundheitsamt eine Handlungsanweisung an die Bestatter verschickt, in der der korrekte Umgang mit den Leichnamen beschrieben ist. Darin wird nunmehr neben der erforderlichen Schutzkleidung auch beschrieben, wie die Leichname in den verschiedenen Einrichtungen an die Bestatter übergeben werden sollen – insbesondere die Bedeckung des Körpers und des Gesichts mit einem Leichentuch. „Endlich haben wir etwas Schriftliches für Covid-19-Fälle in der Hand, dass wir auch vorzeigen können, wenn etwas hygienisch nicht so läuft, wie es sein sollte“, freut sich Müschenborn. Aber man habe viel zu lange warten müssen. Mittlerweile seien die Forderungen der Bestatter aber mit dem Gesundheitsamt besprochen.

Trauerfeiern im Livestream

Auch die weiteren Bestatterarbeiten sind nicht gefahrlos, wie der 50-Jährige erläutert. Die Herrichtung und das Aufbahren des Verstorbenen sollte in diesen Zeiten ebenfalls nur noch mit Schutzkleidung durchgeführt werden. Denn jede Bewegung oder Verlagerung es Leichnams kann das Entweichen von Aerosolen zur Folge haben, an denen dann auch Coronaviren haften können. Am Schluss steht dann noch die richtige Entsorgung der Schutzkleidung. Diese ist in der Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall geregelt.

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Müschenborn und seine Kollegen versuchen nun, mit Hilfe von neuen Dienstleistungen die Würde einer Bestattungen zu erhalten. „Wir gehen neue Wege: Zum Beispiel fotografieren wir auf Wunsch die Verstorbenen und geben das an die Angehörigen weiter.“ Auch Fotos von den Trauerfeiern stelle sein Haus regelmäßig den Angehörigen zur Verfügung. „Neuerdings bieten wir Live-Streams an, was bisher wenig gemacht wurde.“ Eine weitere Idee ist, eine Art von Jahresgedenkfeiern anzubieten – sprich, dass sich die Angehörigen ein Jahr nach der Beerdigung noch einmal treffen, wenn die Pandemie hoffentlich vorbei ist.

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