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Impfzentrum Deutz wird ausgebaut7000 Impfungen pro Tag ab Ende der Woche möglich

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In Labor-Containern werden die Spritzen mit den Impfstoffen von Astrazeneca und Biontech vorbereitet und aufgezogen.

Köln – Um an ihren Arbeitsplatz zu gelangen, muss Vaishali Engel-Singh einen schwarzen Vorhang passieren, der meterlang von der Decke der Messehalle herabhängt. Ein Herr vom Sicherheitsdienst bewacht einen schmalen Durchgang. Kein Wegweiser und kein Pfeil führen hierher.

Denn die Apothekerin zieht Spritzen mit Impfstoff auf, mal den von Astrazeneca, mal den von Biontech. Im Sicherheitsbereich ist der Zutritt verboten. Weiße Container stehen hier, in denen Labor-Plätze eingerichtet sind. Der Maschinenraum des Impfzentrums sozusagen. Das Herzstück eines riesigen Apparats. Wir erklären die Logistik. 14 arzneitechnische Helferinnen und Helfer sorgen für die Bereitstellung des Impfstoffs. Knapp 6000 Spritzen werden hier derzeit jeden Tag aufgezogen.

Nicht schütteln, vorsichtig schwenken

Der mRNA-Impfstoff von Biontech muss bei bis zu minus 85 Grad gekühlt und dann „aufgeweckt“ werden. „Wir ziehen ihn mit einer Kochsalzlösung auf. Gerade dieser Impfstoff muss wie ein rohes Ei behandelt werden“, erklärt Engel-Singh. Nicht schütteln, sondern vorsichtig schwenken lautet die Devise. Die aufgezogenen Spritzen werden in Brotdosen verpackt und landen in alarmgesicherten und verschlossenen Kühlschränken. Jeden Tag wird neuer Impfstoff angeliefert, damit dieser nicht lange in der Messe gelagert werden muss.

Warnung des Rettungsdienstchefs

91 Corona-Infizierte werden derzeit auf den Intensivstationen behandelt, insgesamt 250 Patienten liegen im Krankenhaus. Professor Alexander Lechleuthner, Leiter des städtischen Rettungsdienstes, spricht wegen der Zunahme der Intensivpatienten von einer „bedrohlichen Situation“. Drei weitere Menschen sind mit der Viruserkrankung gestorben, das jüngste Opfer ist 41 Jahre alt.

Ein Drive-in-Testzentrum öffnet am Freitag in der Halle/Tor 2 am Girlitzweg in Vogelsang. Betreiber ist die Firma TestCov. Mehrere hundert Tests pro Tag sollen möglich sein. (tho)

7.15 Uhr: Die Verantwortlichen von Feuerwehr, Gesundheitsamt, Kassenärztlicher Vereinigung, Bundeswehr, Ärztlicher Leitung, Apotheker vom Dienst und ein Koordinator der Impfstofflieferung treffen sich zur ersten von fünf Lagebesprechungen. „Das Impfzentrum ist ein riesiger Apparat. Wir erleben eine der größten Krisen seit Ende des Zweiten Weltkriegs und erkennen jeden Tag, wo wir nachsteuern müssen“, sagt Sebastian Brandt von der Feuerwehr. Gemeinsam mit seinem Kollegen Daniel Heu teilt er sich die organisatorische Leitung des Impfzentrums.

Warteschlange über 100 Meter lang

14 Wartezonen gibt es im Eingangsbereich der Messehalle. Die Impf-Patienten werden direkt am Eingang einem Bereich zugewiesen. Im Gegensatz zum Ostermontag sind diese am Dienstag erstaunlich leer. „Wenn sich die Menschen an die vorgegebenen Uhrzeiten halten, entstehen keine Warteschlangen. Am Montag sind viele Menschen zu früh gekommen, um auch schneller fertig zu sein“, erklärt Brandt. Die Warteschlange vor der Messehalle war da mehr als 100 Meter lang.

30 Registrierungsschalter stehen für die Anmeldung und die Überprüfung der Einladung, der Impf-Einwilligung und anderer vorab zugestellter Unterlagen bereit. Und es gibt den „Trouble-Desk“, falls Unterlagen fehlen. Denn das ist keine Seltenheit. „Die Impftermine können online zum Teil für den übernächsten Tag gebucht werden, so schnell ist die Post nicht“, weiß Sebastian Brandt. Also müssen einige Menschen ihre Anamnese-Bögen im Wartebereich ausfüllen. 20 Schalter sind von der Kassenärztlichen Vereinigung besetzt, zehn von der Stadt – hier kommen vor allem Menschen hin, die wegen ihres Berufs geimpft werden, derzeit gehören auch Lehrerinnen und Lehrer sowie Erzieherinnen und Erzieher dazu.

Impfstoffwechsel braucht triftigen Grund

Zwei Warteschlangen führen zu den Rolltreppen hinauf in die erste Etage. Links Astrazeneca, rechts Biontech. Dazwischen befinden sich zehn Arztkabinen. Wer den Impfstoff wechseln möchte, benötigt einen triftigen Grund. Die Ärzte prüfen Atteste und führen Gespräche. Und sie entscheiden.

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60 Impfplätze stehen in der oberen Etage zur Verfügung. Platzanweiser sorgen dafür, dass keine Kabine leer bleibt und es zügig weitergeht. „Die 6000 Impfungen pro Tag wollen wir möglichst ohne Wartezeiten schaffen“, erklärt Brandt. Sobald an grünes Licht an einer der Kabinen aufleuchtet, bringen Bundeswehrsoldaten neue Brotdosen mit Spritzen aus den Kühlschränken. Am Dienstag hat der Krisenstab die Einrichtung von 20 weiteren Impfplätzen beschlossen. Schon ab Ende der Woche sollen dann 7000 Menschen pro Tag geimpft werden.

20 Uhr: Der reguläre Betrieb endet. Die Führungskräfte treffen sich zur Nachbesprechung. Und es beginnen die „Nachimpfungen“. Weil aufgezogene Spritzen nicht verfallen sollen, werden Mitarbeiter des Rettungsdienstes und anderer priorisierter Gruppen geimpft. „Aber wir werden immer besser und verlangsamen zum Abend hin das Tempo, so dass kaum etwas übrig bleibt“, sagt Brandt. Und: Derzeit, so die Stadt, werden kaum noch Impftermine ausfallen gelassen. Der Andrang ist enorm.

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