Fahrverbote sind vom TischKein Bann für Dieselautos in Köln

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Die Schadstoffwerte sind auch am Neumarkt gesunken.

Köln – Dieselfahrverbote wird es in Köln auf absehbare Zeit nicht geben. Nach Gerichtsprozessen in zwei Instanzen haben sich die Landesregierung, die Stadt Köln und die Deutsche Umwelthilfe nun außergerichtlich geeinigt. Damit wird es eine Verhandlung in dritter und letzter Instanz vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht mehr geben.

Die Kölner Stadtverwaltung verpflichtet sich dafür zur Umsetzung einer Reihe von Verkehrsmaßnahmen, mit denen sie zum größten Teil entweder schon begonnen hat, oder die sich bereits in Planung befinden.

Tempo 30 in Innenstadt wird untersucht

Überraschungen verbergen sich unter den Maßnahmen (siehe Kasten) also nicht. So wurden unter anderem Radstreifen auf den Ringen vereinbart. Seit Jahren realisiert das Verkehrsdezernat die schon abschnittsweise. Auch für einen Radstreifen auf der Nord-Süd-Fahrt wurden bereits Pläne abgesegnet. Das vereinbarte Radverkehrskonzept gibt es ebenfalls schon längst. In ihm enthalten sind die nun ebenfalls geforderten Fahrradstraßennetze in den Stadtbezirken. Auch der Bau von fünf vollautomatisch betriebenen Bike Towern mit je 120 Abstellplätzen ist bereits beschlossene Sache.

Alles zum Thema Henriette Reker

Nicht anders verhält es sich mit der vereinbarten Installation von 200 Ladesäulen für E-Fahrzeuge. Der einzige kontroverse Punkt, der in Köln schon rege diskutiert wird: Die Ausweisung einer großen zusammenhängenden Tempo-30-Zone zwischen Ringen und Rhein. Doch diese Zone wird auch nicht ultimativ gefordert. Lediglich eine Untersuchung zur Machbarkeit ist vereinbart.

Stimmen zur Einigung

IHK Köln: „Fahrverbote wären für die Unternehmen ein sehr großes Problem gewesen. Bei den neuen Maßnahmen ist darauf zu achten, dass die Hauptverkehrsstraßen verlässlich  nutzbar bleiben“, sagt Geschäftsführer Ulrich Soénius.

Handwerkskammer: Die Handwerker der Region können jetzt entspannter in die Zukunft gucken. Fahrverbote hätten uns vor massive Herausforderungen gestellt. Jetzt haben wir endlich Planungssicherheit“, sagt  Hauptgeschäftsführer Garrelt Duin.

SPD: „Es ist unangebracht, dass sich die Stadt dafür auf die Schultern klopft. Schließlich will sie jetzt Maßnahmen umsetzen, die teils bereits vor Jahren vom Rat beschlossen wurden“, sagt OB-Kandidat Andreas Kossiski.

CDU: „Die Einigung mit der Umwelthilfe  zeigt, dass die Maßnahmen, die wir  ergriffen haben, ausreichend waren. Somit bleibt das Auto  eine wichtige Säule unserer Mobilität. Gleichzeitig setzen wir Anreize für einen moderneren Mobilitätsmix“,  sagt Vorsitzender Bernd Petelkau.

ADAC: Die stärkere Förderung der Radverkehrs ist vom Grundsatz her richtig.  Bei der Umsetzung von Einzelmaßnahmen muss aber genau geprüft werden, ob der Verkehrsfluss negativ beeinflusst wird. Stau hilft uns bei der Luftreinhaltung nicht weiter“, sagt Roman Suthold.

Linke: „Es ist gut, dass die Stadt nun zu Rad- und Busspuren verpflichtet wird. Für eine saubere Luft in Köln müssen wir vor allem den ÖPNV wieder in Fahrt bringen“, sagt Fraktionssprecher Jörg Detjen.

„Dass wir mit diesen Maßnahmen bereits die Schadstoffwerte deutlich senken konnten, hat wesentlich dazu beigetragen, dass die Umwelthilfe in Verhandlungen eingetreten ist“, sagt Köln Verkehrsdezernentin Andrea Blome. Forderungen darüber hinaus habe es nicht gegeben. „Was hätte es der Umwelthilfe geholfen, wenn wir bei neuen Maßnahmen nur hätten sagen können: Unter Vorbehalt der Gremienzustimmung.“

Dass die Umwelthilfe zu einer außergerichtlichen Einigung bereit war dürfte aber nicht alleine auf die Vorleistungen der Stadt zurückzuführen sein. Gegen 14 Städte in NRW hat der Interessenverein auf Einhaltung der Grenzwerte zur Luftreinhaltung geklagt. Das Verfahren gegen die Stadt Köln war eines der letzten, das vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster verhandelt wurde. Bei der Urteilsverkündung im September 2019 mahnte der Richter an, dass der Aufwand zur Durchführung der Gerichtsverfahren kaum noch zu bewältigen sei. In der Folge wurden mit elf nordrhein-westfälischen Städten eine außergerichtliche Lösung vereinbart. Gegen Köln war damals ein Urteil ergangen, dass noch Fahrverbote vorsah. Das Land legte Einspruch ein und rief damit die nächste Instanz an, das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Mit der jetzigen Einigung ist diese Verhandlung nun vom Tisch.

Für Köln kann das als glückliche Ende gewertet werden, dass am Anfang des Prozessreigens so nicht absehbar war. Das Gerichtsverfahren in erster Instanz verlief aus Sicht der Stadt äußert schlecht. Ein aktualisierter Luftreinhalteplan für Köln lag nicht vor. Der Richter verhängte eine drakonische Strafe: Dieselfahrverbote in der gesamten Umweltzone und damit auf dem allergrößten Teil des Stadtgebietes.

Zwar wurde dieses Urteil in zweiter Instanz abgemildert. Doch der Richter am Oberverwaltungsgericht zeigte sich Unzufrieden mit den Perspektiven, die Stadt und Bezirksregierung zur Einhaltung der Grenzwerte, aufzeigten. Fahrverbote hielt er immer noch für geboten.

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Das Damoklesschwert Fahrverbote habe durchaus Wirkung gezeigt, sagt Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Entscheidungen sei dadurch sicherlich schneller zustande gekommen. Die Motivation habe aber grundsätzlich darin bestanden, die Gesundheit der Bürger zu schützen. „Mich freut diese Einigung nicht zuletzt auch für die Menschen, die nicht auf das Auto verzichten, sich aber einen modernen Dieselmotor nicht leisten können“, sagt sie.

Befristet ist die Vereinbarung nicht. Doch es sei sicher, dass bei Überschreitung der Grenzwerte erneut Streit drohe, sagt Blome. „Deshalb werden wir den eingeschlagenen Weg weiter gehen.“

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