Idee für KölnPläne für Seilbahn zwischen Hauptbahnhof und Deutz

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seilbahn PLUS Aufmacherbild

Freie Fahrt: In Berlin-Marzahn wurde 2017 eine Seilbahn zur Internationalen Gartenbauausstellung gebaut. Sie soll dauerhaft in Betrieb bleiben.

  • Rund 900 Meter Strecke soll die Seilbahn in Köln überbrücken von Hauptbahnhof bis Deutzer Bahnhof.
  • Die Messe bestätigte das Vorhaben auf der Anfrage der Rundschau.
  • Ganz neu ist die Idee indessen nicht, schon vor zehn Jahren gab es einen Vorstoß.

Köln – Die Kölner Messe und das Bauunternehmen Strabag Real Estate machen sich für eine Seilbahn vom Kölner Hauptbahnhof zur Messe/Deutzer Bahnhof stark. Nach Informationen der Kölnischen Rundschau wollen die Partner das Projekt in den nächsten Wochen zügig voranbringen, um Kölner und Besucher der Stadt in absehbarer Zeit schnellstmöglich vom Bahnhof aus auf die rechte Rheinseite und zurück zu bringen. Messe und Messecity – das Hotel- und Büroquartier wird aktuell gebaut – liegen nebeneinander am Bahnhof Messe/Deutz.

Die Messe bestätigte das Vorhaben auf der Anfrage der Rundschau: „Die Messe befürwortet die Idee einer Seilbahn“, sagte ein Unternehmenssprecher. Natürlich habe man ein großes Interesse daran, dass die Menschen so schnell wie möglich zur Messe kommen. Auch Rainer Maria Schäfer, Geschäftsführer der Strabag Real Estate, bestätigte: „Wir stehen der Idee einer Seilbahn positiv gegenüber.“

Noch ist nichts konkret

Eine konkrete Planung für das Projekt liegt nicht vor, die Seilbahn müsste rund 900 Meter Strecke überbrücken. Auch über den Verlauf gibt es keine Festlegung. Denkbar wäre eine Verbindung zwischen dem Breslauer Platz und der nördlichen Seite der Deutzer Bahnhofs, die Bahn würde dann auf der nördlichen Seite der Hohenzollernbrücke verlaufen. Beide Partner wollen die Bahn nicht selbst bauen, sondern das Thema an die Stadt herantragen. Schon der Masterplan von Albert Speer aus dem Jahr 2008 fordert „attraktive Verbindungen zwischen diesen beiden Terminals zu untersuchen und zu schaffen“, eine erste Machbarkeitsstudie sprach 2010 von einer „besonders geeigneten Lösung“.

Konflikte zwischen Radfahrern und Fußgängern

Die Engstelle Hohenzollernbrücke ist seit Jahren ein Dauerthema der Verkehrsplanung. Der Kölner Hauptbahnhof soll im Zuge des S-Bahn-Ausbaus zwei zusätzliche Gleise bekommen. Auf der Brücke nehmen die Konflikte zwischen Fußgängern und Radfahrern zu, laut einer Erhebung nutzen jährlich 3,45 Millionen Fußgänger und 1,21 Millionen Radfahrer die Querung. Zukünftig will die Verwaltung die Ströme mittels Piktogrammen besser leiten. Die Kölnmesse investiert aktuell mehr als 600 Millionen Euro in ihr Ausbau- und Modernisierungsprogramm „Messe 3.0“, daneben wächst die Messecity, Strabag und ECE bauen bis 2023 für 750 Millionen Euro ein Büro- und Hotelquartier.

Zuletzt hatte  die Ratsgruppe Gut eine Seilbahn ins Gespräch gebracht. Demnach sollte sogar eine 33 Kilometer lange Bahn von Porz in einer Art Zickzack-Kurs durch die Stadt führen und in Fühlingen enden. 21 Haltepunkte sind in dem Ideenpapier vorgesehen. Auch wenn der Verkehrsausschuss  eine Machbarkeitsstudie beschlossen hat:  Das Projekt ist gelinde  gesagt ambitioniert und wirft eine ganze Flut von Fragen auf.

