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Hilfe für die ÄrmstenWie zwei Kölner Ärzte Patienten in Kenia helfen

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Ärzte Kenia Köln

Dr. Hans-Olaf Pieper aus Sülz war unter anderem auf den Philippinen im Einsatz als „German Doctor“. 

Köln – „Ich weiß nicht, wann ich zuletzt ein Stethoskop um den Hals hängen hatte.“ Dr. Ulrich Höhner lacht. Etwas peinlich berührt steht er in seinem German Doctors T-Shirt am Rhein. Noch ist Zeit für ein Weizenbier in seiner Heimatstadt Köln, bevor der Flieger ihn am Donnerstag in eine andere Welt bringen wird.

Höhner ist 61 Jahre alt. Lange hat er als Gastroenterologe in einer Praxis am Neumarkt gearbeitet. Seit Kurzem ist er im Ruhestand. Jetzt hat er Zeit für neue Abenteuer. Am Donnerstag fliegt er für sechs Wochen nach Kenia. „Ich hatte viel Glück im Leben“, sagt er. „Jetzt ist es Zeit, etwas zurückzugeben.“

Gipsschere und Masken eingepackt

Die Hilfsorganisation German Doctors organisiert Einsätze von Ärzten auf den Philippinen, in Indien, Bangladesch, Kenia oder Sierra Leone. Die Ärzte bekommen dafür kein Geld. Sie spenden ihre Zeit, bezahlen oft die Flüge selbst, sammeln Spenden. Vor Ort behandeln sie jeden Tag die Ärmsten der Ärmsten - und schulen die Einheimischen. Sie beraten Schwangere und klären über Impfungen auf.

Ulrich Höhner will ein Teil davon sein. Er reist nach Athi River, einem Ort in der Nähe von Nairobi. Hier haben die German Doctors das „Fanaka Medical Center“ errichtet. Es liegt am Rande der drei großen Slums, die 70 000 Menschen ihr zu Hause nennen. Vor ein paar Tagen hat Höhner mit einer Kollegin telefoniert, die bereits vor Ort ist. „Uns fehlt hier eine Gipsschere“, hat sie gesagt. „Kannst du die mitbringen?“ Längst ist sie eingepackt, zusammen mit ein paar Schnelltests, einem Sauerstoffmessgerät und ein paar gute FFP2-Maske. Es ist eine Reise ins Ungewisse, in ein Land, in dem viele Menschen durch das Raster des Gesundheitssystems fallen, an Hunger sterben und an Krankheiten leiden, die hierzulande der Vergangenheit angehören.

German Doctors behandeln Patienten kostenfrei

„Psychisch könnte das eine Herausforderung werden“, sagt Höhner. „Vor allem bei Patienten, denen geholfen werden könnte - das aber aufgrund des Systems nicht geht.“ Krankenhäuser nehmen nur Patienten auf, die einen gültigen Versicherungsschutz vorweisen können. Die German Doctors behandeln ihre Patienten kostenfrei. Doch die Mittel sind begrenzt.

Einer der weiß, wie sich das anfühlt, ist Dr. Hans-Olaf Pieper. Der Hausarzt hat bereits drei Einsätze mit den German Doctors gemacht. „Du tust, was du kannst und hoffst, dass es irgendwie gut gehen wird.“ Er war in Kolumbien, in Nairobi und auf den Philippinen. Seine Gemeinschaftspraxis liegt direkt in Sülz. Der Eingangsbereich ist hell, die Ausstattung modern, alle sind freundlich. Im Wartezimmer liegen Fotoalben aus. Während die Patienten auf ihre Behandlung warten, blicken ihnen von den Bildern grinsende Kindergruppen entgegen. Ihre Ärmchen sind dünn, doch das Lächeln ist breit.Auf den Philippinen war Pieper mit den „Rolling Clinics“ unterwegs. Mit einem Geländewagen fuhren sie von Dorf zu Dorf. „Es war auch ein Zahnarzt dabei“, erzählt er. „Der hatte nur eine Aufgabe: Zähne ziehen, Zähne ziehen, Zähne ziehen.“ Das benutzte Zahnarztbesteck wurde über einem Bunsenbrenner sterilisiert. Abends saßen sie zusammen, aßen Suppe oder tranken Tee.

Reise nur in sichere Gebiete – ein Restrisiko bleibt

Zum Warmmachen nahmen sie denselben Bunsenbrenner. Manchmal schlief er bei den Einheimischen zu Hause auf einer Matratze, unter ihm der nackte Steinboden, über ihm das schützende Moskitonetz. „Ein bisschen hart im Nehmen muss man sein“, meint Pieper.

Die Organisation German Doctors schickt ihre Ärzte nur in sichere Gebiete. Die Mediziner werden geschult, wie sie sich vor Ort verhalten sollen. Ein gewisses Grundrisiko bleibt trotzdem. Wie sicher kann ein Slum sein, in dem 70 000 Menschen weit unterhalb der Armutsgrenze auf dichtem Raum wohnen? Doch die Einheimischen kennen die German Doctors. Sie sind ihnen dankbar. „Ich habe überall mein T-Shirt getragen“, erzählt Pieper, „Als Erkennungszeichen.“

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Ulrich Höhner hat das alles noch vor sich. Angst hat er keine – aber Respekt. Was wird er erleben? Und wie wird es sein, zurück nach Hause zu kommen? „Manche Situationen sind grotesk“, berichtet Pieper. Einmal ist er von Mindanao zurückgeflogen, nach wochenlanger Versorgung von Unterernährten und Tuberkulosepatienten. In Manila verpasste er den Anschlussflug. Die Fluggesellschaft quartierte ihn in einem Sternehotel ein. Er schwamm im Infinity-Pool auf der Dachterrasse. „Was ist das nur für eine komische Welt?“, dachte er.

Ulrich Höhner und Hans-Olaf Pieper sehen sich nicht als Helden. Das betonen sie beide. „Ich wurde reichhaltig beschenkt“, sagt der eine. „Das wird eine besondere Erfahrung“, der andere. Bescheidenheit ist eine Tugend. www.german-doctors.de.

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