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Gemeinsames Stück an KarnevalBrings und Höhner setzen Zeichen gegen Antisemitismus

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Zusammen gegen Antisemitismus: Peter Brings, Heiko Braun, Jens Streifling, Joachim E. Zöller, Sven Welter, Abraham Lehrer, Aaron Knappstein und Werner Jung (v.l.).

Zusammen gegen Antisemitismus: Peter Brings, Heiko Braun, Jens Streifling, Joachim E. Zöller, Sven Welter, Abraham Lehrer, Aaron Knappstein und Werner Jung (v.l.).

Köln – Als erste Kölner Karnevalsgesellschaft reagiert „Die Grosse von 1823“ auf den antisemitischen Anschlag in Halle. Bei der beliebten Veranstaltung „Der Große kölsche Countdown“ am 11.11. im Tanzbrunnen soll ein deutliches Zeichen gegen Antisemitismus gesetzt werden. „Es ist Zeit, Flagge zu zeigen“, sagte gestern Professor Joachim Zöller, Präsident der Gesellschaft, bei der Vorstellung der Pläne.

„Beschämend, was in Deutschland passiert“

Innerhalb einer guten Woche nachdem ein Anschlag auf die Synagoge in Halle versucht und zwei Menschen getötet wurden, hat die Gesellschaft zusammen mit der ersten jüdischen Karnevalsgesellschaft „Kölsche Kippa Köpp“ Aktionen geplant. Dabei haben sie spontan die kölschen Bands im Rücken.

„Es ist beschämend, was in Deutschland passiert. Es ist wichtig, dass wir jetzt den Mund aufmachen“, unterstrich Sänger Peter Brings. Jens Streifling von den Höhnern kündigte an, dass die Bands auch zusammen ein gemeinsames Stück spielen werden.

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Bewusst gegen Schweigeminute entschieden

„Halle ist so eine Art Wendepunkt. Jetzt hat sich deutlich gezeigt, was die Stunde geschlagen hat“, sagte Abraham Lehrer, Vorsitzender der Synagogengemeinde Köln und Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. Ebenso wie andere jüdische Vertreter lobte er die Initiative der Karnevalisten. „Hier kommt zum ersten Mal aus der Mitte der Gesellschaft etwas zurück. Das ist ein Zeichen und ein Vertrauensbeweis für uns jüdische Menschen in dieser Stadt.“ Dass Antisemitismus in der Mitte der Gesellschaft angekommen sei, betonte auch Aaron Knappstein, Präsident der „Kölschen Kippa Köpp“. Der gebürtige Kölner habe sich am Tag nach dem Anschlag in Halle gefragt, „ob Deutschland noch mein Land ist“. Als FC-Fan habe er jüngst erleben müssen, dass Schiedsrichter als „Du Jude!“ beschimpft würden. „Es muss lauter werden gegen Antisemitismus“, fordert er.

Ein solches lautes Signal soll die „Applausminute“ auf der Bühne beim Countdown am 11.11. setzen. Sie wird voraussichtlich gegen 12.30 Uhr stattfinden. Man habe sich bewusst gegen eine Schweigeminute entschieden, sagt Manfred Damaschke, Ehrensenator der „Grossen von 1823“.

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Ängste aber auch „schlichtweg Dummheit“ macht Zöller als Ursachen für Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit aus. Bildung sei wichtig. Aus diesem Grund wird es beim Countdown auch Informationsstände geben. Das NS Dokumentationszentrum ist ebenso vertreten wie der Verein „321-2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“. „Reden sind genug gehalten, man muss Haltung zeigen“, betonte Werner Jung, Leiter des Dokumentationszentrums.

Zunächst sind die Aktionen beim Kölschen Countdown die ersten, mit denen sich Karnevalisten gegen Antisemitismus positionieren. „Wir haben uns mit niemandem abgesprochen“, so Zöller. Peter Brings regte an, das Thema im Rosenmontagszug aufzunehmen. „Es gibt eigentlich nichts politischeres als den Karneval“, ist seine Überzeugung.

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