Schon viele Ideen für die Querung

Eine kurze, gerade  Verbindung  in der Nähe  der  Hohenzollernbrücke wäre deutlich einfacher zu realisieren. Dass in Köln zwei ICE-Bahnhöhe zwar nur wenige Meter voneinander entfernt liegen, aber keine direkte Verbindung haben, ist ein lang beklagtes Problem. Es wurden immer mal wieder verschiedene Optionen diskutiert, um die Menschen auf die andere Seite des Rheins zu bringen: eine Fußgängerbrücke, futuristische Röhren mit Laufbändern und eben auch eine Seilbahn (siehe nächste Seite).

Eine Machbarkeitsstudie vom Verkehrsverbund Rhein-Sieg und der Stadt kam bereits 2010 zu einem positiven Ergebnis. Dies galt zum einen für die schnelle Verbindung  zwischen den Bahnhöfen grundsätzlich. Eine Seilbahn hat laut der Studie erhebliche Vorzüge gegenüber Alternativen wie etwa einem überdachten Rollband.  Inzwischen hat das schwebende Verkehrsmittel deutlich mehr Rückenwind bekommen. In vielen Städten sind Systeme  schon Realität oder in der Diskussion.

Die österreichische Firma Doppelmayr hat im bolivianischen La Paz, im US-amerikanischen Portland und in Koblenz Bahnen gebaut.  Die Londoner „Air Line“ ist die erste urbane Seilbahn im Vereinigten Königreich und verbindet Greenwich mit den Docklands. Auch sie wurde von der Spezialfirma im österreichischen Wolfurt gebaut. „In Städten funktioniert die Seilbahn vor  allem als Lückenschluss sehr gut“, sagt Unternehmenssprecherin Julia Schwärzler. Der Vorteil sei der im Vergleich zum Straßenbau geringe Platzbedarf.

Bürgerbefragung in Wuppertal

In Wuppertal wird seit Jahren über den Bau einer Seilbahn diskutiert. Am Sonntagabend endet eine Bürgerbefragung über das 82 Millionen Euro teure Projekt, das Teil des öffentlichen Nahverkehrs werden soll. Die Ergebnisse der rechtlich nicht bindenden Befragung sollen am späten Sonntagabend bekannt gegeben werden.

Das Interesse ist enorm: 70.000 von 270.000 Berechtigten haben sich bereits bei der Befragung beteiligt, teilte die Stadt mit. Vertreter der Parteien erklärten, sie wollten das Ergebnis respektieren. Die geplante Seilbahn ist 2800 Meter lang und soll unter anderem die Verbindung zwischen der Stadt im Tal und der höher am Hang gelegenen Universität verbessern.

Zur Landesgartenausstellung 2011 ist in Koblenz die Seilbahn fertiggestellt worden. Sie war zunächst nur für drei Jahre geplant, fand aber immer mehr Fürsprecher und soll nun bis mindestens 2026 in Betrieb bleiben. Der Bau der  Seilbahn kostete 12 Millionen Euro und dauerte 14 Monate. (mft)

So ein Vorhaben sei also auch mit den begrenzten Flächen nahe dem Musical-Dome und dem Deutzer Bahnhof denkbar. „Es ist  auch möglich,  Pylone in den Rhein zu bauen“, sagt Schwärzler. Allerdings  muss beim Bau einer Seilbahn auch darauf geachtet werden, dass keine Konflikte mit der Schifffahrt entstehen.   Schwärzler hält die Bauzeit  für sehr überschaubar. „Nach der Planungsphase ist ein Bau in ein bis zwei Jahren realistisch.“

Verträgt es sich mit dem Weltkulturstatus des Doms?

