Ex-Grandhotel-Direktor Henning Matthiesen„Der Abschied ist entscheidend“

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Henning Matthiesen_Grandhotel

Der schei­den­de Direktor Henning Matt­hie­sen (l.) und Nach­fol­ger Georg Plesser.

  • Henning Matthiesen wechselt ins Brenners Park-Hotel in Baden-Baden.
  • Sein Interesse für das Hotelfach begann mit 15 Jahren nach einem Praktikum.
  • Im Interview erzählt er von seinen schönsten Erinnerungen an Köln.

Köln – Ihre beruflichen Stationen sind sehr zahlreich. Nach dem Start in Hamburg folgten Frankreich, England, Tschechien, dann wieder Deutschland mit Top-Hotels wie Vier Jahreszeiten oder Adlon. Jetzt verlassen Sie Köln, um nach Baden-Baden als Direktor in Brenners Park-Hotel zu wechseln. Aufbrüche sind offenbar Teil Ihres Lebens.

Das kann man so sagen, die gehören in der Branche aber auch dazu. Meist ist mit einem Wechsel nicht nur ein Ortswechsel verbunden, sondern auch eine neue Hierarchie-Ebene. Dabei habe ich natürlich viele Erfahrungen sammeln können und es haben sich immer wieder neue Türen in meinem Leben geöffnet. Chancen, bei denen ich dachte: Oh ja, das wäre toll. So ging es mir bei Köln und jetzt auch bei Baden-Baden.

Wollten Sie immer schon Hoteldirektor werden?

Als kleiner Junge wollte ich Feuerwehrmann oder Polizist werden, so wie wohl alle Jungs in dem Alter. Mein Interesse und meine Faszination für das Hotel begann mit 15 Jahren im Rahmen eines Schülerpraktikums im Hotel Prem in Hamburg. Dort habe ich dann auch später meine Ausbildung gemacht.

Was fasziniert Sie?

Ein Hotel wie das Excelsior Hotel Ernst ist ein geschlossener Kosmos, eine Oase, ein kleiner Hideaway mitten in der Stadt. Das haben Sie sicher auch gespürt. Wenn Sie hier durch die Halle gehen, tauchen Sie in eine andere Welt ein. Plötzlich herrscht Ruhe, obwohl draußen alles turbulent ist.

Zur Person

15 Jahre alt war Henning Matthiesen, als seine Liebe zur Hotellerie geweckt wurde. Geboren ist er in Wedel bei Hamburg. Auch heute  – im Alter von 47 Jahren – ist Matthiesens Faszination dafür, „Menschen magische Momente zu bescheren“, ungebrochen.

 An seiner Seite sind seine Frau Nathalie, die er während seiner Tätigkeit in Frankreich kennenlernte, sowie die Söhne Nils (13) und Finn (9). Die Familie ist dem Hotelier sehr wichtig. In seiner Freizeit verbringt er am liebsten Zeit mit ihr. (dha)

Die Restaurants bieten verschiedene Szenarien. Dazu kommen die unterschiedlichen Phasen, die ein Hotel am Tag durchläuft: morgens, mittags, abends, nachts… Ein Hotel lebt schließlich, und das 365 Tage im Jahr rund um die Uhr. Hier ist nie geschlossen.

Dann ist der Direktor so eine Art Kanzler eines Ministaats?

Ich komme aus Norddeutschland und sage immer, der Eigentümer ist wie die Reederei und ich als Direktor bin der Kapitän. Gemeinsam bestimmt man das Ziel und ich steuere darauf zu und sorge dafür, dass wir dort ankommen.

Was haben Sie hier in den sieben Jahren erreicht?

Ich habe das Glück, mit einem tollen Team zusammenzuarbeiten und gemeinsam haben wir viel erreicht. Wir haben renoviert, saniert, investiert und – wie ich glaube – viele richtige Wege eingeschlagen. Das Haus ist nun sehr gut aufgestellt. Tradition ist natürlich immer ein wichtiger Orientierungspunkt für ein Grandhotel.

In der heutigen Zeit, in der alles immer schnelllebiger wird, sind Werte wichtiger denn je. Man muss jedoch auch innovativ sein, um den Erwartungen der Gäste gerecht zu werden. Unsere Gäste reisen viel mehr als früher, sie kommen beispielsweise abends aus Asien, um am nächsten Tag in die USA weiterzufliegen.

Was nehmen Sie als Erinnerungen aus Köln mit?

Ich nehme viele Emotionen und schöne Erinnerungen an das Hotel, die Stadt und die Menschen mit. Natürlich freue ich mich auch auf das Neue. Wir als Familie müssen aber auch viel zurücklassen, wir leben schließlich im Hotel.

