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Handwerker und E-Mobilität„Wir sind in Köln noch nicht so weit“

Lesezeit 5 Minuten
Elektrisch angetrieben: Rollladenbauer André Urban fährt mit dem Tesla vor.  Heizungstechniker Stephan Blißenbach setzt auf einen modernen Diesel.

Elektrisch angetrieben: Rollladenbauer André Urban fährt mit dem Tesla vor.  Heizungstechniker Stephan Blißenbach setzt auf einen modernen Diesel.

  • Mit drohenden Dieselfahrverboten wird Elektro-Mobilität attraktiver in Köln.
  • Einige Handwerksbetriebe haben ihre Kolonne bereits umgerüstet.
  • Doch nicht für alle Betriebe ist ein elektrisches Fahrzeug eine Option. Eine Bestandsaufnahme in drei Firmen.

Köln – Das Angebot klingt verlockend: Handwerksbetriebe können fünf Tage lang kostenlos ein Elektrofahrzeug ausleihen. Danach geben sie den Wagen wieder zurück – und entscheiden sich später vielleicht dauerhaft für Elektromobilität. Die Aktion der Kölner Handwerkskammer wird von der Stadt unterstützt, sie spendiert für den Zeitraum einen Parkausweis. Es gehe darum, Handwerkern zu zeigen, „welche vielfältigen Möglichkeiten es gibt“, erklärt Garrelt Duin, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer.

Es sei erwünscht, dass die Elektromobilität „deutlich mehr Akzeptanz“ findet, „damit sich die Luftqualität stark belasteter Straßen in Köln verbessert und daher Fahrverbote vermieden werden können“, teilt die Kammer mit. Ganz so einfach ist es allerdings nicht. Nicht für jeden Handwerker kommt ein E-Auto infrage.

Der Straßen- und Tiefbauer

Er trägt dazu bei, dass es überhaupt Straßen gibt, über die der Verkehr rollen kann – ob nun elektrisch oder mit Verbrennungsmotor. Dazu rückt er üblicherweise mit schwerem Gerät an – Bagger, Lkw mit 28 Tonnen, Radlader. Manfred Liever ist Geschäftsführer eines Straßen- und Tiefbau-Unternehmens. „Mit einem Nutzfahrzeug, das nur eine Tonne zuladen kann, kann ich nichts anfangen“, sagt er.

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8000 Euro gibt das Land NRW maximal dazu, wenn ein Elektro-Nutzfahrzeug zwischen 2,3 und 7,5 Tonnen gekauft wird. Dazu kommt die Prämie des Bundes. Zusammen gibt es „im besten Fall also 12 000 Euro Zuschuss für ein Elektroauto“, erklärt Garrelt Duin, Hauptgeschäftsführer der Kölner Handwerkskammer. Bei den Fahrzeugen, die im ersten Halbjahr 2019 zugelassen wurden, haben die Elektrofahrzeuge einen Anteil von weniger als zwei Prozent. Unternehmen können sich bei der Handwerkskammer Rat holen. Ein E-Fahrzeug eigne sich für Betriebe, die Kunden „in einem überschaubaren Umkreis haben“. In der Innenstadt gebe es Vorteile, auch wegen der guten Beschleunigung. Im Februar 2018 hat das Bundesverwaltungsgericht Ausnahmen für das Handwerk als eine Voraussetzung für die Verhältnismäßigkeit von Fahrverboten erwähnt. Wie der Zentralverband des Deutschen Handwerks erklärt, bedeute dies aber keine generelle Ausnahme für Handwerker. (kl)

Viele elektrische Nutzfahrzeuge haben eine maximale Zuladung von etwa 700 Kilogramm. Die größeren, wie der Streetscooter Work XL, den DHL in der Paketauslieferung einsetzt, oder der Renault Master Z.E. erlauben knapp über eine Tonne. Der neue Renault-Kastenwagen befindet sich zwar in der Liste der ausleihbaren Fahrzeuge, die die Handwerkskammer vorhält. Er ist aber noch nicht bestellbar. Für Manfred Liever wäre er sowieso zu klein. „Wenn man einen Dreiachser braucht – da ist es schwierig mit einem Elektrofahrzeug.“ In seinem Fuhrpark finden sich überwiegend Lkw mit Euro 5- und Euro 6-Norm. Ein mögliches Fahrverbot für Köln beträfe nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster Fahrzeuge der Abgasnorm Euro 5 und älter. Über Ausnahmen, zum Beispiel für Handwerksbetriebe, ist noch nicht entschieden.