Bei der Stadt ist das Thema bislang noch nicht bekannt. Klar ist aber, dass gerade in der Innenstadt und rund um den Dom Handlungsdruck besteht – zumal das Rechtsrheinische boomt. In den nächsten Jahren entstehen dort unter anderem die großen neuen Wohn- oder Büroquartiere „Deutzer Hafen“, „I/D Cologne“ nahe der Keupstraße sowie „Mülheim Süd“ nördlich der Messe. Es strömen also mehr Menschen dorthin, viele auch vom Hauptbahnhof.

Die vermutlich größte Frage lautet: Was ist mit dem Dom? Gefährdet sein Status als Unesco-Welterbe ein solches Projekt? Schon 2005 hatte die  Organisation den Dom  auf die Rote Liste der gefährdeten Objekte gesetzt, weil in Deutz Bürohäuser mit mehr als  hundert Metern Höhe geplant waren. Letztlich beugte sich der Stadtrat, änderte die Pläne, verabschiedete ein Höhenkonzept. Es legt fest, wo wie hoch gebaut werden darf und soll  unter anderem die Kirchen schützen. Koblenz aber etwa durfte eine  Seilbahn  bauen (siehe Infotext) – obwohl das Obere Mittelrheintal wie der Dom Unesco-Welterbe ist.  Zunächst galt die Erlaubnis für drei Jahre, doch   die Unesco stimmte 2013 überraschend sogar einer Verlängerung bis 2026 zu. Zumindest könnte Köln sich auf eine Tradition berufen. Zur Bundesgartenschau 1957 wurde die Seilbahn, die vom Zoo in den Rheinpark führt eingeweiht. Nach Zwischenfällen fährt sie seit diesem Frühjahr wieder.

Rückblick: Eine Idee kommt zurück

Eine Seilbahn zwischen dem Hauptbahnhof  und dem Deutzer Bahnhof ist bereits vor rund zehn Jahren diskutiert worden. Der Nahverkehr Rheinland wollte damals ein schnelle und effiziente Verbindung zwischen beiden Rheinseiten. Auch ein „People-Mover“, ein Laufband entlang der Hohenzollernbrücke, war Gegenstand der Überlegungen. Die CDU sprach sich 2009 für eine Seilbahn vom Breslauer Platz zum Deutzer Bahnhof aus. Der damalige Oberbürgermeister-Kandidat Peter Kurth forcierte das Thema und konnte sich dabei auf den Masterplan von Architekt und Stadtplaner Albert Speer stützen. Beide Bahn-Stationen müssten „intelligent und effizient zu einem System verbunden werden“, heißt es in der Studie. 2011ist die Koblenzer Seilbahn fertig gestellt worden. Sie verbindet seit der Bundesgartenschau die  Rheinanlagen mit der Burg Ehrenbreitstein. In der Kölner Debatte war sie  Vorbild für die Überlegungen. Die Anlage ist als Dreiseilbahnsystem gebaut,das heißt, ein Zugseil bewegt die beiden anderen Seile, an denen die  Gondeln hängen. Die Koblenzer Seilbahn  kann in 18 Gondeln je 35 Personen transportieren. Sie überbrückt 112 Höhenmeter und eine Distanz von 890 Metern, fast exakt so weit liegen die beiden größten Kölner Bahnhöfe voneinander entfernt. In Koblenz war die Anlage  nur für drei Jahre geplant und wurde kontrovers diskutiert, inzwischen hat sie sich zur Touristenattraktion entwickelt. Gebaut wurde das System   in 14 Monaten, kostete rund zwölf Millionen Euro. Ein etabliertes System ist zudem die Pendelbahn wie sie die österreichische Firma Doppelmayr 2006 im amerikanischen Portland gebaut hat. Auch hier sind die Gondeln an zwei Tragseilen befestigt, die von einem umlaufenden Zugseil gezogen werden. Reine Umlaufbahnen (auch: „Stetigförderer“)  fahren im Kreis und verlangsamen an den Ein- und Ausstiegsstationen die Fahrt.  (mft)

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