Oho...

(lacht) Es ist nicht so, wie Sie sich das jetzt instinktiv vorstellen, mit einer Suite mit Blick auf den Dom. Wir haben hier unsere eigene Wohnung mit unseren eigenen Möbeln. Das war im Excelsior schon immer so, dass der Hoteldirektor auch im Haus wohnt, das ist Tradition.

Ihre Söhne sind neun und 13 Jahre. Ich nehme an, die werden den Umzug nach Baden-Baden nicht so lustig finden.

Nun ja… Der ältere hat schon im Dunstkreis von London und Prag gelebt, er kennt Umzüge also schon. Unser jüngster Sohn ist allerdings in Prag geboren und war zwei Jahre alt, als wir hierhin gekommen sind. Köln ist sein Zuhause. Natürlich sind die Jungs jetzt in einem Alter, in dem sie viele Freunde haben und sich in der Schule gut eingelebt haben.

Da war es dann schon ein längerer Prozess, sich damit anzufreunden, dass wir jetzt umziehen. Aber ich sage immer: Eine Tür schließt sich, eine öffnet sich. Und bei den Kindern wird das den Horizont erweitern.

Halten Sie das für notwendig?

Ich halte es für gut. In unserer Welt ist Flexibilität immer gefragter und sie ist auch nötig. Ich glaube, das ist auch gar nicht verkehrt für die Kinder. Es ist ja nicht so, dass man sie herausreißt und sie alles auf einmal zurücklassen. Das Ganze ist ein Prozess.

Was waren die Höhepunkte Ihrer Jahre in Köln?

Die 150-Jahr-Feier im Hotel war definitiv ein toller Höhepunkt. Das war zu meiner Anfangszeit hier. Ein Grandhotel mit einer inzwischen 156-jährigen Geschichte hat eine enge Bindung an den lokalen Markt und die Stadt. Und auch umgekehrt haben die Kölner eine emotionale Bindung an das Hotel und das nun schon seit vielen Generationen. Karneval ist hier natürlich auch einzigartig. Beim Rosenmontagszug haben wir eine Tribüne vor dem Haus und wir sind außerdem die Herberge für das Kinderdreigestirn, auch das ist Tradition und Teil der Stadtgeschichte. Rosenmontag war für mich als Direktor schon immer einer der größten Tage im Jahr. Der Kölner Karneval ist schon sensationell!

Sind Sie in einem Karnevalsverein?

Nicht aktiv. Da muss man diplomatisch sein und aufpassen, dass man keinen Fauxpas begeht und andere vor den Kopf stößt. Ich bin aber Ehrensenator im Senat der Ehrengarde und im Großen Senat.

Gibt es noch etwas, das Sie hier ins Herz geschlossen haben?

Da ist noch eine Sache, die ich wirklich sehr schön finde – das sind die vielen kleinen verwinkelten Straßen in der Innenstadt, wo man tollen Einzelhandel findet. Es gibt dort einen Laden, der nur Regenschirme verkauft. Ein anderer Laden verkauft nur Hüte oder Handschuhe.

Aber auch die kleinen Cafés und Hotels haben sehr viel Charme. Und ich glaube, das wird nicht genug promotet. Außerdem ist die Erreichbarkeit in Köln sensationell unschlagbar in Deutschland – mit dem Zug und dem Flieger. Ich glaube, den stockenden Kölner Autoverkehr werde ich in Baden-Baden nicht vermissen.

Als Hotelier sind Sie Experte für Willkommen und Abschiede. Was ist wichtiger im Hotel?

Das Willkommen ist natürlich als erster Eindruck sehr wichtig. Aber was wirklich bleibt, ist der Abschied. Mir ist es immer sehr wichtig, dass die Gäste eine bleibende Erinnerung haben wenn sie abreisen. Das ist ein gutes Zeichen. Ausschlaggebend sind dabei weniger die Marmorbäder, das Silber und die Etageren, sondern vielmehr der Mensch, er macht den Unterschied. Wenn ein Gast abreist und den Namen des Concierge und zweier Mitarbeiter aus der Hanse Stube kennt, empfiehlt er uns auch weiter. Der Abschied ist entscheidend.

Mit welchen Gefühlen schauen Sie auf den Neuanfang?

Ich freue mich sehr auf das Brenners und Baden-Baden. Es ist ein grandioses Grandhotel und ein Neuanfang passt gerade zum Jahreswechsel besonders gut. Ich brauche diese Herausforderungen – je mehr, desto besser geht es mir. Austrudeln ist nicht so meins. 

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