Grundstückseigentümer dagegenKein Platz für das NSU-Mahnmal?

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Ein virtuelles Haus soll das NSU-Mahnmal werden – Besucher im Museum Ludwig können es auf dem Tablet ausprobieren.

Ein virtuelles Haus soll das NSU-Mahnmal werden – Besucher im Museum Ludwig können es auf dem Tablet ausprobieren.

Köln – Das Thema ist hochsensibel, die Lage ist kompliziert, die Fronten sind verhärtet. 15 Jahre nach dem Nagelbombenanschlag der rechtsextremen Terrorgruppe NSU vor einem Friseursalon an der Keupstraße am 9. Juni 2004 scheint die Realisierung eines Mahnmals für die Opfer in weite Ferne gerückt. Zwar gibt es seit 2016 einen preisgekrönten Entwurf des Berliner Künstlers und Filmemachers Ulf Aminde (49), doch ob er in dieser Form je umgesetzt wird, ist offen. Denn der Stadtrat hatte beschlossen, das Mahnmal auf einem Grundstück zu errichten, das der Stadt nicht gehört – eine Fläche an der Ecke Keupstraße/Schanzenstraße.

Die Eigentümergemeinschaft lehnt das ab. Sie plant dort ein fünfstöckiges Bürogebäude. Der Platzbedarf für das Denkmal beträgt rund 600 Quadratmeter – viel Fläche in bester Lage, auf die die Investoren bei der Bebauung verzichten müssten.

NSU-Mahnmal im Museum Ludwig ausgestellt

Wie das Mahnmal aussehen soll – davon kann sich jetzt jeder selbst ein Bild machen. Im Foyer des Museum Ludwig ist bis zum 28. Juli ein Modell des „virtuellen Hauses“ zu sehen, das Aminde entwickelt hat. Es besteht aus zwei Elementen: Zunächst eine 24 mal 6 Meter große Betonplatte, die den Grundriss des Hauses Nummer 29 nachbildet, wo die Bombe explodierte, die 22 Menschen verletzte – sie ist im Museum als Nachbau aus Holz im Maßstab 1:10 zu sehen.

Alles zum Thema Henriette Reker

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Wenn man sich an der Garderobe gegen Pfand einen Tablet-Computer ausleiht, kann man auf dem Bildschirm „virtuelle Wände“ erzeugen, die aus der Bodenplatte hinauszuwachsen scheinen. Dabei handelt es sich um Filme, die Anwohner der Keupstraße gedreht haben – sie sprechen über den Anschlag, das Leben im Viertel, ihre Erfahrungen.

Was im Museum nur mit dem geliehenen Tablet geht, soll später vor Ort per App auf jedem Smartphone abrufbar sein. Die Videos würden laufend ergänzt, so Aminde. Sein Kunstwerk sei „ein Haus, das von Nazis nicht angegriffen werden kann“. Ein Ort der Begegnung, „eine Maschinerie, eine Bühne, die eine künftige Gesellschaft der Vielen beschreibt.“ Er wolle einen positiven Gegenentwurf zu rechter Gewalt bieten – ein Mahnmal, das in die Zukunft führe und darlege, was Rassismus bedeute.

Künstler zu NSU-Mahnmal: „Es kann nur dort stehen“

Bei der Standortfrage legte sich der Künstler am Donnerstag glasklar fest. Er habe das Mahnmal eigens für die Ecke Keupstraße/Schanzenstraße konzipiert. „Es kann nur dort stehen“, betonte Aminde. Mihat Özdemir von der Initiative „Herkesin Meydani – Platz für alle“ sagte, dies sei ein wichtiges Projekt, bei dem die Anwohner „endlich mal ernst genommen“ würden. Er forderte: „Die Politik muss das Thema jetzt zur Chefsache machen.“ Man glaube, so Ahmet Edis vom städtischen Integrationsrat, „dass es möglich ist, diesen Standort für das Mahnmal zu gewinnen, aber dafür braucht es viele, viele Unterstützer“.

Der Vertreter der Eigentümer, Bernd Odenthal, sagte der Rundschau, man stehe einem Mahnmal „nach wie vor positiv gegenüber“, lehne den Standort Keupstraße/Schanzenstraße aber definitiv ab. Dabei bleibe es. Man sei offen für Gespräche, wolle aber erst die Planungen vorantreiben, danach könne man prüfen, ob es auf dem Grundstück einen geeigneten Standort gebe.

Eigentümer will nicht an Stadt verkaufen

Peter Bach von der Initiative „Keupstraße ist überall“ warf den Eigentümern vor, als Beteiligte des Werkstattverfahrens hätten sie von Anfang an von den Plänen für das Mahnmal gewusst, wollten sich nun vor ihrer Verantwortung drücken. Odenthal wies diesen Vorwurf zurück zurück. Von einem Mahnmal sei die Rede gewesen, aber von dessen Dimensionen und der Festlegung auf den Standort habe man erst 2017 zufällig erfahren. Einen Verkauf der Fläche an die Stadt schloss Odenthal aus.

Oberbürgermeisterin Henriette Reker sagte, ihr gefalle Amindes Entwurf sehr. Sie wolle sich dafür einsetzen, dass er in die Bauplanung integriert werden könne. Aber es sei klar, dass die Stadt nicht über fremdes Eigentum verfügen könne. „Ich hoffe, dass beide Seiten jetzt aufeinander zugehen.“

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