Gesundheitscheck in KölnUrologe Volker Wittkamp weiß, was sich untenrum tut

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Er ist Facharzt für Urologie und mit „Fit im Schritt“, seinem ersten Buch, direkt zum Bestseller-Autor aufgestiegen: Volker Wittkamp, Jahrgang 1983, leidenschaftlicher Rheinländer und ab Mai beschäftigt in einer ambulanten Reha-Klinik in Hennef, wo er Männer und Frauen in jenen Regionen therapiert, über die man nicht gerne spricht. Sein medizinisches Terrain ist breit gefächert. Weil das den wenigsten bewusst ist und weil er Patienten die Scham nehmen möchte, hat er sich hingesetzt und locker und leicht verständlich aufgeschrieben, was sich „unten rum“ so alles tut, wann und wie der Arzt helfen kann, und dass man mit seinem Urologen über wirklich alles vertrauensvoll reden kann, auch über Dinge, die einem nicht so leicht über die Lippen kommen.

Geschlechtskrankheiten

Meist, so die Erfahrung von Volker Wittkamp, tun sich damit die jungen Männer deutlich schwerer als jene im reiferen Alter, die häufig dann kommen, wenn die Prostata Schwierigkeiten macht, „und man seinen Namen nicht mehr zügig in den Schnee pinkeln kann“. Junge Männer, so Wittkamp, treibt es meist erstmalig zum Urologen, wenn Hodenschmerzen sie plagen. „Und leider immer mehr auch Geschlechtskrankheiten wie Tripper oder Syphilis.“

Hat man sich vor Jahren noch aus Angst vor HIV mit Kondomen geschützt, so lässt dies merklich nach, und folglich steigt die Zahl der Erkrankungen. Die Infektionskrankheiten lassen sich mit Antibiotika zwar gut behandeln, allerdings nehmen auch hier resistente Erreger zu. Am besten lassen sich Geschlechtskrankheiten vermeiden, indem man Kondome benutzt, ein wirksamer Schutz für beide Geschlechtspartner.

Hodenkrebs

Oftmals sind davon junge Männer im Alter von 20 bis 40 Jahren betroffen. Wittkamp: „Die Heilungschancen sind sehr gut und liegen bei weit über 90 Prozent.“ Allerdings sind in der Regel eine Operation und gegebenenfalls eine Chemotherapie erforderlich.“ Die ängstliche Frage, ob dadurch die Libido, das sexuelle Verlangen, beeinträchtigt wird, kann der Urologe beruhigend mit „Nein“ beantworten. Einzige Einschränkung: Eventuell kann eine Chemotherapie sich negativ auf die Zeugungsfähigkeit auswirken. Wittkamp rät seinen Patienten: „Rechtzeitig vorher für den Notfall Spermien einfrieren lassen.“

Sex

Aus dem Praxisalltag weiß Volker Wittkamp, dass Männer und Frauen oftmals nicht offen genug miteinander reden, wenn es um Erwartungen oder Probleme beim Geschlechtsverkehr geht. „Ich weiß auch nicht warum, aber Männer meinen immer, dass er zu klein ist oder sie nicht lange genug können. Das halten sie dann für nicht normal oder denken gar, sie seien krank.“ Der Mediziner weiß, dass diese falschen Vorstellungen oft durch Pornofilmchen genährt werden, „wo die natürlich bestens ausgestattet eine halbe Stunde lang können“. Fakt sei aber, dass jenseits aller Porno-Erwartungen der Penis eines Mannes, außer in wenigen Ausnahmefällen, ausreichend groß sei und die Durchschnittszeit für Sex rund fünf Minuten sind. Das dürfte bei fast allen machbar sein.

Blasen-Inkontinenz

Frauen und Männer leiden darunter, wenn die Blase tut, was sie will. Bei Männern ist das meist nach einer Unterleibsoperation der Fall, bei Frauen dagegen steigt das Risiko der Blasenschwäche mit zunehmendem Alter, oftmals auch bedingt durch Geburten und Übergewicht.

„Bei einer Belastungsinkontinenz schwächelt der Schließmuskel der Blase, wenn man hustet, niest, Treppen steigt und Ähnliches, also wenn man sich belastet.