„Ein Straßenbauunternehmen muss ja in die Innenstadt. Wie soll das gehen?“, merkt Manfred Liever an. Auch seine großen Spezialfahrzeuge wie Bagger oder Radlader werden mit Diesel angetrieben. „Es gibt noch keine Elektrobagger“, sagt er. Für die Spezialfahrzeuge gelte keine Abgasnorm. Die moderneren unter ihnen bekommen immerhin einen Aufkleber mit einem Umweltengel, wenn sie bestimmte Grenzwerte für Lärm und Schadstoffe einhalten.

Der Sanitär- und Heizungstechniker

Stephan Blißenbach winkt ab: „Elektroautos sind eine schöne Sache. Aber für uns ist das nichts“, erklärt der Sanitär- und Heizungstechniker aus Pesch. Er und seine Kollegen fahren zum Kunden, zum Großhandel, wieder zum Kunden – sie sind viel unterwegs. Stephan Blißenbach hat zwei Diesel-Transporter mit Euro6-Norm, dazu zwei ältere. Falls es in Köln Fahrverbote geben sollte, werden diese wohl überwiegend im Umland eingesetzt. „Wenn alle einen Anschluss haben, so dass man in einer Pause schnell den Akku laden kann – dann macht Elektromobilität Sinn“, sagt er. „Ich glaube, wir sind in Köln noch nicht so weit.“

Der Stadtrat hat im April ein Konzept für den Ausbau der Ladeinfrastruktur beschlossen. Es sieht die Schaffung von 200 Ladestationen mit 400 Anschlüssen im ganzen Stadtgebiet vor. Im September wurden die Stadtwerke mit dem Bau und dem Betrieb beauftragt. Mitte 2020 sollen die ersten Ladesäulen stehen, ein Jahr später alle. Die Rheinenergie betreibt nach eigenen Angaben aktuell etwa 170 öffentliche Ladepunkte, dazu kommen laut Stadt etwa 50 weitere bei privaten Betreibern.

Zum Vergleich: Hamburg (1,8 Millionen Einwohner) hat nach Angaben des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) 948 Ladepunkte. Bundesweit ist die Zahl der öffentlichen Ladestationen innerhalb eines Jahres von 13 500 auf 20 650 gestiegen. 85 Prozent der Ladevorgänge erfolgten laut BDEW allerdings zu Hause oder am Arbeitsplatz. Für die leichten Nutzfahrzeuge, die im Projekt der Handwerkskammer gelistet sind, werden Reichweiten von bis zu 275 Kilometern genannt.

Der Rollladen- und Jalousiebauer

Andre Urban hat 100 Solarpanele auf das Dach seines Porzer Unternehmens gebaut. „Ich lebe von der Sonne“, sagt der Geschäftsführer. Er verkauft Sonnenschutz-Produkte und stellt gleichzeitig sicher, dass E-Roller, E-Transporter und E-Pkw immer gut mit Strom versorgt sind.

Seinen Tesla Model X mit Flügeltüren hinten fährt er schon seit zweieinhalb Jahren. Auch bei Lieferanten bestehe meistens die Möglichkeit zum Stromtanken – im Notfall an der Ladestation vom Elektrostapler. Eigentlich will André Urban alle Fahrzeuge, die ausgetauscht werden müssen, durch Elektrofahrzeuge ersetzen. Allerdings: „Es gibt kaum Modelle am Markt, die Lieferzeiten sind lang“, hat er festgestellt. Letztens musste der Rollladenbauer ganz kurzfristig einen Transporter beschaffen. Er hat dann doch einen Diesel genommen.

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