Erzbistum KölnWoelki in der Kritik – doch kein Gegen-Meisner

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Woelki

Kardinal Rainer Maria Woelki.

Köln – Es ist keine vier Jahre her, da rief die Grüne Sylvia Löhrmann im Kölner Dom gleichsam den reformierten Katholizismus aus. Der neue Erzbischof Rainer Woelki passe „zu einer neuen modernen katholischen Kirche, wie Papst Franziskus sie versteht“, sagte die damalige Vize-Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen bei Woelkis Amtseinführung. Dabei gehe es um die Rolle der Frau in der Kirche, um alternative Partnerschaftsformen und die Ökumene.

Heute ist klar: Die anfänglichen Hoffnungen vieler Katholiken auf eine Art Anti-Meisner haben sich als Irrtum erwiesen. Für sie ist es eher Meisner reloaded. In innerkirchlichen Fragen verfolgt Woelki (61) einen ebenso konservativen Kurs wie sein Vorgänger und Ziehvater, der vergangenes Jahr gestorbene Joachim Meisner.

Kein gemeinsamer Religionsunterricht

So macht Köln als einziges Bistum in Nordrhein-Westfalen nicht bei der Zusammenlegung von katholischem und evangelischem Religionsunterricht mit. Und in der Schwangerenkonfliktberatung setzte sich das Bistum von einer Erklärung des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Marx, ab, der die Arbeit von Donum Vitae gelobt hatte. Dieser von katholischen Laien getragene Verein stellt im Gegensatz zu kirchlichen Einrichtungen die für eine straffreie Abtreibung nötigen Beratungsscheine aus.

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Die Liste von Beispielen ließe sich fortsetzen. Außerhalb des Erzbistums bekommt man nicht viel davon mit, weil Woelki dort vor allem als mutiger Vorkämpfer für die Flüchtlingshilfe wahrgenommen wird. In Sozialfragen vertritt er häufig linke Positionen. Dies steht aber nicht unbedingt im Widerspruch zum innerkirchlichen Hardliner-Kurs.

Schon im 19. Jahrhundert brachte die katholische Kirche in Deutschland scharfe Kapitalismus-Kritiker hervor, die gleichzeitig voll auf Linie waren. „Die Angst beginnt erst da, wo man glaubt, dass die Armen daraus auch theologische Folgerungen ableiten könnten, die man für unvereinbar mit der theologischen Dogmatik hält“, erläutert Bernd Wacker, Leiter der katholischen Karl-Rahner-Akademie.

Bruch mit Meiering

Der schlaksige Woelki, der mit seinen dunklen Haaren und der Brille ein wenig an Harry Potter in Alt erinnert, konnte in der Verwaltung des größten deutschen Bistums zunächst auf sehr viel guten Willen setzen. Mittlerweile herrscht aber gerade dort großes Misstrauen. Ihm wird vorgeworfen, wichtige Entscheidungen vor sich herzuschieben.

Jemand, der hier auf Beschlüsse drängte, war der bisherige Generalvikar Dominik Meiering (48). Er wurde jedoch in diesem Monat von Woelki nach nur drei Jahren abberufen.

Nachfolger ist ein Priester mit Verbindungen zur erzkonservativen Glaubensbewegung Opus Dei.

„Gegen-Generalvikariat“

Der meistgenannte Kritikpunkt ist jedoch der, dass Woelki ein „Gegen-Generalvikariat“ aufgebaut habe, eine Parallelstruktur zur Bistumsverwaltung mit persönlichen Vertrauten aus seiner Zeit als Erzbischof in Berlin. Diese Kernmannschaft habe in allen wichtigen Fragen das letzte Wort.

Woelkis Sprecher Christoph Heckeley sagt dazu, diese „Diözesanstelle für den Pastoralen Zukunftsweg“ sei deshalb direkt dem Erzbischof unterstellt, weil sie von so großer strategischer Bedeutung sei.

Beim „Pastoralen Zukunftsweg“ geht es darum, wie das Erzbistum angesichts des enormen Priestermangels künftig weitermachen soll. Dies ist ein zentrales Problem für alle katholischen Bistümer in Deutschland. Zurzeit bastelt jeder Bischof alleine vor sich hin. Woelki will unter anderem stärker auf ein Engagement von Ehrenamtlichen setzen. Gefordert sei ein „Mentalitätswechsel bei allen - vom einzelnen Gläubigen bis in die Verwaltung“, sagt Woelki-Sprecher Heckeley.

Kritiker bemängeln fehlende Motivation

Dafür müsste man als Bistumschef extrem gut im Motivieren sein. Doch eben daran hapert es nach Meinung von Kritikern. „Man muss so ein Bistum auch lieben“, sagt ein Geistlicher. Damit ist gemeint, dass die Gläubigen nach einem Vierteljahrhundert Meisner vor allem ein Gefühl der Wertschätzung bräuchten. Doch Woelki sieht sich eher als Initiator und Antreiber eines „geistigen Aufbruchs“. Ein Mann für Streicheleinheiten ist er nicht. (dpa)

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