Bei einer Dranginkontinenz führt eine verstärkte Blasenmuskelaktivität zu häufigem Harndrang und ungewollten Urinabgängen. Daneben gibt es noch weitere Mischformen. Eine oft wirksame, aber mühselige Therapie ist es, Sport zu treiben, um das Gewicht zu reduzieren, und regelmäßig den Beckenboden zu trainieren – das schadet auch nicht in jungen Jahren und kann einer späteren Inkontinenz vorbeugen. Volker Wittkamp macht es selbst regelmäßig: „Das geht sogar gut, wenn man abends auf dem Sofa sitzt.“ Das heißt: Alle Muskeln im Beckenbereich anspannen und die Öffnungen mit Muskelkraft verschließen, so als ob man alles nach oben ziehen würde. Bringt dies nicht den gewünschten Erfolg, gibt es verschiedene Medikamente, die helfen, und in manchen Fällen ist eine Operation nötig.

Blasenentzündungen

Meist leiden Frauen darunter, „weil sie naturgemäß eine kürzere Harnröhre haben und Bakterien und andere Erreger schneller eindringen können“.

Bis zu drei Mal im Jahr ist eine Blasenentzündung normal. In den meisten Fällen ist nach kurzer Antibiotika-Therapie das Leiden behoben. „Wer häufiger eine Blasenentzündung hat, sollte dies urologisch abklären lassen“, so Wittkamp. Möglicherweise ist eine anatomische Fehlbildung dafür verantwortlich. Frauen haben oftmals nach Geschlechtsverkehr eine Blasenentzündung, weil durch die Reibung Bakterien in die Harnröhre gelangen können. Wittkamps Rat: „Nach dem Sex auf die Toilette gehen und urinieren, dies hilft allerdings nur in fünf bis zehn Prozent der Fälle. Wirksamer ist es, nach dem Sex ein gering dosiertes Antibiotikum zu nehmen.“

Schnell Abhilfe schaffen kann man bei den Patientinnen, die sich mit dem Toilettenpapier in der falschen Richtung reinigen. Also von hinten nach vorne (richtig ist von vorne nach hinten) , „denn viele Entzündungen entstehen durch Darmbakterien“. Mittlerweile gibt es sogar Impfungen, die vor wiederkehrenden Blasenentzündungen schützen.

Erektionsstörungen

Die medikamentöse Therapie bei Erektionsstörungen mit den allseits bekannten Pillen ist ein großes Thema in den Praxen der Urologen, so Volker Wittkamp, da viele Männer unter diesem Problem leiden. „Viele denken, dass diese Medikamente gefährlich sind, was absolut nicht stimmt. Sie sind gut verträglich und verschaffen häufig neue Lebensqualität. Für beide Partner.“ Bei bestimmten Herzmedikamenten sollte man allerdings vorsichtig sein und sich keine Medikamente eigenmächtig im Internet besorgen.

Zudem können Erektionsmittel eventuell Kopfschmerzen oder Schwindel verursachen. Absoluter Quatsch allerdings ist die Sorge mancher Männer, man könne durch die „Pille“ eine Dauererektion bekommen. „Für eine Erektion braucht man schon einen sexuellen Anreiz, sonst klappt es nicht, auch nicht mit Pille. Das Mittel verbessert die Erektion, aber löst sie nicht automatisch aus“, beruhigt Wittkamp.

Vorsicht bei Dr. Google

„Man kann einige gute Sachen im Netz finden und sich vielleicht den ein oder anderen Arztbesuch ersparen. Aber nur der Fachmann kann erkennen, was dubios und falsch ist“, warnt der Urologe Wittkamp.

Er erlebt, dass Patienten durch Google-Recherche bei bestimmten Krankheiten in Panik versetzt werden oder aber ins genaue Gegenteil: „Einige denken auch, och, ist doch total harmlos, was ich da habe und spüre.“ Beide Einschätzungen können fatale Folgen haben. „Man muss nicht bei jedem Zwicken sofort in die Notfallambulanz rennen, allerdings sollte man lang anhaltende Symptome und starke Schmerzen nicht verdrängen, auch nicht wenn es sich um Beschwerden im intimen Bereich handelt. Und keine Sorge, ein Besuch beim Urologen ist weniger schlimm als sein Ruf“, beruhigt Wittkamp.

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