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„Aggressive Stimmung“18-Jähriger auf Zülpicher Straße erstochen – mehr Polizei nötig?

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Am Ort der Tat haben Passanten Blumen niedergelegt und Kerzen angezündet.

Köln – Regen prasselt. Es ist sehr still auf der Ausgehmeile. Am Nachmittag legen junge Fußballer Blumen nieder. Der Schock steht ihnen ins Gesicht geschrieben. Der 18-Jährige, der in der Nacht zu Samstag an den Folgen eines Messerangriffs gestorben ist, war ein Mitspieler.

18-Jähriger vor Restaurant niedergestochen

In der Nacht zu Samstag gegen 2.30 Uhr ist es zu der tödlichen Auseinandersetzung gekommen. Unter Tatverdacht steht ein 16-Jähriger. Er soll dem Opfer durch einen Messerstich in den Oberkörper lebensgefährlich Verletzungen zugefügt haben. Der Vorfall ereignete sich in Höhe der Dasselstraße vor einem asiatischen Restaurant. Rettungskräfte brachten den 18-Jährigen in ein Krankenhaus, dort erlag er seinen Verletzungen.

Die Staatsanwaltschaft hat Haftbefehl wegen Totschlags beantragt. In der Nacht auf Samstag waren zunächst fünf Männer vorläufig festgenommen worden. Sie hatten in der Nähe des Tatorts gestanden. Vier der Männer wurden später wieder freigelassen, gegen sie wird aber weiterhin ermittelt.

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Polizei hat keinen Hinweis auf Bandenkriminalität

„Der Tatverdacht gegen den 16-Jährigen habe sich „verdichtet“, teilte die Polizei mit. Zu dem genauen Tathergang äußerten sich die Ermittler nicht, es deute nichts auf eine organisierte Tat hin. „Es gibt keinen Hinweis auf Bandenkriminalität“, sagte ein Sprecher der Polizei am Sonntag.

Ob der 18-Jährige allein unterwegs war oder wie es zu der Auseinandersetzung kam, ist bislang unklar. An dem Tatort auf der Zülpicher Straße wurden Blumen niedergelegt, Kerzen und Bilder des 18-Jährigen aufgestellt.

Immer wieder kamen Menschen vorbei, um an der Stelle innezuhalten. Obwohl es am Samstagabend erneut sehr voll war, sperrte die Polizei den Straßenabschnitt für etwa eine Stunde ab, um den Trauernden Raum zu geben.

Nach Ende des Lockdowns und der strengen Corona-Maßnahmen war das Leben in dem Ausgehviertel in den letzten Wochen spürbar zurückgekehrt. „Es ist plötzlich wieder extrem voll an den Wochenenden“, sagt ein Anwohner.

Viel los in der Tatnacht: Stimmung war „wenig friedlich“

Auch in der Tatnacht drängten sich die Menschen auf der Meile im Studentenviertel. „Ich bin in der Nacht spät nach Hause gekommen, und war entsetzt über die Menge der Leute“, sagt Bezirksbürgermeister Andreas Hupke (Grüne). „Die Straße war rappelvoll, es war eine sehr aggressive Stimmung.“

Möglicherweise sei die Zülpicher Straße ein Ersatz für das Belgische Viertel geworden, wo es zuletzt starke Beschränkungen gab. „Wir haben einfach das Problem, dass die Club-Szene immer noch trocken gelegt ist.“ Die Leute wollen natürlich trotzdem raus, aber es gibt nun weniger Kontrollen, wie etwa durch Türsteher. „Die Stimmung war leider nicht friedlich.“

Überhaupt sei die Zülpicher Straße zu einer „Ramsch-Meile“ geworden. „Es gibt fast nur Cocktail-Bars und Fast-Food-Geschäfte.“ Dadurch werde auch eine gewisse Klientel angezogen. Hupke wohnt seit über 45 Jahren im Kwartier Lateng. Er fordert seit langem eine Interessengemeinschaft. Mit Polizei und Ordnungsamt müsse der Vorfall dringend aufgearbeitet und über Konsequenzen nachgedacht werden.

Restaurantbesitzer sieht zunehmendes Problem im Alkoholkonsum

Ein Restaurantbesitzer erzählt, dass er das Problem im Alkoholkonsum sieht: „Ich bin einfach traurig, weil der Junge erst 18 Jahre alt war. Hier auf der Straße wird zu viel getrunken. Das führt häufig zu Streit.“ Er hofft, dass sich in der Gegend bald etwas ändert. Gefährdet sieht er sich persönlich allerdings nicht. „Die Sicherheit ist kein Problem für mich, unser Restaurant macht immer um 23 Uhr zu, und bis dahin passiert meistens nicht so viel.“

Jonathan L. wohnt in dem Haus neben dem Tatort. Mitbekommen hat er von dem Vorfall am nächsten Tag. Sein Mitbewohner war zwar aufgewacht von dem Lärm, dachte sich aber nichts dabei. „Es ist halt eine Party-Straße und Polizei gibt es hier jedes Wochenende“, sagt Jonathan. Er wohnt seit vier Jahren auf der „Zülpi“. Hat die sich verändert? „Die letzten zwei Jahre war Corona, da war es sehr ruhig. Man hat also keinen direkten Vergleich.“ Es sei hier aber nicht anders als auf den Ringen.

Polizei sucht weiter Zeugen

Die Polizei sucht weiterhin nach Zeugen und ruft dazu auf, sich beim Kriminalkommissariat 11 zu melden. Jeder Hinweis sei wichtig, egal ob es sich um einen Augenzeugenbericht oder möglicherweise sogar Fotos oder Videos handelt. Hinweise unter (0221) 229-0 oder an poststelle.koeln@polizei.nrw.de

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