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FälschungenKölner Bundespolizei prüft sichergestellte Dokumente aus NRW

Lesezeit 4 Minuten
Bundespolizei Dokumente

Moderne Passkontrolle: Mit Vergrößerungen und verschiedenen Lichttechniken prüfen Spezialisten der Bundespolizei Dokumente.

Köln – Der Tag beginnt mit einer Totalfälschung. Auf dem Schreibtisch von Michael Johnen (Name geändert) liegt eine Identitätskarte, angeblich von einem Spanier. Am Flughafen haben Beamte der Bundespolizei den Ausweis eingezogen, weil er ihnen verdächtig vorkam. Erst der Mann. Dann der Ausweis. Nun muss Johnen feststellen, ob die Skepsis der Kollegen berechtigt war. Einige Minuten dauert die Überprüfung, dann ist sich der Experte sicher: „Das Druckverfahren weicht ab, auch die Reaktion auf UV-Licht stimmt nicht“, stellt er fest. Ein falscher Ausweis.

Das Büro von Michael Johnen befindet sich auf dem Gelände von Zoll und Bundespolizei an der Bergisch Gladbacher Straße in Dellbrück. Er ist einer von drei Urkundenprüfern der Bundespolizeiinspektion Kriminalitätsbekämpfung, zuständig für ganz Nordrhein-Westfalen. Egal, ob Dokumente an den Flughäfen Köln/Bonn und Düsseldorf oder an den Bahnhöfen sichergestellt werden, sie alle landen per Kurier bei Michael Johnen und seinen Kollegen. Auch falsche Fahrscheine.

Spezialistenteam arbeitet in Köln

Vor zehn Jahren hat die Bundespolizei solchen Fälschungen den Kampf angesagt und ein Spezialistenteam beim kriminaltechnischen Dienst in Köln gebildet. Inzwischen werden bundesweit jedes Jahr 4000 Fälschungen entdeckt. „Hinzu kommt ein nicht unerhebliches Dunkelfeld bei der Nutzung solcher Dokumente zur unerlaubten Einreise“, heißt es in einem Bericht der Bundespolizei. Und im Bereich der organisierten Kriminalität geht es schlicht darum, Straftaten unter falscher Identität zu begehen.

Jedes Dokument nimmt Michael Johnen erstmal unter die Lupe. Das klingt nach Polizeiarbeit im Stil eines Sherlock Holmes, ist aber durchaus effektiv, denn das geschliffene Glas sorgt für eine Zehnfachvergrößerung. „Schlechte Fälschungen lassen sich damit sofort erkennen“, verrät der Fachmann. Im Zweifel schiebt der Beamte das Dokument unter ein Stereomikroskop, unter dem ein dreidimensionaler Eindruck des bedruckten Papiers entsteht. Zuverlässigster Helfer ist jedoch das Prüfgerät eines britischen Herstellers. Es verfügt über UV-Licht und kann das Papier in verschiedenen Winkeln beleuchten. So sind die Ermittler einst auch auf eine Serie von Passfälschungen gestoßen, denn das Papier verfügte immer über das gleiche Wasserzeichen.

Fingerabdruck ist immer noch ein wichtiges Indiz

Unter dem VSC 600 landete kürzlich auch der Ausweis eines Mannes aus Georgien (29). Am Kölner Hauptbahnhof hatte er sich bei einer Kontrolle als Bulgare ausgegeben – mit Führerschein und Identitätskarte. Beide gefälscht. Der Fingerabdruck brachte schließlich die wahre Identität des mit mehreren Haftbefehlen gesuchten Kriminellen zutage. „Wir müssen die Fälschungen für die Strafakte dokumentieren und einen Prüfbericht verfassen“, erklärt Johnen seinen Job. Alle Fälschungen werden letztlich zur Zentralstelle nach Koblenz geschickt und dort aufbewahrt.

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Nicht nur viele Fälschungen haben in den vergangenen Jahren an Qualität gewonnen, auch die Kontrollmöglichkeiten haben sich verbessert. An Bahnhöfen und Flughäfen gibt es Ausweislesegeräte, seit 2019 ist die Dokumentenprüfung auch per App über das Diensthandy der Ermittler möglich. „Aber es gibt die verschiedensten Ausweisdokumente. Und ein Seefahrtsbuch aus Osteuropa kann nicht jeder kennen“, sagt Johnen. Eine spezielle Ausweis-Datenbank hilft den Polizisten. Hier sind tausende Dokumente hinterlegt, außerdem Abbildungen von Feuchtstempeln und Prägesiegeln.

Die Kunst, Ausweise auf ihre Echtheit zu prüfen, vermitteln Johnen und seine Kollegen in Seminaren auch an Mitarbeiter von Ausländerämtern. Und an die eigenen Kollegen. Zweimal schon hat Johnen für einige Monate im Ausland gearbeitet. Im nigerianischen Lagos war er am Flughafen stationiert, ebenso in Wien und im griechischen Heraklion. Tausende Ausweise hat er in den Händen gehalten. „Advanced level document officer“, wird er dort genannt. Manchmal ist er auch bei Hausdurchsuchungen dabei, um gefälschte Dokumente zu sichten und eventuell eine Tatserie erkennen zu können. Neulich sind Täter an unbedruckte Fahrscheine gelangt und haben daraus mit dem eigenen Drucker teure Monatstickets erstellt.

Den Beamten geht es eher nicht um gefälschte Schülerausweise, mit denen Zwölfjährige versuchen, in einen Film ab 16 zu gelangen. Voriges Jahr ist der Bundespolizei bei einer Razzia in fünf Bundesländern ein Schlag gegen mutmaßliche Schleuser und Passfälscher gelungen. Als Hauptverdächtiger gilt ein Mann aus dem Kosovo, der Schwerkriminelle aus Albanien mit falschen Pässen versorgt und ihnen die Einreise nach Deutschland ermöglicht haben soll. Für Preise ab 500 Euro soll er die Pässe seiner „Kunden“ mit gefälschten Grenzkontrollstempeln versehen haben, denn albanische Staatsangehörige dürfen sich 90 Tage pro Halbjahr ohne Visum in Deutschland aufhalten. Einige Kriminelle sollen sich anschließend jahrelang illegal hier aufgehalten haben.

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